Handbuch des Strafrechts. Dennis Bock
entgegen, da § 252 StGB keinen Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue kennt.[346]
c) Rechtsfolgen
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Nach § 252 StGB ist der Täter „gleich einem Räuber“ zu bestrafen. Dabei handelt es sich nach h.M. um einen Rechtsfolgenverweis,[347] der nicht nur den Grundtatbestand des § 249 StGB einschließlich des minder schweren Falls gemäß § 249 Abs. 2 StGB erfasst, sondern auch die Raubqualifikationen der §§ 250, 251 StGB.[348] Aufgrund des Verweises in den Raubtatbestand handelt es sich auch bei § 252 StGB um ein Verbrechen, das im Grundtatbestand eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht. Allerdings kann auch ein minder schwerer Fall vorliegen (§ 252 StGB i.V.m. §§ 249 Abs. 2, 250 Abs. 3 StGB).
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Der Begriff des Rechtsfolgenverweises ist jedoch etwas ungenau,[349] da die zusätzlichen tatbestandlichen Voraussetzungen der Qualifikationen selbstverständlich auch vorliegen müssen. Dies hat zur Folge, dass nur dann gemäß § 252 StGB i.V.m. §§ 250, 251 StGB zu bestrafen ist, wenn sich die Qualifikationstatbestände (etwa das Beisichführen oder die Verwendung einer Waffe) auf die Raubmittelanwendung beziehen.[350]Ansonsten bleibt nur Raum für eine Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen qualifizierten Diebstahls (§ 244 StGB).
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Gegen den Täter kann die Sicherungsverwahrung angeordnet oder deren Anordnung vorbehalten werden (§§ 66 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 2 und 3 S. 1 und 2, 66a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB). Schließlich besteht die Möglichkeit, nach § 256 StGB Führungsaufsicht anzuordnen.
d) Strafverfahrensrecht
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Die §§ 247 und 248a StGB sind auch auf den räuberischen Diebstahl nicht anwendbar.[351] Hinsichtlich der möglichen Ermittlungsmaßnahmen kann zunächst auf die Ausführungen zu § 249 StGB verwiesen werden (→ BT Bd. 5: Wittig, § 30 Rn. 176), weil die StPO einen Gleichlauf zwischen beiden Delikten vorsieht (vgl. etwa § 100a Abs. 2 Nr. 1 lit. k StPO: Straftaten des Raubes und der Erpressung nach den §§ 249 bis 255 [StGB]). Der Verweis kann sich auch auf die Ausführungen zu den Qualifikationen der §§ 250, 251 StGB erstrecken (→ BT Bd. 5: Wittig, § 30 Rn. 177), da der räuberische Diebstahl einen Rechtsfolgenverweis auch auf die qualifizierten Erscheinungsformen des Raubes bildet (Rn. 79 f.).
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Dem Tatrichter steht es frei, im Rahmen der freien Beweiswürdigung (vgl. § 261 StPO) von bestimmten Umständen auf das subjektive Element Besitzerhaltungsabsicht zu schließen (Rn. 63 ff.). Die revisionsrechtliche Kontrolle ist in solchen Fällen beschränkt.[352] Hinsichtlich der Urteilstenorierung ist zu berücksichtigen, dass sich die Qualifizierung des räuberischen Diebstahls im Urteilstenor niederschlagen muss. Die Tenorierungen laufen parallel zu §§ 249 ff. StGB: räuberischer Diebstahl mit Todesfolge, schwerer räuberischer Diebstahl, besonders schwerer räuberischer Diebstahl.[353]
aa) Verhältnis zu Diebstahl und Nötigung
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Der vollendete § 252 StGB (auch i.V.m. §§ 250, 251 StGB) verdrängt § 240 StGB und § 242 StGB (ggf. i.V.m. § 243 StGB) im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Subsidiarität).[354] Subsidiarität ergibt sich bzgl. der Vortat des Diebstahls schon daraus, dass § 252 StGB nach hier vertretener Ansicht ein einaktiges Delikt ist (Rn. 33). Bzgl. des vollendeten Nötigungsdelikts des § 240 StGB ist Gesetzeskonkurrenz nicht völlig selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass § 252 StGB nicht stets eine vollendete Nötigung (kupiertes Erfolgsdelikt), sondern nur einen beendeten Nötigungsversuch enthält.[355] Bleibt es trotz vollendeten Diebstahls hingegen bei einem Versuch des § 252 StGB, so ist zur Klarstellung des Unrechts Tateinheit zwischen vollendetem Diebstahl und versuchtem räuberischen Diebstahl gegeben.[356] Dies gilt auch, wenn man wie hier richtigerweise davon ausgehen muss, dass es für den vollendeten räuberischen Diebstahl keine Rolle spielt, ob der Diebstahl vollendet ist oder ein (untauglicher) Versuch vorliegt, der zur Gewahrsamserlangung geführt hat (Rn. 39).
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Tateinheit zwischen §§ 244 f. StGB und § 252 StGB ist anzunehmen, wenn der räuberische Diebstahl nicht durch § 250 StGB qualifiziert wird.[357] Wird dagegen auch der räuberische Diebstahl durch § 250 StGB qualifiziert, verdrängt dieser grundsätzlich §§ 244 f. StGB.[358] Dies gilt aus Klarstellungsgründen wiederum nicht, wenn es sich im Rahmen des Diebstahls um Qualifikationsmerkmale handelt, die im § 250 StGB (als Qualifikation des § 252 StGB) keine Entsprechung haben, so insbesondere im Fall des Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Abs. 4 StGB.[359]
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Handlungen, die nach der rechtlichen Vollendung der §§ 242 ff. StGB, aber vor deren tatsächlicher Beendigung vorgenommen werden und zugleich weitere Strafgesetze verletzen, begründen die Annahme von Tateinheit, wenn sie (auch) der von § 252 StGB vorausgesetzten Absicht dienen.[360] Daher muss eine auf Tatbestandsebene nach dem Zweifelsgrundsatz verneinte Besitzerhaltungsabsicht auf Konkurrenzebene in erneuter Anwendung des Zweifelssatzes bejaht werden; Tateinheit ist hier in dubio pro reo zwischen allen bis zur Beendigung des Diebstahls verletzten Strafgesetzen anzunehmen.[361]
bb) Verhältnis zum Raub
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§ 249 StGB verdrängt den § 252 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz als mitbestrafte Nachtat.[362] Anderenfalls würde das identische Diebstahlsunrecht doppelt erfasst.[363] § 252 StGB tritt hinter einem vollendeten qualifizierten Raub (§§ 249, 250 StGB) auch dann zurück, wenn der räuberische Diebstahl seinerseits nach § 250 StGB qualifiziert ist.[364] Der zurücktretende Tatbestand verklammert jeweils § 240 StGB sowie andere mit dem verdrängten Tatbestand in Tateinheit stehende Straftaten mit dem vorgehenden Gesetz zu Tateinheit.[365]
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Anders ist es nach der Rspr., wenn die Nötigungshandlung in der Beendigungsphase schwerer wiegt, weil erst nach der Vollendung der Wegnahme ein Qualifikationstatbestand der § 250 StGB oder § 251 StGB verwirklicht wurde.[366] In diesem Fall verdrängt der zur Sicherung des gestohlenen Gutes aus dem vorhergehenden Raub begangene (besonders) schwere räuberische Diebstahl bzw. räuberische Diebstahl mit Todesfolge den Tatbestand des § 249 StGB als mitbestrafte Vortat.[367] Eine Verwirklichung der §§ 250, 251 StGB nach Wegnahmevollendung ist nicht möglich (→ BT Bd. 5: Wittig, § 30 Rn. 121). Hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses von § 252 StGB i.V.m. § 250 StGB zu § 252 StGB i.V.m. § 251 StGB gilt das zum Verhältnis zwischen § 250 StGB und § 251 StGB Ausgeführte (→ BT Bd. 5: Wittig, § 30 Rn. 166) entsprechend. Tateinheit liegt vor, wenn die qualifizierte Nötigung nicht nur der Besitzerhaltung, sondern auch der Erlangung weiterer Sachen dient.[368]
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