Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn
des Persönlichkeitsrechts erlöschen jedoch nach 10 Jahren.[160] Ein Angehöriger kann wegen der Veröffentlichung über einen Verstorbenen nur vorgehen, wenn dadurch unmittelbar sein eigenes Persönlichkeitsrecht tangiert wird.[161]
1.2.2 Juristische Personen
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Juristische Personen können sich auch auf den Persönlichkeitsschutz berufen. Der Schutz ist jedoch schwächer ausgeprägt. Er gilt für die juristische Person nur, wenn und soweit er sich aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und den ihr zugewiesenen Funktionen ergibt.[162]
1.3 Einzelne Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann vielgestaltige Ausprägungen haben.
– | Das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung über persönliche Lebensumstände, z.B. in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung oder in Bezug auf die Entscheidung, ob und wie jemand in der Öffentlichkeit hervortreten will; nicht aber das Recht, in der Öffentlichkeit so dargestellt zu werden, wie der Betroffene sich selber sieht oder von anderen gesehen werden möchte;[163] |
– | der Schutz vor Indiskretion in den verschiedenen Sphären des täglichen Lebens (Intimsphäre, Privatsphäre, Sozialsphäre, Öffentlichkeitssphäre); |
– | der Schutz vor der Unwahrheit; |
– | der Schutz von Ehre und Ruf; |
– | der Schutz vor der vermögensrechtlichen Verwertung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts;[164] |
– | das Resozialisierungsinteresse eines Straftäters. |
Diese Ausprägungen können terminologisch variieren oder sich überschneiden.
1.4 Erforderlichkeit einer Abwägung
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Wie bereits ausgeführt muss die Reichweite des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit schutzwürdigen Interessen des Berichterstattenden oder der Allgemeinheit aus Meinungsäußerungs-, Presse- und Kunstfreiheit abgewogen werden. Dabei reicht der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber Wortberichterstattung und Bildberichterstattung grundsätzlich verschieden weit; während die Veröffentlichung eines Bildes einer Person grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet, ist dies bei personenbezogenen Wortberichten nicht ohne weiteres der Fall.[165] Es bedeutet einen ungleich stärkeren Eingriff in die persönliche Sphäre, wenn jemand das Erscheinungsbild einer Person in einer Lichtbildaufnahme fixiert, es sich so verfügbar macht und der Allgemeinheit vorführt.[166] Eine Wortberichterstattung ist bei vergleichbaren Themen zwar nicht stets in weiterem Umfang zulässig als eine Bildberichterstattung; es ist in solchen Fällen aber einer Frage der einzelfallbezogenen Beurteilung, ob eine Wort- oder die sie begleitende Bildberichterstattung die schwerwiegenderen Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts mit sich bringt.[167] Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet dagegen keinen Schutz davor, überhaupt in einem Wortbeitrag individualisierend benannt zu werden, sondern nur in spezifischen Hinsichten.[168]
1.5 Die Freiheit der Meinungsäußerung und ihre Grenzen bei der Abwägung im Einzelfall (Schmähkritik, Formalbeleidigung, Menschenwürde)
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Die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit sind eng auszulegen. Der Persönlichkeitsschutz genießt nur Vorrang, wenn sich die Äußerung als Schmähkritik, reine Formalbeleidigung oder Angriff auf die Menschenwürde darstellt oder sonst die Einzelfallabwägung bei schwer wiegenden persönlichen Vorwürfen zu einer Verletzung führt.[169]
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Eine Schmähkritik liegt vor, wenn die persönliche Kränkung und Herabsetzung das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängt und es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache, sondern um die Diffamierung des Betroffenen geht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik persönlich herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.[170] Der Begriff der Schmähkritik ist dabei eng auszulegen[171] und im Übrigen eher auf die sog. Privatfehde beschränkt.[172] Dient der Beitrag dem geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht die Vermutung für die Zulässigkeit.[173] Das gilt auch für eine der Wahrheit entsprechende Kritik an Gewerbetreibenden.[174] Zum anderen ist kein Raum dort für Schmähkritik, wo eine sachverhaltsmäßige Grundlage noch vorhanden ist, auf die sich die Äußerung bezieht.[175] Regelmäßig müssen auch Anlass und Kontext der Äußerung berücksichtigt werden.[176] Schließlich darf das Werturteil umso schärfer sein und um so eher herabsetzenden Charakter haben, je stärker der Angegriffene von sich aus „Anlass“ zu einer derartigen Reaktion gegeben hat.[177]
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Als nicht von der Meinungsäußerung geschützt gilt auch die reine Formalbeleidigung.[178] Es liegt auf der Hand, dass solche reinen Formalbeleidigungen i.d.R. keine sachverhaltsmäßige Grundlage haben und dabei bewusst eine Diffamierung im Vordergrund steht. Aber dies ist nicht zwingend. Die Schmähabsicht wird durch Formalbeleidigung lediglich, aber eben auch indiziert.
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Es bleibt die Frage, ob Meinungsäußerungen in Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unzulässig sein können, auch wenn sie keine Schmähkritik darstellen. Dies haben BVerfG und BGH in Einzelfällen bejaht.[179]
1.6.1 Grundsätzliches zum Schutzumfang
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Wie dargetan fallen Tatsachenbehauptungen nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG heraus. Allerdings ist eine unwahre Tatsachenbehauptung nach ständiger Rechtsprechung nicht geeignet, der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsbildung zu dienen.[180] Als Konsequenz ist es sinnvoll zu unterscheiden: Liegt eine unwahre Tatsachenbehauptung, eine im Zeitpunkt der Äußerung nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptung oder eine wahre, aber ehrenrührige Tatsachenbehauptung vor?
1.6.2 Unwahre Tatsachenbehauptungen
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Bei unwahren Tatsachenbehauptungen genießt der Persönlichkeitsschutz uneingeschränkt Vorrang, ohne dass es auf eine Güter- und Interessenabwägung ankäme.[181] Es ist ferner allerdings erforderlich, dass durch die Unwahrheit auch das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzt wird;[182] ansonsten liegt eine nicht angreifbare sog. „wertneutrale Falschmeldung“ vor.[183]
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Die Fallkonstellation einer unwahren Tatsachenbehauptung existiert in vielen Facetten. So liegt etwa eine unwahre Tatsachenbehauptung vor, wenn eine Zeitschrift auf einen Beitrag hinweist, in dem eine prominente Person „exklusiv“ zum ersten Mal über bestimmte Themen aus ihrem Privatleben spricht, falls diese Person überhaupt kein Gespräch mit einem Reporter dieser Zeitschrift geführt hat.[184] Des Weiteren kann in einem Fehlzitat oder einem verfälschten Wiedergabe einer Äußerung eine unrichtige Tatsachenbehauptung liegen.[185] Auch eine verdeckte Tatsachenbehauptung kann eine unwahre Tatsachenbehauptung sein und unterliegt dann den