Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn

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der Kritik aussetzen.[222] Die Schwelle zur Persönlichkeitsrechtsverletzung wird bei der Mitteilung wahrer Tatsachen über die Sozialsphäre regelmäßig erst überschritten, wo sie einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht.[223] Das Persönlichkeitsrecht verleiht keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es genehm ist.[224] Darüber hinaus bleibt eine Berufung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht versagt, wenn sich der Grundrechtsträger in freier Entscheidung gerade der Medienöffentlichkeit aussetzt, z.B. in dem er öffentliche Veranstaltungen besucht, die erkennbar auf ein großes, öffentliches Interesse stoßen; die Medien dürfen auch – daran anknüpfend – kommentierende Bemerkungen knüpfen.[225] Ein Recht, in selbst gewählter Anonymität zu bleiben, besteht demgegenüber nicht.[226] Auch Straftaten und strafrechtliche Ermittlungsverfahren gehören zur Sozialsphäre. Letztlich muss auch hier eine Einzelabwägung stattfinden, wenn auch viel dafür spricht, dass berechtigte Interessen der Öffentlichkeit den Persönlichkeitsschutz in der Regel überwiegen werden. Straftaten gehören zum Zeitgesehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Presse ist; bei der Abwägung verdient für die tageaktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang.[227] Insbesondere bei schweren Gewaltverbrechen ist daher ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Informationsinteresse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des Täters und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen.[228] Aber auch ein an sich geringes Interesse der Öffentlichkeit über leichte Verfehlungen kann im Einzelfall durch Besonderheiten, etwa in der Person des Täters oder des Tathergangs aufgewogen werden.[229] Zudem kann zu berücksichtigen sein, dass die Geringfügigkeit eines Tatvorwurfs zugleich geeignet sein kann, die Bedeutung der Persönlichkeitsbeeinträchtigung zu mindern.[230] Auch kann der Umstand von Bedeutung sein, dass die wahre Tatsache – möglicherweise aufgrund einer breiten Presseberichterstattung – bereits der Öffentlichkeit bekannt ist, so dass das Gewicht ihrer Weiterverbreitung durch das angegriffene Medium gegenüber dem Ersteingriff gemindert ist.[231] Gleichzeitig kann aber der Verweis auf Parallelveröffentlichungen das vom Betroffenen angegriffene Medium nicht generell entlasten.[232] Anders mag es aber z.B. bei Stigmatisierung, Ausgrenzung oder Prangerwirkung sein[233] oder Gefährdung der Resozialisierung eines Straftäters.[234] Zwar gewinnt mit zeitlicher Distanz zur Straftat das Resozialisierungsinteresse zunehmende Bedeutung; einen uneingeschränkten Anspruch, mit der Tat „allein gelassen zu werden“ erwächst aber nicht; maßgeblich bleiben die konkreten Umstände des Einzelfalls.[235] Auch nach Strafverbüßung eines Straftäters bleibt es aber für ein Online-Archiv grds. zulässig, einen Alt-Beitrag, in dem der Straftäter ursprünglich rechtmäßig namentlich genannt war zum Abruf bereit zu halten.[236] Ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit besteht nicht nur über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte in den Medien zu recherchieren.[237]

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      Schließlich besteht die Öffentlichkeitssphäre, in der das Verhalten des Betroffenen von jedermann Kenntnis genommen werden kann oder sogar Kenntnis genommen werden soll. Hier besteht in aller Regel kein persönlichkeitsrechtlicher Schutz. Typisches Bsp. ist das öffentliche Auftreten von Politikern oder Künstlern.

1.7 Abwägung in Einzelfällen

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      Alle diese Aspekte sind in der Gesamtabwägung mit dem Interesse der Öffentlichkeit und der Schwere der in Frage kommenden Straftat abzuwägen.

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