Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth

Tierschutzrecht - Hansjoachim Hackbarth


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Tiere auf Grund von Obhutspflichten betreut. Die Übernahme dieser Obhutspflichten setzt nicht voraus, dass der zukünftige Tierbetreuer bei der Übernahme des Betreuungsverhältnisses zur Einhaltung der Maßgaben des TierSchG, insbesondere der §§ 2, 2a TierSchG, gewillt ist. Ein konkreter Wille, das Tier vor Schmerzen, Leiden und Schäden zu bewahren, ist nicht erforderlich. Die Vorgaben des Tierschutzgesetzes stehen über dem Willen und den Vorstellungen des Tierbetreuers. Mit dem Begriff des Tierbetreuers sollen all diejenigen Personen zur Einhaltung des Tierschutzgesetzes verpflichtet werden, die zwar nicht Tierhalter sind, aber trotzdem eine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das zu schützende Tier haben. Der Begriff fungiert als Auffangtatbestand, um einen effektiven Tierschutz zu gewährleisten.

      Tierbetreuer sind beispielsweise der Führer eines Blindenhundes oder Angestellte und Familienangehörige von Tierhaltern, die bei der Pflege des Tieres behilflich sind.

      Tierhaltung und Tierbetreuung unterscheiden sich nicht in den Pflichten im Rahmen der Pflege, Ernährung und Unterbringung, sondern nur durch den Umfang der Verantwortlichkeit hierfür.

      Eine Mindestdauer der tatsächlichen Beziehung der Tierhalters/-betreuers ist nicht erforderlich. Die Kurzzeitigkeit einer Haltung oder Betreuung steht natürlich der Anwendung des § 2 TierSchG nicht entgegen. So sind auch bei nur vorübergehend, z. B. in einem Schlachthof untergebrachten Tieren, die Bestimmungen dieser Norm zu beachten.

      Unter Ernährung wird die Aufnahme von Nahrung verstanden. Nahrung kann in Form von Futter und Trank verabreicht werden.

      Die Zusammensetzung und Art und Weise der Nahrung ist wiederum artspezifisch. Weiterhin muss bei der Ernährung eines Tieres seine Individualität hinreichend beachtet werden.

      Neben natürlichen Inhaltsstoffen kommt auch die Fütterung von Zusatzstoffen in Betracht. Unter Nahrungsstoffen versteht man alle chemischen Elemente und Verbindungen, die vom Organismus für den Aufbau von körpereigenen Stoffen verwendet werden können; die Bedeutung der Nahrungsstoffe wird durch den Gehalt an essentiellen Bestandteilen bestimmt, dazu gehören Wasser, Proteine, essentielle Fettsäuren, Vitamine sowie Mineralstoffe und Spurenelemente.

      Verstöße gegen § 2 Nr. 1 TierSchG können sich aus der falschen Menge, einer fehlerhaften Zusammensetzung oder einer schlechten Beschaffenheit des Futters ergeben, aber auch aus der Verabreichung eines nicht artgerechten Futters, z. B. eine rein vegetarische Nahrung für einen Fleischfresser (Hund, Katze) kann tierschutzrelevant sein. Im Hinblick auf den Umfang des verabreichten Futters ist besonders § 3 Nr. 9 und Nr. 10 TierSchG zu beachten.

      Neben der Ernährung spielt die Pflege des Tieres bei der Tierhaltung eine große Rolle. Folgende Komplexe werden vom Begriff der Pflege erfasst:

       Ernährung

       Möglichkeit artgemäßer Bewegung

       Saubere und artgerechte Unterbringung

       Betreuung

       Körperpflege

       Heilbehandlungen, auch Prophylaxe

       Möglichkeit des Wahrnehmens von Gemeinschaftsbedürfnissen wie Geselligkeit bei Herdentieren oder der Schaffung von Mutter-Kind-Beziehungen

       Überwachung

      Die Ausgestaltung der Pflege richtet sich wiederum nach der Tierart und der Individualität des Tieres.

      Die verhaltensgerechte Unterbringung soll sicherstellen, dass das Tier in einem optimalen Lebensraum gehalten wird. Soweit es möglich ist, soll eine Annäherung an natürliche Lebensverhältnisse und Lebensräume der jeweiligen Tierart erfolgen. Diese Forderung stellt die Praxis häufig vor große Probleme.

      Die Ansprüche für eine verhaltensgerechte Unterbringung sind für jedes Tier, unabhängig von seiner Bedeutung oder seinem Wert, qualitativ gleich zu bewerten. Besonders wichtig ist die Art und Weise der Unterbringung. In Betracht kommen Freilandhaltungen und Stallhaltungen. Die Ställe können wiederum mit Boxen oder Ständen, aber auch Käfigen ausgestattet sein.

      Generell müssen die Einrichtungen die richtige Größe und Beschaffenheit haben. Dem Tier muss die Möglichkeit artgerechter Bewegung gewährleistet werden. So muss eine bestimmte Mindestgröße gegeben sein. Die Größe hängt von der Tierart und dem Alter des Tieres ab. Insbesondere für Schweine, Kälber und Hennen wurde dies ausdrücklich in Haltungsverordnungen geregelt. Weiterhin müssen eine Mindestliegefläche, Einrichtungen zum Abführen von Kot und Urin und ausreichend Fress- und Ruhefläche zur Verfügung gestellt werden.

      Darüber hinaus muss die gesamte Einrichtung sauber gehalten werden. Auch die Lichtverhältnisse sind zu beachten. Wenn eine ausreichende natürliche Beleuchtung nicht vorhanden ist, muss auf künstliche Lichtquellen zurückgegriffen werden. Bei der Verwendung von Beleuchtungssystemen ist auf die Einhaltung von Hell- und Dunkelzeiten, die sich am natürlichen Tagesrhythmus orientieren, zu achten.

      Das Raumklima ist auf die jeweils untergebrachte Tierart abzustimmen. Es muss für ausreichend Frischluft gesorgt werden, notfalls auch im Wege einer Klimatisierung. Auch Luftbewegung und Luftfeuchtigkeit müssen reguliert werden, wenn sie nicht den natürlichen Verhältnissen des Tieres entsprechen.

      Jede Tierart erfordert spezielle Ansprüche. Die konkrete Ausgestaltung aller vorgenannten Merkmale der verhaltensgerechten Unterbringung richtet sich nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

      In der Praxis orientiert sich die Ausgestaltung der Faktoren Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung oftmals allein an ihrer leistungssteigernden Wirkung und weniger an den natürlichen Bedürfnisse des jeweiligen Tieres. Leistung ist aber nur ein Merkmal neben vielen anderen (Gesundheit, Freisein von Schäden, Normalverhalten), die zur Beurteilung von Wohlbefinden herangezogen werden sollten. Auch ist die Leistung kein sehr sensibles Merkmal für Wohlbefinden, da fast alle landwirtschaftlichen Nutztiere inzwischen genetisch auf Leistung selektiert wurden.

      Die Nr. 2 des § 2 TierSchG ist als Ergänzung der wesentlichen Anforderungen von Nr. 1 zu betrachten. Insbesondere besteht ein enger Zusammenhang mit der Unterbringung der Tiere.

      Das Bewegungsbedürfnis hängt von der Tierart und den individuellen Umständen wie dem Alter und der Gesundheit ab. Allen Tieren ist jedoch die Möglichkeit des Liegens, Stehens und Aufstehens ohne Behinderung zu gewährleisten.

      Bei der Überprüfung der Möglichkeit zur artgemäßen Bewegung muss in einer 1. Stufe festgestellt werden, ob der Tierhalter auf Grund objektiver Gegebenheiten, wie zum Beispiel Räumlichkeiten, die Möglichkeit hat, dem Tier die notwendigen Haltungsbedingungen zu gewährleisten. In einer 2. Stufe ist dann zu klären, ob die Person des Tierhalters in der Lage und Willens ist, die Gegebenheiten auch dementsprechend zu nutzen.

      Falls die technischen, räumlichen, zeitlichen oder personellen Möglichkeiten nicht geschaffen werden können, muss die Tierhaltung/-betreuung unterbleiben, denn mangelnde Bewegungsmöglichkeiten können zu physischen und psychischen Störungen führen. Beispiele hierzu sind die Haltung großer, sehr lauffreudiger Hunderassen in kleinen Etagenwohnungen im Stadtbereich und die dauernde Anbindehaltung bei Rindern. In diesem Zusammenhang ist wiederum auf die Problematik der Intensivnutztierhaltung hinzuweisen.

      § 2 Ziff. 3 TierSchG soll die Erfüllung der Anforderungen aus Nr. 1 und 2 gewährleisten.

      Die Regelung wurde erst 1998 ins Tierschutzgesetz eingefügt. Tierhalter und Tierbetreuer müssen im Hinblick auf den Umgang mit Tieren qualifiziert


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