Tierschutzrecht. Hansjoachim Hackbarth

Tierschutzrecht - Hansjoachim Hackbarth


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der Tiere

       Fähigkeit, das Wohlbefinden eines Tieres einzuschätzen

       Zuverlässigkeit im Umgang mit dem Tier

       Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem Tier als Mitgeschöpf.

      Besondere Bedeutung erlangt diese Vorschrift für diejenigen Personen, die Tiertransporte begleiten. Von diesen Personen muss eine Sachkundeprüfung für Tiertransporte abgelegt werden. Seit Januar 2008 muss beim Straßentransport von Nutztieren über 65 km ein EU-einheitlicher Befähigungsnachweis mitgeführt werden, wenn der Transport im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt (EU-VO 1/2005). Der bisherige Sachkundenachweis nach § 13 TierschutztransportVO gilt nicht mehr. Lehrgänge zur Erlangung eines solchen Sachkundenachweises bietet z. B. die DEULA in Rendsburg an. Einen solchen Sachkundenachweis benötigen Fahrer und Betreuer von Straßentransporten von Hausrindern, Hausschafen, Hausziegen, Hausschweinen oder Pferden inkl. pferdeartigen Tieren (Ausnahme: Transporte bis 65 km). Aber nicht nur gewerbliche Fahrer sind betroffen! Es ist ausreichend, wenn mit dem Transport ein Gewinn bzw. Verlust entsteht oder ein Gewinn angestrebt wird. Entscheidend für eine wirtschaftliche Tätigkeit ist beispielsweise, ob eine steuerliche Veranlagung oder Eintragung in ein öffentliches Register vorliegt (z. B. Landwirte beim Transport der eigenen Tiere, Reitvereine, therapeutische Reitbetriebe, Fahrten zu Auktionen, Fahrten zu überregionalen Turnieren). Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Tätigkeit ist ein unmittelbarer Austausch von Geld/Gütern/Dienstleistungen nicht notwendig. Ein Befähigungsnachweis ist nicht erforderlich für Hobbytierhalter/Transporte zu Hobbyzwecken sowie Transporte, die unter Anleitung eines Tierarztes unmittelbar zu oder von einer Klinik erfolgen.

      Die Rechtfertigung eines Verstoßes ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes und ist auch nur zu prüfen, wenn ein Verstoß gegen § 2 Nr. 1 bis 3 TierSchG angenommen wird. Hier ist auf die Grundsätze des § 1 TierSchG zu verweisen, nach denen der Gesetzgeber mit dem TierSchG den Tieren nicht jegliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens ersparen will.

      Unter einem vernünftigen Grund wird im Hinblick auf die menschliche Wertordnung ein verständiger und daher beachtlicher Grund verstanden, welcher in einer Güter- und Pflichtenabwägung in Relation zum Schutzgut des Tierschutzgesetzes zu setzen ist und kein zwingender Grund zu sein braucht. Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist daher auch bei dieser Norm abzuwägen, ob die Einschränkung der Haltungsanforderungen nach § 2 TierSchG nicht einen vernünftigen Grund hat und somit eine Ahndung ausscheidet.

      Einer der häufigsten Konfliktfälle im Bereich der Tierhaltung ist die Beurteilung der Frage, inwieweit die Erfordernisse einer ökonomisch betriebenen, rationalisierten und automatisierten Landwirtschaft eine Einschränkung des Wohlbefindens der Tiere zulässig machen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Tierschutz in diesem Streitfall der absolute Vorrang einzuräumen ist. Um § 2 TierSchG jedoch nicht leer laufen zu lassen, werden betriebswirtschaftliche Interessen nicht als vernünftiger Grund angesehen, wenn der derzeit praxisübliche Minimalstandard bei der Tierhaltung unterschritten wird.

      Die Beurteilung des Vorliegend der Voraussetzungen des § 2 TierSchG sowie ggf. eines vernünftigen Grunds obliegt dem örtlich zuständigen beamteten Tierarzt ge. § 15 TierSchG. Er hat insofern eine vorrangige Beurteilungskompetenz (VGH München 16.5.2017 9 ZB 14.733).

      Dieses Beispiel macht deutlich, dass das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal des vernünftigen Grundes zu einer bedeutenden Einschränkung der Haltungsforderungen des § 2 TierSchG führt.

      Nach § 16a TierSchG können bei Verstößen gegen § 2 TierSchG die für die Erfüllung der Anforderungen dieser Norm erforderlichen Maßnahmen angeordnet werden, das betroffene Tier dem Halter fortgenommen, die Tierhaltung untersagt oder von der Erfüllung bestimmten Auflagen abhängig gemacht werden. Ein Verstoß gegen § 2 TierSchG kann die Straftatbestandsvoraussetzungen des § 17 TierSchG erfüllen und auch das Vorliegen eines Bußgeldtatbestands nach § 18 TierSchG ist möglich. In Betracht kommt insbesondere eine Ahndung nach § 17 Nr. 2b oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 TierSchG.

      Der ständig ansteigende Fleisch- und Eierverbrauch in unserer Konsumgesellschaft stellt an die Tierhaltungssysteme neue Anforderungen. Mit der herkömmlichen bäuerlichen Nutztierhaltung ist es nicht mehr möglich, den quantitativen Anforderungen des Verbrauchers und den niedrig angesiedelten Preisvorstellungen der Verbraucher gerecht zu werden.

      Die Intensivnutztierhaltung, das heißt die Haltung von Nutztieren in großer Anzahl auf wenig Raum in modernen Haltungssystemen, wird überwiegend vom Verbraucher akzeptiert. Die Folge ist eine profitorientierte Landwirtschaft, die Einschränkungen für die Tiere mit sich bringt.

      Inwieweit hier § 2 TierSchG Abhilfe schaffen kann, hängt von einer Abwägung zwischen einem ethisch ausgerichteten Tierschutz und einer ökonomisch betriebenen Landwirtschaft ab.

      Intensivhaltung kommt für fast alle Tierarten in Betracht, in Deutschland vorrangig für Legehennen, Mastgeflügel, Schweine und Rinder. 2016 wurden in Deutschland 689 Millionen Mastgeflügeltiere (Masthühner, Puten, Enten, Gänse) geschlachtet.

      Das Problem dieser Haltungsart berührt aber nicht nur die tierschutzrechtliche Ebene, sondern ist auch in den Bereichen des Bau-, Lebensmittel-, Futtermittel-, Immissionsschutz- und Seuchenrechts relevant. Insbesondere die Entsorgung der Fäkalien und die Geruchsbelästigung spielen eine große Rolle.

      So wird oftmals das art- und naturgemäße Verhalten der Tiere gestört. Weiterhin ist auf Grund fortschreitender Automatisierung dieser Systeme die Überwachung und die gegebenenfalls erforderliche Hilfe für diese Tiere häufig nicht gewährleistet. Auch das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen bietet hier wenig wirksamen Tierschutz. Das Tierschutzgesetz selbst enthält kein Verbot dieser Haltungssysteme, die neben einer großen Akzeptanz auch vielfältiger Kritik ausgesetzt sind. Das Gesetz hat das Problem der Intensivtierhaltung in der Beaufsichtigungsermächtigung des § 16 TierSchG angesprochen und somit auch legalisiert. Von einer ausdrücklichen Erlaubnis kann allerdings nicht gesprochen werden. Die Brisanz des Themas wurde auch vom Gesetzgeber erkannt. Eine Lösung wurde jedoch nicht angeboten.

      Diese in Deutschland weitgehend verbreitete Haltungsform ist demnach nur unzureichend geregelt. Die vereinzelten Anforderungen ergeben sich aus Rechtsverordnungen, die aber mangels einer konkreten Rechtsgrundlage tierschutzrechtlich nicht zufriedenstellend sind.

      Der Gesetzgeber war bemüht durch das Aufstellen von generellen Geboten


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