Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
Gegner wurde mit der Klage abgewiesen. Aber die Strafe ereilte den Meineidigen auf der Stelle. Denn wie er nun zu seinem Hause zurückkehrte, da begegnete ihm ein Müllerwagen, vor dem die Pferde scheu geworden waren. Der überfuhr ihn, daß ihm die Räder über den Leib gingen, und er sofort starb. Auch sein Stock wurde durch das Ueberfahren zerbrochen, und als aus demselben die Dukaten herausfielen, da wurde der Betrug offenbar, und ein Jeder erkannte die Strafe des Himmels. In der Catharinenkirche auf der Neustadt zu Salzwedel findet man diese Geschichte abgebildet.
Pohlmann Gesch. der Stadt Salzwedel. S. 204. 205.
36. Der Elternmörder in Salzwedel.
Es ist schon über zweihundert Jahre her, es war nämlich am 15. April 1614, da geschah unter dem Thorwege des damals noch stehenden Sanct Annenklosters auf der Altstadt zu Salzwedel ein gräuelvoller Meuchelmord. Ein Kaufdiener, mit Namen Dietrich Schulze, erstach nämlich seinen Vater und seine Mutter, zuerst den Vater mit vier Stichen, und als die Mutter dem Vater zu Hülfe eilte, auch sie mit dreien. Der Mörder wurde zum Tode verurtheilt, und dieses Urtel wurde am vierten Mai desselben Jahres an ihm vollzogen. Zuerst wurde ihm die rechte Hand abgehauen, womit er die Gräuelthat begangen hatte, dann wurde er dreimal mit glühenden Zangen gezwickt, nämlich einmal auf dem Markte, dann vor dem Hause, wo der Mord geschehen, und zuletzt im Thore selbst. Hierauf wurde er zu der Gerichtsstätte geschleift, und daselbst von unten auf gerädert. Sein Körper wurde auf das Rad gelegt, halb sitzend und halb liegend. Dabei war es denn wunderbar und grausenvoll anzusehen, wie die rechte Hand des Mörders, womit er seine verruchte That verübt hatte, noch drei Tage lang auf dem Rade blutete.
Pohlmann Gesch. der Stadt Salzwedel. S. 387.
37. Die wüste Kirche zu Danne.
Bei dem Dorfe Danne an dem kleinen Flusse Jentze steht eine alte wüste Kirche. Die alten Bauern erzählen, daß darin vor Zeiten ein alt hölzern Bild gewesen, welches eine heidnische Göttin, Namens Goza, vorgestellt. Die Bauern haben es Sanct Vilhaar (Vielhaar) genannt, und haben es angerufen, und ihm Gelübde gethan für alles Vieh, so Haare hatte, wenn das krank oder unfruchtbar gewesen. Solche Abgötterei ist noch vor hundert Jahren gewesen.
Enzelt Chronik der alten Mark. S. 11.
38. Der Mittelpunkt der Welt.
In dem Dorfe Poppau und in der Gegend glauben die Leute steif und fest, daß Poppau gerade mitten in der Welt liege. Dicht am Dorfe ist ein kleines stehendes Wasser, neben diesem steht ein alter Stein. Dieser Stein ist der Mittelpunkt der Welt; um das zu bezeichnen, liegt er da seit tausend und tausend Jahren, und unter ihm liegt noch die Kette, mit der damals die Welt ausgemessen ist.
Acten des Altmärkischen Vereins für Geschichte und Industrie.
39. Die großen Steine bei Ballerstedt.
Nachdem der Markgraf Huder schon einmal bei Krumke von dem Markgrafen Albert aus Anhalt, mit dem er sich um die Altmark stritt, geschlagen war, schlug ihn dieser zum anderen Male bei den Dörfern Groß- und Klein-Ballerstedt. An dem Orte, wo diese Schlacht vorgefallen, sieht man noch jetzt grausam große Steine, darunter die erschlagenen Wenden begraben sind. Mehrere dieser Steine liegen in einem Dornenbusche zwischen jenen beiden Dörfern, besonders sind viele hinter dem Dorfe Groß-Ballerstedt auf dem sogenannten Hundsrücken; deren sind zwölf und sie liegen unordentlich durcheinander. Ein anderer Haufen ist nicht weit davon auf den sogenannten Hasenäckern, diese liegen in der Länge, aber gleichfalls etwas unordentlich. Der größte Haufen liegt nach dem Dorfe Grebenitz zu; sie sind sehr ordentlich in die Länge gesetzt, und oberwärts befindet sich in der Mitte ein Altar von zwölf, in einem länglichen Viereck gelegten Steinen.
Bei allen diesen Steinen sieht man noch jetzt, bei Tage sowohl wie bei Nacht, allerlei seltsame Gespenster; auch hört man dort häufig ein ganz sonderbares Geschrei. Von den Steinen auf den Hasenäckern nahm vor mehreren Jahren ein Müller aus der Gegend einen, um ihn auf seiner Mühle zu gebrauchen. Er spaltete ihn ab und fertigte einen recht schönen Mühlstein daraus. Allein er konnte kein Mehl darunter fertig bekommen, und das Getreide blieb wie zerquetscht darunter liegen.
Beckmann histor. Beschr. von Brandenburg. Th. 1. S. 350. 351.
40. Die gestohlene Glocke in Ristedt.
In dem Ristedter Kirchenthurme fehlt noch jetzt eine Glocke. Sie ist vor vielen Jahren von einem Offizier gestohlen, der auch noch sechs andere Glocken, also im Ganzen sieben Kirchenglocken in der Altmark entwendet hat. Dafür ist es ihm denn auch in seinen letzten Tagen schlecht ergangen, indem ihn das Ungeziefer aufgefressen hat.
Acten des Altmärkischen Vereins für Geschichte und Industrie.
41. Tetzels Ablaßkasten in Flechtingen.
Der berüchtigte Ablaßkrämer Tetzel kam zu seiner Zeit in das Dorf Flechtingen im Kreise Salzwedel, und bot seine Waare aus, verkaufte auch viel. Als das der Edelmann des Dorfes, Barward von Schenk geheißen, erfuhr, begab sich dieser auch zu ihm, und verlangte einen Ablaßbrief für eine schwere Sünde, die er aber noch nicht begangen habe. Er erhielt ihn, mußte ihn aber sehr theuer bezahlen. Wie darauf der Ablaßkrämer guten Muths und mit vielem Gelde beladen, welches er in der ganzen Umgegend reichlich eingenommen, wieder abzog, da jagte Barward von Schenk auf einem anderen Wege ihm zuvor, und trat ihm plötzlich in der Flechtinger Forst entgegen. Hier forderte er ihm seinen Ablaßkasten ab mit dem Sündengelde darin. Der Mönch erschrak zwar sehr, und suchte dem Edelmann begreiflich zu machen, welch’ eine große, schwere Sünde er begehe, wenn er ihn und somit die heilige Kirche beraube. Allein der Herr von Schenk erinnerte ihn daran, wie er ja eben für eine recht schwere Sünde von ihm einen Ablaßbrief erhalten, und der Domikaner mußte, alles Sträubens ungeachtet, seinen Kasten mit allem Gelde hergeben. Von diesem Gelde ließ der Edelmann, da das Dorf bis dahin keine eigene Kirche hatte, die Kirche in Flechtingen bauen, die daselbst noch gegenwärtig steht.
42. Die beste Religion.
In der Altmark, nicht gar weit von Salzwedel, liegt das Kloster Distorf, welches eins der ältesten Klöster ist, und schon im Jahre 1161 bei Lebzeiten Markgrafen Albrechts des Bären gestiftet wurde. Es waren etliche Jungfrauen darin, nach der Regel des heiligen Augustinus. Zur Zeit der Reformation lebten darin zwei Schwestern, Elisabeth und Ursula von Ritzebüttel, die konnten nicht schlüssig werden, welches die beste Religion sei, das Papstthum oder die neue Lehre Luthers. Da beredeten sie sich zuletzt, wenn eine von ihnen zuerst sterbe, so solle sie der anderen Bericht thun, welche von beiden Religionen die beste sei, zu derselben wolle sich nachhero die andere halten. Als es sich nun traf, daß einige Zeit darauf Elisabeth