Der Herr der Welt. Robert Hugh Benson

Der Herr der Welt - Robert Hugh Benson


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      Es dürf­te sich emp­feh­len, die for­mel­le Ex­kom­mu­ni­ka­ti­on der War­gra­ves und ge­nann­ter acht Pries­ter in Nor­folk, bzw. West­mins­ter, be­kannt zu ge­ben, im Üb­ri­gen je­doch wei­ter kei­ne No­tiz da­von zu neh­men.«

      Per­cy leg­te den Bo­gen weg, raff­te die an­de­ren fünf oder sechs Pa­pie­re, die sei­ne Aus­zü­ge und Be­mer­kun­gen ent­hiel­ten, zu­sam­men, setz­te sei­ne Un­ter­schrift un­ter den Be­richt und steck­te al­les in den be­reit­lie­gen­den, be­druck­ten Um­schlag. Dann nahm er sein Bi­rett und be­gab sich zum Lift.

      Der Mo­ment, als er durch die Gla­stü­re in das Sprech­zim­mer ein­ge­tre­ten war, ge­nüg­te ihm, um zu se­hen, dass die Kri­sis ge­kom­men, wenn nicht schon vor­über sei. Fa­ther Fran­cis sah elend und krank aus, aber es lag eine ei­gen­tüm­li­che Här­te um sei­ne Au­gen und sei­nen Mund, als er so war­tend da­stand. Er schüt­tel­te jäh den Kopf.

      »Ich bin ge­kom­men, um Ih­nen Le­be­wohl zu sa­gen, Fa­ther. Ich kann es nicht län­ger er­tra­gen.«

      Per­cy be­müh­te sich, kei­ner­lei Be­we­gung zu zei­gen. Er deu­te­te kurz nach dem Stuh­le hin und nahm auch selbst Platz.

      »Al­les ist zu Ende«, sag­te sein Ge­gen­über mit voll­kom­men si­che­rer Stim­me. »Ich glau­be an nichts. Seit ei­nem Jah­re habe ich an nichts mehr ge­glaubt.«

      »Sie ha­ben nichts ge­fühlt, wol­len Sie sa­gen«, ant­wor­te­te Per­cy.

      »Das wäre nicht das Rich­ti­ge, Fa­ther«, fuhr der an­de­re fort. »Ich sage Ih­nen, dass kein Fun­ke von Glau­ben in mir ge­blie­ben ist. Ich kann dies nicht ein­mal mehr be­grün­den. Ich kann nur al­lem Le­be­wohl sa­gen.«

      Per­cy hat­te nichts mehr zu sa­gen. Er hat­te dem Man­ne wäh­rend ei­nes Zeit­rau­mes von über acht Mo­na­ten zu­ge­spro­chen, seit Fa­ther Fran­cis ihm an­ver­traut hat­te, dass sein Glau­be im Schwin­den be­grif­fen sei. Er be­griff voll­kom­men, wie der Fall lag; er fühl­te in­ni­ges Mit­leid mit die­sem ar­men Mann, der hin­ein­ge­ris­sen wor­den war in den sinn­ver­wir­ren­den Wir­bel des Tri­um­phes des neu­en Men­schen­tums. Äu­ßer­lich­kei­ten hat­ten ge­ra­de in der Ge­gen­wart zum Er­schre­cken an Kraft ge­won­nen, so­dass es schwer war, sich ih­rem Zwan­ge zu ent­zie­hen, und der Glau­be war, aus­ge­nom­men für die­je­ni­gen, die sich in ih­rem In­ners­ten be­wusst wa­ren, dass Wil­le und Gna­de al­les und Ge­fühl nichts be­deu­te­ten, gleich ei­nem Kin­de, das in dem Rä­der­wer­ke ei­ner un­ge­heue­ren in Gang be­find­li­chen Ma­schi­ne her­um­krab­belt; es konn­te ja wohl le­bend da­von­kom­men, es konn­te dar­in aber auch eben­so gut zu nichts zer­malmt wer­den. Je­den­falls wa­ren Ner­ven aus Stahl er­for­der­lich, um un­ter sol­chen Um­stän­den noch aus­zu­hal­ten. Es war schwer zu ent­schei­den, in­wie­fern ein ei­ge­nes Ver­schul­den vor­lag, und doch sag­te es Per­cy sein Glau­be, dass ein sol­ches vor­lag. Zu Zei­ten des Glau­bens wür­de schließ­lich auch ein sehr un­zu­läng­li­ches Er­fas­sen der Re­li­gi­on ei­ner Pro­be stand­ge­hal­ten ha­ben; in die­ser Zeit ma­te­ri­el­len Stre­bens al­ler konn­te nur der De­mü­ti­ge und Rei­ne dau­ernd sei­nen Glau­ben be­wah­ren, es sei denn, dass ge­ra­de­zu ein Wun­der ge­sch­ah, ein Wun­der von Igno­ranz, die etwa noch Schutz ge­währ­te. Die Ver­bin­dung der Psy­cho­lo­gie mit dem Ma­te­ria­lis­mus schi­en in der Tat, von ei­ner Sei­te be­trach­tet, für al­les eine ge­nü­gen­de Er­klä­rung zu ge­ben; es be­durf­te ei­nes star­ken, über­na­tür­li­chen Emp­fin­dungs­ver­mö­gens, um in ihre prak­ti­sche Un­zu­läng­lich­keit ein­zu­drin­gen. Und so­weit Fa­ther Fran­cis’ per­sön­li­che Verant­wort­lich­keit in Fra­ge kam, konn­te er sich des Ge­füh­les nicht er­weh­ren, dass das Ze­re­mo­ni­el­le in sei­ner Re­li­gi­on einen zu brei­ten, das Ge­bet aber einen viel zu ge­rin­gen Raum ein­nahm. Äu­ßer­lich­kei­ten hat­ten al­les In­ner­li­che in ihm auf­ge­so­gen.

      Per­cy ließ da­her kei­ner­lei Sym­pa­thie in sei­nen Au­gen zum Aus­druck kom­men.

      »Sie glau­ben na­tür­lich, dass die Schuld an mir liegt?«, frag­te je­ner nicht ohne Schär­fe.

      »Mein lie­ber Fa­ther«, ent­geg­ne­te Per­cy, be­we­gungs­los in sei­nem Stuh­le sit­zend, »ich weiß, es ist Ihre Schuld. Hö­ren Sie mich an. Sie sa­gen, das Chris­ten­tum ist et­was Ab­sur­des, Un­mög­li­ches. Nun


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