Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 7 – Arztroman - Marie Francoise


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Interesse. Ihr war, als wäre sie innerlich erloschen… abgestorben… tot. Alex hatte ihre Liebe verraten… ihre Gefühle miß-braucht.

      »Ich erwarte ein Baby«, flüsterte sie. Sie wußte nicht, ob Dr. Daniel ihr eine Frage gestellt hatte – sie sprach es einfach aus.

      Spontan setzte sich Dr. Daniel neben Christina auf die Untersuchungsliege.

      »Das klingt, als wären Sie nicht sehr glücklich darüber«, stellte er fest.

      Christina nickte, dann sah sie Dr. Daniel an. »Als ich die Schwangerschaft bemerkte, habe ich mich darüber gefreut, aber jetzt…« Sie blickte wieder zu Boden.

      »Ich nehme an, daß das mit dem unerfreulichen Erlebnis zusammenhängt, das Sie auf der Straße erwähnten«, vermutete Dr. Daniel. »Hat Ihr Freund… Schluß gemacht?« Er wußte, daß Christina schon seit vielen Jahren einen festen Freund hatte.

      Jetzt schüttelte sie den Kopf. »Es ist leider alles… viel schlimmer… komplizierter.«

      »Zu kompliziert, um darüber sprechen zu können?« hakte Dr. Daniel behutsam nach.

      Christina zuckte die Schultern, dann seufzte sie. »Nein, eigentlich nicht. Sie wissen vermutlich, daß ich seit fünf Jahren mit Rudi Keller zusammen bin.«

      »Ich weiß, daß Sie seit etlichen Jahren einen festen Freund haben, aber ich wußte nicht, wer es war«, berichtigte Dr. Daniel. Er kannte Rudi Keller nur flüchtig, hatte aber einen sehr guten Eindruck von ihm.

      Christina atmete tief durch. »Wir standen unmittelbar vor der Verlobung, als ich mich Hals über Kopf in Alex verliebte und mit Rudi Schluß machte.« Sie vergrub das Gesicht in den Händen und schluchzte hilflos. »Das war wohl der größte Fehler meines Lebens, aber jetzt… jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich erwarte von Alex ein Baby…«

      »Und Sie haben festgestellt, daß Sie Rudi noch immer lieben«, mutmaßte Dr. Daniel.

      »Ich weiß es nicht«, gab Christina offen zu. »Im Moment weiß ich überhaupt nichts mehr. Ich bin in eine schreckliche Sackgasse geraten. Es gibt keinen Weg nach vorn, aber auch keinen mehr zurück. Ich stehe vollkommen allein da… allein mit dem Baby eines Mannes, der…« Sie konnte das Angebot, das Alex ihr gemacht hatte, nicht aussprechen. Es war einfach zu beschämend.

      »Nein, Fräulein Walther, allein stehen Sie nicht da«, entgegnete Dr. Daniel tröstend. »Ich bin auch noch da, und ich werde versuchen, Ihnen zu helfen, soweit es in meiner Macht steht.« Er überlegte kurz. »Fürs erste bleiben Sie mal hier in der Klinik. In Ihrem momentanen Zustand können Sie nicht arbeiten. Im übrigen würde ich Sie auch gern zur Beobachtung hierbehalten. Außerdem müssen wir ein paar Untersuchungen durchführen, um festzustellen, ob es Ihrem Baby gutgeht.«

      Christina nickte, dann sah sie Dr. Daniel dankbar an. »Ich bin froh, daß ich Ihnen vorhin auf der Straße begegnet bin. Wenn ich jetzt allein wäre…« Sie beendete den Satz nicht, weil sie nicht wußte, was sie in diesem Fall getan hätte. Ihr ganzes Leben lag plötzlich in Scherben vor ihr, und sie hatte den Eindruck, als würde es sich nie wieder reparieren lassen.

      *

      Diana Wieland war schrecklich nervös, was ihrem Töchterchen Sissi nicht entging. Aufmerksam sah sie ihre Mutter an.

      »Mami, hast du Angst?« fragte sie mit leicht schräg geneigtem Kopf, wie sie es immer tat, wenn sie etwas zu ergründen versuchte.

      »Nein, Mäuschen, Angst habe ich nicht«, antwortete Diana und zog die Kleine auf ihren Schoß. Liebevoll hielt sie das Mädchen umfangen, das sich vertrauensvoll an sie schmiegte. »Es ist nur…« Sie stockte, weil sie nicht recht wußte, wie sie einer Vierjährigen erklären sollte, was mit ihr geschehen war. Sicher, Sissi war sehr aufgeweckt und in ihrer Entwicklung anderen Gleichaltrigen weit voraus. Trotzdem würde sie noch nicht begreifen, was Liebe war… Liebe zwischen Mann und Frau.

      »Weißt du, ich habe da jemanden kennengelernt«, begann Diana. »Einen sehr netten Mann, den ich…« Wieder stockte sie. »Er wird uns heute besuchen.«

      Sissi spürte, wie wichtig dieser Besuch für ihre Mutter war, und sie spürte auch, daß es mit diesem Mann mehr auf sich hatte als mit den anderen Gästen, die gelegentlich hierher kamen.

      »Ist er nett?« wollte Sissi wissen.

      Diana nickte ohne zu zögern. »Ja, Mäuschen, er ist sehr nett.«

      Sissi lauschte diesen Worten nach. Noch nie hatte ihre Mutter in diesem Ton von einem Bekannten gesprochen, und plötzlich konnte die Kleine es kaum noch erwarten, diesen geheimnisvollen Mann, den ihre Mutter offensichtlich so sehr mochte, kennenzulernen.

      Als es am späten Nachmittag dann klingelte, war Sissi die erste, die an der Haustür war. Aufmerksam betrachtete sie den großen, schlanken Mann mit dem gewinnenden Lächeln. Doch ihr Gespür war besser als das ihrer Mutter. Für den Charme, den Alex versprühte, war sie noch nicht empfänglich – sie sah nur den Menschen, seine Augen, die sie kalt musterten, und die großen Hände, die ihre unwillkürlich Angst einjagten.

      »Hallo, Sissi«, begrüßte er sie und versuchte, seiner Stimme einen fröhlichen Klang zu geben, was ihm angesichts des sehr ernsten Gesichtsausdrucks der Kleinen jedoch mißlang. »Ich habe dir eine Tafel Schokolade mitgebracht.«

      »Mag ich nicht«, gab Sissi pampig zurück, was normalerweise gar nicht ihre Art war. Durch die Geschäftsbeziehungen ihrer Mutter war sie den Umgang mit Fremden gewohnt und sonst überaus höflich.

      Entsprechend schockiert war denn auch Diana.

      »Sissi, so etwas sagt man doch nicht«, ermahnte sie ihre Tochter.

      Mit offenem Blick sah Sissi zu ihrer Mutter auf, deutete dabei aber auf Alex. »Den mag ich nicht.« Sie sagte es nicht aggressiv und auch nicht trotzig. Es war eine schlichte Feststellung, aus der die ganze Aufrichtigkeit des Kindes sprach.

      Diana schluckte schwer. Sie hatte damit gerechnet, daß es Schwierigkeiten geben würde, wenn Sissi erfuhr, daß sie und Alex zu heiraten gedachten. Doch eine so massive Ablehnung unmittelbar nach dem Kennenlernen hatte sie nicht erwartet.

      »Aber, Mäuschen, du kennst Alex doch gar nicht«, wandte

      Diana ein, während sie mit ihrem Töchterchen an der Hand dem jungen Mann voraus ins Wohnzimmer ging.

      »Er hat böse Augen«, urteilte Sissi und rückte dann mit ihrer kindlichen Logik heraus. »Er hat dieselben Augen wie der Kater von Frau Sebaldt, und der hat mich mal gekratzt. Er ist böse. Er kratzt alle Kinder.«

      Alex versuchte die Situation zu retten, indem er zu lachen begann. »Ich bin aber doch kein Kater, Sissi, und ich werde dich auch ganz bestimmt nicht kratzen.«

      Mißtrauisch musterte die Kleine ihn, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß, daß du kein Kater bist, aber böse bist du trotzdem.«

      »Sissi, jetzt reicht’s!« erklärte Diana energisch. »Bitte, benimm dich anständig, sonst mußt du auf dein Zimmer.«

      Sissi preßte die Lippen zusammen und schwieg, doch die Blicke, die sie auf Alex abschoß, sprachen Bände, und er begann sich in Anwesenheit dieses Kindes äußerst unbehaglich zu fühlen.

      Sehr viel früher als beabsichtigt verabschiedete er sich. Diana brachte ihn zur Tür.

      »Es tut mir leid, daß es so gelaufen ist«, entschuldigte sie ihre Tocher. »Noch nie hat sich Sissi einem Gast gegenüber so unmöglich benommen.« Hilflos zuckte sie die Schultern. »Vermutlich spürt sie, daß zwischen uns mehr ist als eine harmlose Bekanntschaft. Wahrscheinlich sieht sie in dir einen Rivalen.«

      Alex nickte, dann wandte er sich zum Gehen, doch nach wenigen Schritten drehte er sich wieder um.

      »Ich verlasse mich darauf, daß du das Richtige tun wirst, Diana«, meinte er, und seine Stimme klang dabei merkwürdig hart. »Du wirst dir hoffentlich nicht von einem Kind diktieren lassen, was du tun und lassen möchtest. Unsere Liebe sollte dir einen Kampf wert sein – notfalls auch gegen deine Tochter. Sissi darf nicht über


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