Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto

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wollten untergehen lassen, weil sie sich in Händen befand, die ihr mindestens schon so viel geschadet als genützt hatten, waren eben auch mit deshalb für eine allgemeine Conferenz, weil nur so etwas Klarheit in die ganze Situation kommen konnte, und sich ja durch einen Austausch der Ansichten zeigen würde, ob die Frauen darum, weil Herr Korn die erste Anregung zu dieser Sache gegeben, verpflichtet wären, dieselbe für alle Zeiten seiner Oberleitung zu überlassen.

      Es waren die Einladungen zur Conferenz sowohl an Männer, die sich für die Frauenfrage interessirten, als auch an Frauen ergangen und so waren denn auch unter Andern die Herren Prof. Eckardt aus Mannheim und Josef Heinrichs aus Lissa mit unter den fremden Damen, welche aus: Altenburg, Berlin, Braunschweig, Dresden, Düsseldorf, Debreczin, Gera, Halle, Jena, Köln, Mannheim, Magdeburg, München, Prag, Quedlinburg, Weimar, Zwenkau u.s.w. gekommen. Die größere Betheiligung fand natürlich von Seite der Leipziger Damen statt.

      Wir lassen hier einen kleinen Bericht aus der Leipziger Mitteld. Volks-Ztg., die, in Leipzig erscheinend, gleich der gesammten Leipziger Presse ihren Berichterstatter bei der Conferenz hatte, folgen:

      »Die erste deutsche Frauen-Conferenz ward am Abend des 15. Octbr. 1865 im Saal der Buchhändlerbörse gleich dadurch unter glücklichen Auspicien eröffnet, daß der Gesangverein des Arbeiterbildungsvereins erschien, um in einem ermuthigenden Gesang die anwesenden Frauen zum Beginn ihres Werkes zu begrüßen. Hierauf eröffnete Frau Louise Otto-Peters (Verf. dieser Schrift) die Versammlung. Sie sprach den zur Conferenz sowohl aus Leipzig als auch aus der Ferne herbeigeeilten Damen den wärmsten Dank aus und sagte dabei unter Anderem: »Sie haben durch Ihr Erscheinen hinreichend bewiesen, daß Sie da kein kleinliches Bedenken kennen, wo es gilt sich an ein größeres Interesse dahinzugeben. Sie bezeugen dadurch, daß Sie nicht allein unserm Rufe, sondern vielmehr noch, wie es ja des Weibes edelste Art ist und immer bleiben soll, dem Rufe Ihres eignen Herzens gefolgt sind. Sie fühlten und erkannten längst gleich uns, daß etwas geschehen müsse, den Wirkungskreis der deutschen Frauen zu erweitern und Sie sahen sich schon längst nach einem Mittel und Wege dazu um. Darum sind Sie jetzt, wo wir es gewagt haben zu einer gemeinsamen Berathung über diese Mittel und Wege aufzufordern, bei uns erschienen und schon durch dies Kommen allein beweisen Sie, daß wir auf Ihren ernsten Willen, Ihre Begeisterung für unsere Sache zählen können. Denn die Bedenklichen, die Begeisterungslosen, die Unentschiedenen, die Vorsichtigen, Alle, die dem beliebten Princip des Abwartens huldigen, jenem Princip, das, wenn es wirklich das herrschende wäre, die Welt zu einem ewigen Stillstand verdammte – diese sind natürlich zu Hause geblieben und werden erst später zu uns kommen – werden kommen, da Sie, verehrte Anwesende, ja gekommen sind. Darum dank' Ihnen, daß Sie ein würdiges Beispiel gegeben haben – Ihr Kommen ist eine muthige That; denn es ist der erste Schritt zu unserem Ziele! – Dank auch den Männern, die nicht, wie so viele, nur den Fortschritt der einen Hälfte des menschlichen Geschlechtes, sondern die den Fortschritt der ganzen Menschheit wollen und darum auch die Frauen nicht ausschließen von der gleichen Bahn. Dank besonders auch den Mitgliedern des Arbeiterbildungsvereins, die unserm Wirken schon so oft ihre Theilnahme bezeigten. Wie die Arbeiter überhaupt die Stütze der Nationen sind, so erfüllt es uns mit gerechtem Stolze, gemeinsam mit ihnen zu wirken.« Mit dem Dichterworte:

      Nur die Begeisterung allein hat Werth,

      Die niemals weicht – nur reiner sich verklärt!

      erklärte die Rednerin die Frauenconferenz für eröffnet.

      Frl. Auguste Schmidt, Lehrerin in Leipzig, entwickelte in längerer Rede die natürliche Berechtigung der Frauen, sich aus der bisherigen Unterordnung zu der ihnen gebührenden der Gleichberechtigung neben dem Manne emporzuheben. In der Frau lebe ein Zug nach dem Ewigen und als Erzieherin ihrer Kinder arbeite sie für die Ewigkeit. Aber die Reformation der Frauenstellung liege auch zumeist in der Hand der Frauen selbst und mehr als ein etwaiger Widerstand des männlichen Egoismus sei die Theilnahmlosigkeit derjenigen Frauen zu fürchten, die in den beschränkten Lebensverhältnissen, in der ewigen Kindheit und Unterordnung sich glücklich und befriedigt fühlten. Weniger als im Nichtwollen liege die Gefahr im Nichterkennen. Das Haus bleibe immer ihre nächste und schönste Wirkungsstätte, aber wolle sie sich auch hier begnügen, nur Handlangerdienste zu thun und zufrieden zu sein, wenn nur ein Stein nothdürftig auf den andern paßte, so werde sie das Geistesleben des Gatten nie verstehen lernen – und das sei leider in Deutschland mehr als bei andern Nationen der Fall. Nicht nur um Wissenschaft handle es sich hier, deren Cultus ja immer nur Einzelnen zufalle, sondern um richtiges Urtheil in allen Verhältnissen. Das aus Mangel an Urtheil und Verständniß unterlassene Gute bilde eine große Summe. Das Leben in Zusammenhang bringen mit der Welt des Hauses, das sei der rechte Weg für die Frau. Geistesbildung sei ein unentbehrliches Glied der harmonischen Gestaltung im Frauenleben, die Welt des Gemüths und Gefühls sei nicht allein ohne die Welt des Verstandes im Stande ein dauerndes Glück in harmonischer Gleichberechtigung zu schaffen. Aber auch diejenigen, welche nicht das Glück gefunden, Gattinnen und Mütter zu werden, können von der Welt das Recht der Arbeit fordern, weil sie Menschen sind, die nicht vegetiren, sondern arbeiten. Dies Recht der Frauen von Seiten der Männer zu bekämpfen, sei weder edel noch klug. Durch den Müssiggang entstehe die Verderbniß, aber über die verschwindende Jugend hinaus bleibe den zur Selbstständigkeit Erstarkten die wahre sittliche Kraft, welche das mit Bewußtsein und freiem Willen schafft, was sonst nur die angelernte Gewohnheit that. Bewußtes Handeln, das ist was vor Allem fehlt: über das specifisch Weibliche wird das Menschliche vergessen. – Einen neuen Lebensodem wird die Wiedergeburt der Frau in die Schöpfung bringen; Menschen werden wollen die Frauen und theilnehmen am Kranz der Arbeit und des Sieges. Dann wird Alles besser werden und auch die bestehenden Fehler, wie Eitelkeit, Luxus u.s.w., werden sich harmonisch ausgleichen – wenn die Frau erst berechtigt wird, sie erkennen zu lernen. Zum Dienst der Liebe für die ganze und große Frauenwelt sei die Frauenconferenz berufen, nur nach schwerem Kampfe mit der Zaghaftigkeit trete sie zum öffentlichen Wirken, in dem nur das innere Bewußtsein der guten Sache sie nicht wanken lasse. Irren auf dem betretenen Wege sei wahrscheinlich, aber auch die Früchte gemeinsamen Wirkens würden nicht ausbleiben. Nur muthig und unverzagt ausgeharrt, dann werde der hohe Geist, der auch das Weib mit der Sehnsucht zu nützen, geschaffen habe, ihm auch beistehen zum Siege!« – Hierauf wies Herr Hpt. Korn in einem Vortrage nach, wie die Macht der Verhältnisse zur Reformation der Zustände triebe. Vor der politischen Frage stehe die Brotfrage in der Frauenreformation (die Ehe hatte er als eine »Futterfrage« der Frau bezeichnet). Eine Industrieausstellung für die Arbeiterinnen Deutschlands, freies Arbeitsfeld für die den Frauen zugänglichen Beschäftigungen und eine Unterstützungsanstalt für Bedrängte schlägt er als erste Zwecke der Frauenbestrebungen vor. Nach einigen sachlichen Vorstandsbemerkungen ward die Vorversammlung geschlossen.

      In der ersten Sitzung der Frauenconferenz, 16. Octb. Morgens im Schützenhaus wurde Frau Otto-Peters zur Präsidentin, Frau Schönwasser aus Düsseldorf zur Vicepräsidentin gewählt. Außerdem befanden sich noch Frl. Hirsch (I. Heynrichs) aus Berlin, Frau Grans aus Weimar und Frau Dux-Uhlich am Vorstandstisch. Herr Hpt. Korn bringt die von ihm verfaßten Vorlagen zum Statut des Deutschen Frauen-Vereins zum Vortrag, zu deren Redaction ein Comité, bestehend aus den Damen Otto-Peters, Schönwasser, Winter aus Leipzig und Grans und den Herren Prof. Eckardt, I. Heinrichs und Hpt. Korn gewählt wird. – Die nun beginnenden Verhandlungen boten eine Menge interessanten Stoffes und gelangten in musterhafter Ordnung zu dem einstimmigen Ziel einer bestimmten Resolution über die nächsten und nothwendigsten Zwecke des zu bildenden allgemeinen Frauen-Vereins. Wir wollen nur kurz die Gegenstände der reichen und ziemlich schnell verfließenden Tagesordnung berühren. Herr Hpt. Korn sprach über »Frauenarbeit,« für welche er eine Industrieausstellung fordert, über Jugendgärten, Mädchenherbergen u s. w. Die Versammlung nahm dabei folgenden von Prof. Eckardt gestellten Antrag an:

      »Die erste deutsche Frauenconferenz erklärt die Arbeit, welche die Grundlage der ganzen neuen Gesellschaft sein soll, für eine Pflicht und Ehre des weiblichen Geschlechts, sie nimmt dagegen das Recht der Arbeit in Anspruch und hält es für nothwendig, daß alle der weiblichen Arbeit im Wege stehenden Hindernisse entfernt werden.«

      Frau Korn referirte über Industrieschulen, um Mädchen für geeignete Gewerbe vorzubereiten. In der folgenden Debatte wird daneben auch die Association zu Gewerben empfohlen und beides für ausführbar und wünschenswerth erklärt. Eine


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