Seit ich dich kenne .... Jascha Alena Nell
Miene war unergründlich, sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah ganz und gar nicht begeistert aus, nun bei mir abgesetzt zu werden. Ich konnte es ihr nicht verübeln, auch ich war nicht übermäßig erfreut. Nicht, weil ich plötzlich was gegen sie hatte, ganz im Gegenteil. Es war eher die Tatsache, dass Sophia mich nach wie vor mit diesem bestimmten Blick ansah, errötete, wenn ich mich ihr zuwandte, und Edda gegenüber eifersüchtig reagiert hatte, die mich beunruhigte. Ich war mir ziemlich sicher, dass Sophia noch immer Gefühle für mich hatte. Dass sie nach wie vor in mich verliebt war, obwohl sie nun mit Lukas zusammen war. Und dieser war mein Freund. Ich wollte nicht, dass er erfuhr, dass seine Freundin eigentlich total in mich verknallt war. Ich wollte keinen unnötigen Stress. Zwischen Sophia und mir würde nie etwas passieren. So ein Schwein war ich nicht. Von Freundinnen oder Exfreundinnen meiner Kumpel ließ ich die Finger. Das gebührte der Anstand. Bruder vor Luder. Uralter Ehrenkodex unter Männern.
„Ja, klar, ich pass auf sie auf“, entgegnete ich, obwohl mein Gefühl mir sagte, dass das keine gute Idee war, und lächelte Luke beruhigend zu.
„Danke, Mann.“ Lukas zog Sophia für einen kurzen Abschiedskuss an sich, dann verschwand er in Richtung Toiletten. Dahin schien es momentan überhaupt alle zu ziehen.
Ich reckte den Hals in der Hoffnung, Amanda und Edda zurückkehren zu sehen und der unangenehmen Situation zu entfliehen. Doch ich konnte nach wie vor keine Spur der beiden entdecken. Mist!
Sophia stand mit gesenktem Kopf da und scharrte mit der Schuhspitze auf dem Boden herum.
„Na?“, fragte ich und bemühte mich um einen zwanglosen Tonfall. „Wie geht’s? Im Laden und so?“
„Ganz gut“, erzählte Sophia ihren Schuhen in gleichgültigem Tonfall, „also, ich hör bald auf. Ich bin jetzt fertig mit der Schule und fang im September zu studieren an.“
Wow, so schnell ging die Zeit rum. Die kleine Sophia war fertig mit der Schule.
„Cool“, meinte ich vorsichtig, „was studierst du denn? Und wo?“
Sie kratzte sich am Kinn. „Lehramt“, sagte sie ausdruckslos. „Ich will Grundschullehrerin werden. Ich hab einen Studienplatz an der Uni in Regensburg bekommen, deshalb ziehen wir im August dahin.“
„Wir?“, hakte ich erstaunt nach.
„Ja. Luke kommt mit“, sagte Sophia, hob den Kopf und sah mir fest in die Augen. „Wir haben uns schon eine Wohnung gesucht. Die Miete ist nicht allzu teuer, ich hab einiges gespart, Luke auch. Er hat eine Stelle als Schlosser in Aussicht und zusammen mit meinem BAföG und einem Nebenjob sollte das eigentlich hinhauen.“
„Wow.“ Ich war wirklich verblüfft. Darüber, dass er nach Regensburg ziehen würde, hatte Lukas bisher kein Wort verloren. „Ist ja super. Lukes Mutter wird völlig aus dem Häuschen sein“, meinte ich, „ihr Sohn kriegt endlich mal den Arsch hoch, zieht in eine andere Stadt, hat einen gut bezahlten Job und eine bezaubernde Freundin.“
Okay, Letzteres hätte ich mir verkneifen können. Sophia errötete sofort bis zu den Haarwurzeln und schaute rasch weg. Ihr Blick schweifte über meiner linken Schulter in weite Ferne.
„Sie war auch zuvor schon stolz auf ihn“, merkte sie steif an. „Luke ist ein toller Junge.“
„Ja, ist er“, stimmte ich ihr zu und griff diesen Punkt dankbar auf. „Du kannst froh sein, ihn zu haben.“
Um ihren Mund zuckte es. „Weiß ich. Bin ich auch.“ Nun sah sie mich wieder an, reckte das Kinn vor. In ihren Augen lag ein kämpferisches Funkeln und sie verkündete fast bockig: „Ich will auch keinen anderen.“ Okay, das war eine klare Ansage.
„Gut“, erwiderte ich.
„Ja. Gut“, fauchte sie pampig. Wir schwiegen minutenlang, ehe sie sich räusperte und fragte: „Und wie sieht’s mit dir aus? Bist du ... mit jemandem zusammen? Mit Edda?“
Oh Mann, jetzt ging das also los. Wie gut, dass sie keinen anderen als Luke wollte.
„Nö, ich bin nach wie vor Single“, gab ich zu und rieb mir den Nacken. „Ich hab hin und wieder was mit ’nem Mädchen, aber das ist nichts Ernstes. Ich will mich nicht festlegen, weißt du.“ Ich hoffte, sie hatte es kapiert.
„Weiß Edda das auch?“, fragte sie dennoch nach.
Am liebsten hätte ich die Augen verdreht. „Ja, das weiß sie. Sie will außerdem nichts von mir. Wir sind nur Freunde.“
„Nur Freunde“, wiederholte Sophia ungläubig.
„Richtig“, sagte ich bekräftigend und kam mir vor wie ein Idiot, „alles rein platonisch.“
„Was ist rein platonisch?“ Marvin und Laura tauchten Arm in Arm neben uns auf und gesellten sich ungefragt und zu meiner Erleichterung zu unserer fröhlichen kleinen Runde. Selten hatte ich mich so gefreut, Laura zu sehen.
„Die Freundschaft zwischen Edda und mir“, erklärte ich den beiden.
Laura hob vielsagend eine Braue, Marvin grinste. „Bist du dir da sicher? Ihr habt vorhin ziemlich eng umschlungen zusammen getanzt, hm? Ich war mir sicher, dass da gleich ein Kuss folgt.“ Ich warf Sophia einen raschen Blick zu. Sie inspizierte mal wieder den Boden.
„Und ich war mir ziemlich sicher, dass Ed clever genug ist, dich nicht zu küssen“, verkündete Laura fröhlich. „Sie weiß wohl, dass du dich als Frosch entpuppen würdest, hm?“ Ihr neckischer Tonfall täuschte nicht darüber hinweg, dass sie mich nach wie vor für einen Frauenhelden hielt und mich nicht ausstehen konnte. Aber es war ihr Hochzeitstag, da wollte ich mal nicht so sein. Deshalb stimmte ich ihr freundlich lächelnd zu.
„Wo steckt Edda überhaupt?“, fragte Marvin und sah sich suchend um.
„Toilette“, antwortete ich.
„Und Luke?“
„Toilette“, murmelte Sophia.
Marvin schüttelte lachend den Kopf. „Es ist leichter, einen Sack Flöhe zu hüten, als euch mal alle auf einem Haufen zu erwischen“, meinte er gut gelaunt und sah mich anklagend an. „Dich hab ich heut auch noch nicht allzu oft zu Gesicht bekommen, Kumpel.“
„Tja, du bist der Bräutigam“, meinte ich achselzuckend. „Du hast zu tun.“
„Na ja, mit dem Fotografen hast du mehr geredet als mit deinem angeblich besten Freund“, meinte Laura herausfordernd.
Marvin bedachte sie mit einem ärgerlichen Blick. „Lass das, Laura.“
„Was denn?“, fragte sie unschuldig. „Ich sag ja gar nichts. Ist schon okay, wenn er seine Berühmtheit auf unsere Kosten ausleben will. Auf unserer Hochzeit!“Meine Güte, was war das nur für eine humorlose Zicke.
„Ich hab nur kurz mit Nico geredet. Über ein Fotoprojekt, das er in Angriff nehmen will“, flunkerte ich. „Er will mich als Model dabeihaben.“
„Natürlich will er das.“ Laura klimperte übertrieben mit den Wimpern. „Und er kann dich natürlich nicht auf normalem Wege buchen, nein, er schmeißt sich auf unserer Hochzeit an dich ran. Und du bist begeistert und stolzierst rum wie der prächtigste Hahn im Stall.“
Allmählich ging sie mir auf den Senkel. Blödes Weib!
„Also, ehrlich gesagt ...“, setzte ich an, doch unerwartet bekam ich Hilfe von Sophia.
„Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Chris“, unterbrach sie mich bestimmt und funkelte Laura wütend an. „Lass ihn doch einfach in Ruhe. Genieße lieber deine Hochzeit, anstatt hier auf Chris rumzuhacken. Er hat dir schließlich nichts getan.“
„Ich finde auch, dass du es gut sein lassen solltest, Schatz“, meinte Marvin bestimmt und schenkte mir einen entschuldigenden Blick.
Laura überging ihn einfach und richtete ihre