Filthy Smells Of Death. Stephan Schöneberg

Filthy Smells Of Death - Stephan Schöneberg


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Kandinsky-Bild als Farbtupfer. Aber … die können nicht echt sein, dann wären sie unbezahlbar. Sie sind wahrscheinlich aufwendig nachgemalt. In die Decke sind Strahler eingelassen. Der ganze Raum ist unverschämt riesig und sicherlich an die 100 Quadratmeter groß. So sieht also ein persönliches Arbeitszimmer aus. Er bittet mich zu seiner großen Couch im 'Westflügel' des Arbeitszimmers und setzt sich auf die andere Seite der viel zu großen Garnitur. Meinen Rucksack 'parke' ich erst einmal auf dem ebenfalls viel zu großen Couchtisch. Im Stehen mache ich mich auf die Suche …

      „Nun, Miss Wood, erinnern sie sich noch an das letzte Interview?“

      Als ob ich das vergessen hätte …

      Ich schaue ihn mit einem halb bösen Blick an.

      „Ich sehe schon! Aber natürlich nicht Wort für Wort, befürchte ich.“

      ACH? WESWEGEN BIN ICH DENN SONST HIER, SMARTASS?

      „Deswegen sehen wir uns ja auch schon so bald wieder“, fügt er noch an.

      GENAU!

      „Das wiederum freut mich sehr!“

      Ach guck, er kann ja doch freundlich sein, wenn er nur will!

      Ich krame weiterhin nervös in meinem Stanley-Rucksack herum. Ich suche mein Diktiergerät. Nicht dass mir jetzt irgendein Kabelbinder, oder, noch schlimmer, das Messer oder der Zimmermannshammer heraus fällt. Die Kramerei dauert natürlich viel zu lange und gibt ihm Zeit eine Frage in meine Richtung abzufeuern: „Was machen sie eigentlich beruflich, Miss Wood?“

      „Ich helfe in einem Baumarkt aus, um mein zweites Studium zu finanzieren“, antworte ich nervös und ohne aufzublicken. Verdammt, wo ist das denn?

      „Ihr zweites Studium?“, fragt er sichtlich interessiert.

      Während ich die nächste große Tasche durchsuche, antworte ich halb abwesend: „Examinierte Biologin war mir noch nicht genug!“

      Mann! Dieser Rucksack hat aber auch viele kleine Taschen.

      „Biologie, soso, interessant …“, fabuliert er amüsiert vor sich hin und kratzt sich mit dem linken Zeigefinger lässig an der Nase indem er den Ellbogen auf dem rechten Unterarm abstützt, den er um seine Brust geschlungen hat. Zudem legt er den Kopf leicht schief und lächelt vor sich hin.

      Er scheint Gefallen darin zu finden, dass ich zunehmend unentspannter werde.

      „Und jetzt? Psychologie? Was haben sie vor? Möchten sie das Gefühlsleben von Viren und Bazillen erforschen?“, fragt er immer noch belustigt.

      Ich kann gerade nicht lachen, aber immerhin, für ein Lächeln hat es gereicht.

      Ja gut, so schlecht war der Witz ja auch nicht … Er kann ja nicht wissen, dass ich Kate aushelfe, die das Interview zusätzlich für ihr Studium angefragt hat. Sie studiert nämlich zusätzlich Philosophie und benötigt es für eine Semesterarbeit. Sie ist immer noch ein wenig kränklich, mittelschwere Sommergrippe.

      Ha! Endlich. Triumphierend halte ich das Diktiergerät hoch und blicke zu ihm herüber. Er sitzt lässig auf seinem riesigen grauen Ledersofa. Sein Kinn ruht nun komplett auf seiner linken Hand, mit dem Zeigefinger fährt er über seine obere Lippe. Er lächelt immer noch um seine Mundwinkel, ich lächle ebenfalls. Was will ein einzelner Mann, egal wie sexy er auch ist, eigentlich mit einer so riesigen Couch?

      „Es ist von Rolf Benz - EGO - Serie. Eine Sonderanfertigung.“

      Er muss gesehen haben, dass ich das Sofa gemustert habe.

      ANNA, PASS AUF - ER BEOBACHTET DICH SEHR GENAU.

      EGO, das passt zu ihm.

      „Es ist normaler gehobener Standard und sehr bequem, setzen sie sich doch“, lädt er mich ein, endlich Platz zu nehmen.

      Ich stehe wirklich noch. Das kann man ändern! Ich nehme den Rucksack vom Tisch, platziere ihn neben dem Sofa und setze mich ihm gegenüber auf die andere Seite der U-förmigen Couch. Das graue Leder fühlt sich kühl auf meinen Beinen an. Vielleicht hätte ich doch einen längeren Rock auswählen sollen?

      „Bevor sie fragen: Das Leder ist echt, es wird in dieser Farbe sehr häufig irrtümlich für ein Kunstimitat mit einem sehr unflätlichem Namen gehalten.

      „Froschfotzenleder“, spreche ich das aus, was er wohl im Sinn hatte.

      Er lacht kurz auf: „Nun, jetzt ist es raus!“, bestätigt er meine Vermutung. „Der Tisch ist auch von Rolf Benz, ein Standard-971er“, ergänzt er nüchtern, „Keine Sorge, der kann was ab, und wenn nicht, ist das auch nicht so schlimm, er ist nicht so teuer.“

      Ich schaue ihn fragend an. Was hat er denn jetzt genau gemeint? Ah, ja der Rucksack, den ich eben einfach so drauf gestellt habe! „Etwas über 3000 Dollar, so wie er vor ihnen steht.“

      Ich schließe kurz die Augen und hole deutlich Luft.

      „Die Kandinskys sind natürlich keine Originale, sie sind von einem örtlichen Künstler nachgemalt.“

      „SIE sehen toll aus!“, bestätige ich.

      Er hält kurz in seiner Erklärung inne und ergänzt dann sanft: „Deswegen habe ich sie aufhängen lassen.“

      ER HAT EINE SEHR SCHÖNE STIMME, DAS IST MIR LETZTENS GAR NICHT SO AUFGEFALLEN. Oh je, mein Unterbewusstsein ist auch eingeschüchtert. Ob er die Doppeldeutigkeit meiner Feststellung bemerkt hat?

      Unsere Blicke kreuzen sich kurz. Dabei halten wir beide kurz inne, als sich unsere Augenpaare treffen. Ich nehme noch zusätzlich meine Frageliste aus dem Rucksack. Hierzu muss ich mich ein wenig strecken und meine Bluse rutscht ein wenig hoch. Er grinst erneut und streicht sich noch einmal mit dem Zeigefinger über die Oberlippe. Ich richte sie unbeholfen und schüttele ein wenig die Schulter. BRUST RAUS, ANNA! Bauch rein ist nicht nötig, der ist straff und fest.

      „Können wir?“, frage ich forsch.

      „Bereit, wenn sie es sind, Miss Wood“, antwortet er immer noch leicht lächelnd. Was auch immer so amüsant an mir ist?

      „Das Interview erscheint immer noch in der Studentenzeitung, nehme ich an?“, fragt er halb desinteressiert.

      „Aber natürlich“, antworte ich.

      Ich schalte das Aufnahmegerät ein.

      „Ich freue mich, heute einen der interessantesten Persönlichkeiten dieses Landes zu interviewen, Mister Dorian Gray.“

      Ja, sein Name ist schon lustig, er wird genauso geschrieben wie die Romanfigur von Oscar Wilde.

      „Guten Abend Mister Wilde, ähm … Mister Gray. Ich freue mich, dass es doch noch mit uns geklappt hat“, fahre ich fort.

      „Guten Abend Miss Wood“, antwortet er höflich-sachlich und geht nicht weiter auf meinen Versprecher ein.

      Ich bin ihm dankbar, dass er nicht auch noch mal näher auf unser Missgeschick mit dem gewaschenem und getrocknetem ersten Diktiergerät eingeht.

      „Nun, ich habe so einige Fragen an sie, deren Antworten unsere Leser sicherlich brennend interessieren werden.“

      „Na, dann feuern sie mal ihre Fragen ab“, antwortet er leicht, aber wirklich nur leicht, gelangweilt.

      Wie alt er wohl ist?

      „Für die Leitung einer solchen Firma kommen sie eigentlich viel zu seriös und zu sachlich daher. Zudem ist ihr Alter nach wie vor ein Geheimnis. Trotzdem ist ihr Hauptunternehmen 'Route69' wohl das erfolgreichste weltweit in seiner Branche. Woher kommt dieser Erfolg eigentlich?“

      Er hebt leicht die rechte Augenbraue und lächelt. Er wirkt dabei ein wenig müde. Ich kann nicht sagen, ob er gelangweilt oder ein wenig enttäuscht antwortet:

      „Es ist vor allem eine Frage der Qualität. Trotz allem Spaß und der - zugegebenermaßen - Schlüpfrigkeit der Artikel, wenn sie mir diese Anmerkung gestatten möchten, ist es nur ein Unternehmen. Dieses Unternehmen möchte


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