DREI-HUNDERT-MEILEN TIGER Aufzeichnungen von LIN-CHI. Sokei-an Shigetsu Sasaki
um sein eigenes Verständnis zu verkünden. Dann wird er gehen und nicht mehr zurückkommen. Gemäß Lin-chi ist keiner dieser Bodhisattvas wirklich frei. Der wahrhaft Erleuchtete ist einfach er selbst – weder Buddha noch gleich wie Buddha.
Lin-chi verwendet eine giftige Zunge, um jene zu kritisieren, die mit dem hypothetischen Buddhismus zufrieden sind.
„Ein Arhat und ein Pratyeka-Buddha sind der Dreck in der Kanalisation. Weisheit und Nirvana sind Pfosten, um Maultiere und Esel anzubinden.“ Der Arhat hat die Vernichtung von Leid und der Ursachen des Leids erreicht. Er hat das Wünschen vernichtet, aber nicht Aberglaube; deshalb ist seine Verwirklichung noch keine abgeschlossene Vernichtung. Der Pratyeka-Buddha hat sich selbst erleuchtet, aber er ist wie die trockenen Blätter des Herbstes. Er hat die zwölf Stadien von Ursache und Wirkung durchlaufen, hat die Wahrheit des Universums erfahren, lebt allein und versteht, aber er kann nicht lehren.
Für Lin-chi sind Bodhi, Erkenntnis, das Ziel von Nirvana, die mit dem großen Wissen und der Theorie des Buddhismus erreicht werden, sowie das System, das durch Buddha aufgebaut wurde, alle wie Pfosten um Maultiere und Esel anzubinden. Ihr könnt euch nicht entwickeln, solange ihr an irgendeine hypothetische Art des Buddhismus gebunden seid.
„Warum? Es ist so, Brüder, weil ihr über unzählige Kalpas die vollständige Vernichtung nicht erreicht habt, durch eure Hindernisse.“ Kalpa bedeutet endlose Zeit. Lin-chi ist der Ansicht, dass wenn ihr vollständige Vernichtung erreicht habt, entspricht ein Moment einer Million Jahre. Ihr müsst dies realisieren oder die Definition des Systems und die Theorie des Buddhismus bleibt in eurem Gehirn und ihr seid niemals frei. Ihr müsst dies durch alle Kalpas erreichen. Sogar „Eins-Sein“ existiert in dieser vollständigen Vernichtung nicht.
Dies sind die Hindernisse, warum ihr vollständige Vernichtung noch nicht erreicht habt. Wenn ihr jedoch eure Vernunft in diesem Augenblick vernichtet, befreit ihr euch selbst. Wenn man eine Handvoll Unkraut schneidet, schneidet man alle Unkräuter. Wenn ihr euren menschlichen Geist (eure Vernunft) abschneidet, dann ist das das Ende aller Verbindungen mit dieser Täuschung. Dann habt ihr euch von allem Leid und der Dunkelheit befreit und habt das Meer von Nirvana erreicht. Wenn ihr eine Täuschung abschneidet, so könnt ihr alle mit dem Schwert Manjushri’s, dem Bodhisattva der ursprünglichen Weisheit, abschneiden. Schneidet menschliches Karma ab – ich hasse, ich fühle mich wohl, und so weiter. Das gleiche gilt für samskara, dem Unterbewusstsein, auch dies könnt ihr mit dem Schwert von Manjushri abschneiden, das ihr ursprünglich habt.
„Wenn ihr ein echter Buddhist seid, so seid ihr nicht wie Sie. Ihr sühnt vergangenes Karma durch euer tägliches Tun. Ihr tragt, was immer euch gefällt. Ihr geht oder sitzt, wie ihr wollt. Ihr sucht keine der Verwirklichungen des Buddhas, auch nicht für einen Augenblick. Warum? Die Alten sagten: ‚Wenn ihr versucht Buddha zu sehen und dabei Zuflucht zu einem Hilfsmittel nehmt, so wird Buddha die Ursache von Geburt und Tod.‘
„Gute Brüder, ihr müsst jeden Moment des Lebens schätzen. Doch ihr rennt herum und studiert Zen, prägt euch Begriffe und Sätze ein, sucht einen Lehrer und sucht ruhelos von Haus zu Haus nach Buddha und den Patriarchen.
SOKEI-AN SAGT:
Letztes Mal sagte Lin-chi, dass ihr nicht die Freiheit des Geistes habt, weil ihr eure Vernunft nicht vernichtet habt. Ein chinesischer Roshi sagte nach dieser Kritik von Lin-chi: Du kannst nicht Pilze auf Bambusblättern züchten; sie benötigen Erde. Ein Pilz, der auf Bambusblättern wächst, vertrocknet an einem heißen Tag. Wächst er auf der Erde, wird er lange Zeit überleben. Wenn der eigene Geist nicht aus dem wirklichen Boden des Lebens wächst, verschwindet ES sehr schnell. Einmal in eurem Leben müsst ihr die sich anhäufenden Blätter wegschafften, das Dickicht der Bambusblätter in eurem Geist und den wahren Grund eures Geistes sehen. Wenn ihr das Koan der Kristall-Glocke und „wo ist Mahakashyapa jetzt?“ beantworten könnt, so seht ihr wirklich den Boden der Seele. Wenn ihr echte Vernichtung erreicht, wisst ihr es. Andernfalls seid ihr wie ein Pilz auf einem trockenen Blatt.
Wenn ihr nicht den wirklichen Boden eures Geistes erreicht, könnt ihr nicht das Gesetz des Universums erkennen, das in eurem Geist geschrieben steht. Lin-chi sagt uns, dass wir unsere blinden Instinkte in Erleuchtung wandeln müssen. Wenn die Wende auf dem Grund unseres Geistes geschieht, erkennen wir, dass unsere blinden Instinkte Weisheit sind, die uns ruft.
„Wenn ihr ein echter Buddhist seid, so seid ihr nicht wie Sie.“ Es gab eine buddhistische Gemeinde an der pazifischen Küste – nicht die von San Francisco – wo die Jugendlichen diskutiert hatten und zu dem Entschluss kamen, dass sie, um tiefer in den Buddhismus einzudringen, alle Bücher, die es von ausländischen Gelehrten in Englisch gab, lesen sollten. Sie gehörten zur „Schule des Reinen Landes.“ Der Gründer der „Reinen Land Schule“ sagte, um ein wahrer Buddhist zu werden ist nichts anderes zu tun, als nur Buddhas Namen mit seinem Herzen zu rufen, das macht einen zum wahren Buddhisten. Dies ist eine vereinfachte Form des Buddhismus. Sie kann in jeden Geist eindringen. In jedem Augenblick des Tages, was auch immer ihr tut, oder denkt: Ihr ruft den Namen von Amida Buddha. Aber der Lehrer der Reinen Land Schule an der Pazifischen Küste lehrte dies nicht. Stattdessen sagte er: „Lest Bücher.“ Lin-chi würde dem nicht zustimmen!
„Ihr sühnt vergangenes Karma durch euer tägliches Tun. Ihr tragt, was immer euch gefällt. Ihr geht oder sitzt, wie ihr wollt. Ihr sucht keine der Verwirklichungen des Buddhas, auch nicht für einen Augenblick.“ Nehmt einen Drink, verwöhnt euch selbst und am Mittag, ein Mittagessen; am Abend das Abendessen. Vergangenes Karma sühnen? Ja. Nicht die Vergangenheit ausblenden, oder neues Karma erzeugen. Ihr müsst das Karma in wahre Weisheit umwandeln, die Meinung in euch, die das Ergebnis eures vergangenen Lebens ist.
„Warum? Die Alten sagten: ‚Wenn ihr versucht Buddha zu sehen und dabei Zuflucht zu einem Hilfsmittel nehmt, so wird Buddha die Ursache von Geburt und Tod.“ Der Fuchs schläft nie in seinem Loch, sondern immer draußen. Wenn der Wind aus dem Norden weht, wird er auf der Nordseite schlafen; wenn aus dem Süden, dann wird er auf dieser Seite schlafen. Wenn sich also jemand dem Loch nähert, bekommt der Fuchs den Duft und geht in das Loch. Er schläft nie dort, denn ein Feuer könnte kommen, und das Gras in der Höhle anzünden. Niemand hat dem Fuchs etwas darüber gesagt. Er hat dieses Wissen ganz natürlich. Aber der arme Fuchs kennt nicht den unwirklichen Verstand, sodass er von einem Jäger gefangen werden könnte, der seine instinktiven Verhaltensweisen kennt.
Wir Menschen sind fast vollständig in unserem instinktiven Geist. Was wir auch tun, wir sühnen vergangenes Karma – Leidenschaft, Ärger, und Unwissenheit. Mit wahrer, innerer Weisheit wandeln wir diese in Tugenden. Eigensinnigkeit wandelt sich in Willenskraft; Ärger verwandelt sich in Meditation; Unwissenheit wandelt sich in Weisheit. Nach der Erfassung aller Informationen und Kenntnisse müsst ihr zum wahren Grund eures Geistes zurückkommen. Was einmal Unwissenheit genannt wurde, ist jetzt innere Weisheit. Totale Unwissenheit ist Nirvana!
Nach der buddhistischen Theorie wandeln sich unsere acht Bewusstseinsebenen in vier große Weisheiten. Das alayavijnana, die achte Bewusstseinsebene oder das Mutter-Bewusstsein wandelt sich in die „spiegelartige Weisheit.“ Die siebte Bewusstseinsebene, manovijnana, wird „erkennende Weisheit.“ Das sechste Bewusstsein, dies vorhandene Bewusstsein, wird „beobachtende Weisheit.“ Das fünfte Bewusstsein, einschließlich der fünf Sinne, wird „ausführende Weisheit.“
Das spiegelgleiche Bewusstsein widerspiegelt; aber nichts als der Spiegel ist dort. Es gibt keine Reflexion in ihm, aber es existiert – ein schwarzer Ochse im Stockdunkeln schlafend. Wenn ihr den Schrei einer Krähe hört, die nicht krächzt, ihr euren Vater vor eurer Geburt sehen könnt, den Vater, den ihr nicht treffen könnt. Der Spiegel ist hier, aber er denkt nicht nach. Es ist akasha, der aus dem Himmel gemachte Spiegel, nicht-manifestiertes Bewusstsein.
Urteilslose Weisheit ist „ausgleichende Weisheit" oder „deckungsgleiche Weisheit“ – zwei klare Spiegel, die sich gegenseitig spiegeln mit nichts dazwischen – euer Spiegel und mein Spiegel reflektieren einander wie Himmel und Ozean einander spiegeln. Ein indischer Weiser besuchte einen buddhistischen