DREI-HUNDERT-MEILEN TIGER Aufzeichnungen von LIN-CHI. Sokei-an Shigetsu Sasaki
Pulsschlag eurer Seele nichts wahrnimmt, ist der Sambhogakaya Buddha in eurem Schrein. Das Licht, das in einem einzelnen Pulsschlag der Seele nichts unterscheidet, ist der Nirmanakaya Buddha in eurem Schrein. Dieser dreieinige Körper ist nichts Anderes als der hier Anwesende, der meiner Predigt zuhört. So wird es offenbart werden, wenn ihr aufhört in der äußeren Welt zu suchen.
Gemäß den anerkannten Lehrern der Sutras und Shastras ist der dreieinige Körper das grundlegende Prinzip. Aber nach meiner Ansicht ist dies nicht der Fall. Der dreieinige Körper ist nur ein Name und die drei Körper, die mit diesem Namen gekennzeichnet werden, sind nur ein Konzept. Die Alten sagten: „Diese Körper bestehen theoretisch. Ihr Bereich existiert als eine natürliche Folge der Körper selbst.“ Die wesentlichen Körper und der wesentliche Bereich des Buddha sind jetzt offensichtlich. Sie sind das Licht und der Schatten des eigenen Geistes.
Gute Brüder, ihr müsst denjenigen erkennen, der sie bewegt! Er ist die Quelle aller Buddhas. Der Ort, an dem ihr jetzt seid, ist die Heimat, zu der ihr euch zurücksehnt.“
SOKEI-AN SAGT:
Dies ist ein sehr wichtiger Abschnitt. Lin-chi spricht über den dreieinigen Körper Buddhas, die buddhistische Theorie der Trikaya: Dharmakaya, Sambhogakaya, und Nirmanakaya. Zen Roshi Lin-chi, kritisiert jedoch diese Theorie. Er sagt uns, dass die drei Körper nicht im Himmel oder irgendwo weit weg existieren. Der dreieinige Körper des Buddha ist unser eigener Körper. Jeder ist ein Buddha, jeder hat Buddha-Natur, ob wir es wissen oder nicht.
„Das reine Licht, das in jedem einzelnen Pulsschlag eurer Seele wohnt, ist der Dharmakaya Buddha in eurem Schrein.“ Das reine Licht von dem Lin-chi spricht, hat zwei Bedeutungen: das Licht des Nirvana und das Licht der reinen Weisheit. Reine Weisheit ist komplette Vernichtung. Zu dieser nirvanischen Weisheit – wenn ich diesen Satz neu erfinden darf – muss man alle Begriffe vernichten, all dies Geistes-Zeug. Um reine Weisheit zu erlangen, muss man zuerst reines Nirvana erreichen.
Dharmakaya Buddha manifestiert nicht seine eigene Existenz, sondern existiert als Essenz. Sein Licht nimmt nichts wahr. Eure Zunge schmeckt und eure Augen sehen, aber sie sagen nicht: „Ich wünsche etwas zu schmecken und ich will sehen.“ Dieser Buddha ist die innere Welt der arupadhatu, die nur-scheinbare oder formlose Welt des Dharmakaya; es [DJW: Das Absolute] ist der Kenner des Universums.
„Das Licht, das in einem einzelnen Pulsschlag eurer Seele nichts wahrnimmt, ist der Sambhogakaya Buddha in eurem Schrein.“ Sambhogakaya Buddha ist der „antwortende“ oder „Genuss“ Buddha und hat zwei Funktionen: Wahrnehmung des Innen und Wahrnehmung des Außen. Es ist also der Körper des eigentlichen Bewusstseins. Dies ist der Buddha der Welt des rupadhatu und nimmt wahr ohne Anhaftung. Dieses Licht oder Bewusstsein kennt seine eigene Natur ohne wahrnehmbare Existenz. Phänomene wahrnehmend, beweist es, dass es sieht. Der erste Zustand ist nicht manifestiertes Bewusstsein. Es nimmt sein eigenes Selbst wahr, ohne Kontakt mit der phänomenalen Existenz zu haben; es kennt seine eigenen Schwingungen und realisiert, dass es lebt. Der zweite Zustand ist manifestiertes Bewusstsein: Kontakt aufnehmend mit seinen eigenen Schwingungen, erkennt es das ganze Universum.
„Das Licht, das in einem einzelnen Pulsschlag der Seele nichts unterscheidet, ist der Nirmanakaya Buddha in eurem Schrein.“ Das Licht des Nirmanakaya Buddha, des Buddhas der „Transformation“ ist die Welt des Begehrens. Durch verschiedene Transformationen erreicht er sein Ziel. Dieser Buddha ist rein. Obwohl dieser Buddha Worte verwendet wie „mögen“ und „nicht mögen“ ist er verschieden vom menschlichen Anhaften oder menschlicher Diskriminierung. Er wählt Baumwolle im Sommer und Wolle im Winter.
Bitte beachtet, dass diese drei Buddhas oder Körper alle Dharmakaya sind. Dharmakaya umfasst Sambhogakaya und Nirmanakaya. Um euer Verständnis des Dharmakaya zu zeigen, müsst ihr im sanzen [DJW: dokusan] beweisen, dass die beiden anderen Stufen (Körper) darin enthalten sind. So ist Dharmakaya der Körper des Sambhogakaya und des Nirmanakaya. Im sanzen Zimmer wird Sambhogakaya in seiner Funktion als Weisheit geprüft, der Körper der Reaktion. Wenn jemand euch ins Gesicht klatscht, fühlt ihr Schmerz. Nirmanakaya ist euer Leben von morgens bis abends. Diese Körper sind zusammen der Tathagata und sie existieren nirgendwo sonst, als in eurem Körper. Euer Körper ist der Körper des Tathagata, drei Körper in einem. Da ist kein Geheimnis; es kann eindeutig nachgewiesen werden.
Wenn ihr euer erstes Koan durchlaufen habt, beweist ihr Dharmakaya, Sambhogakaya, ebenso wie Nirmanakaya innerhalb desselben.
Der sechste Patriarch Hui-Neng, bewies Sambhogakaya mit dem Koan, „Die Fahne bewegt sich nicht; der Wind bewegt sich nicht; es ist die Seele, die sich bewegt.“
Bewusstsein gehört nicht zum Außen oder zum Innen. Seine Weisheit leuchtet durch Dharmakaya und durch die gesamte phänomenale Welt. Wenn ihr nicht an einem bestimmten Punkt der äußeren Welt anhaftet, werdet ihr Nirvana in eurem physischen Körper beweisen, in diesem Fleisch, und dringt ein in jeden beliebigen Teil der äußeren oder inneren Existenz. Das ist Transformation – Nirmanakaya.
„Dieser dreieinige Körper ist nichts Anderes als der hier Anwesende, der meiner Predigt zuhört. So wird es offenbart werden, wenn ihr aufhört in der äußeren Welt zu suchen.“ Man kann Nirvana in diesem Leben auf der Erde erreichen und diesen geheimnisvollen Körper offenbaren. Dies ist euer Verdienst. Wenn ihr die Realität des Universums nachweist, sammelt ihr Verdienste in eurem täglichen Leben, denn ihr sucht nicht in der äußeren Welt. Ihr beweist den Verdienst in euch. Dieser Verdienst schließt auch „Funktion“ und „Offenbarung“ ein.
„Gemäß den anerkannten Lehrern der Sutras und Shastras ist der dreieinige Körper das grundlegende Prinzip. Aber nach meiner Ansicht ist dies nicht der Fall.“ Die maßgeblichen Lehrer, auf die sich Lin-chi bezieht, sind die Lehrer der Sutras und ihrer Auslegungen seiner Zeit. Sie sagten, dass der dreieinigen Körper das grundlegende Prinzip sei, aber Lin-chi widersprach. Er sagte, der dreieinigen Körper ist nur ein Name, ein Begriff. Wir können ihre Existenz nicht mit Worten beweisen, ob es sich nun um den Dharmakaya, Sambhogakaya, Nirmanakaya, oder Vater, Sohn und Heiliger Geist handelt. Für Lin-chi ist ein Name oder ein Wort wie der Stock eines alten Mannes. Ohne ihn kann der alte Mann nicht stehen. Er versucht uns zu sagen, dass Wahrheit ursprünglich keinen Namen hat, dass wir ihr (durch einen Namen wie Gott) etwas anlegen, wie ein Gewand, abgenutzt und nicht ganz sauber, nicht klar. Dann versuchen wir einen anderen und noch einen anderen und bald haben wir drei Garnituren von Kleidern, die unsere Konzeption komplettieren. So Namen, Begriffe sind praktisch, aber auch ärgerlich.
„Die Alten sagten: „Diese Körper bestehen theoretisch. Ihr Bereich existiert als eine natürliche Folge der Körper selbst.“ Die wesentlichen Körper und der wesentliche Bereich des Buddha sind jetzt offensichtlich. Sie sind das Licht und der Schatten des eigenen Geistes.“ So sind die wesentlichen Körper und die wesentlichen Bereiche Buddha selbst – universale Natur; und sie werden durch das Licht eures eigenen Geistes erzeugt. Es ist wie ein sich bewegendes Bild auf einem Bildschirm, wo das Gehirn die Maschine ist, die den Film in Gang bringt. Der dreieinige Körper erscheint auf dem Bildschirm eures Geistes und ihr denkt, dass es der Vater, der Sohn und der Heilige Geist ist und dann betet ihr zu ihm. Kein Wunder, dass es keine Antwort gibt.
„Gute Brüder, ihr müsst denjenigen erkennen, der sie bewegt! Er ist die Quelle aller Buddhas.“ Derjenige der diese Körper und Felder bewegt ist der „Lehrer“, nicht euer Körper und nicht euer Verstandes-Zeugs, sondern euer eigenes Licht. Ihr seht das Licht und gießt es in Bronze oder schreibt es mit einem Zeichen und betet es an. Der physische Körper ist Nirmanakaya, die Seele ist Sambhogakaya, und die Quelle von allem ist Dharmakaya.
„Der Ort, an dem ihr jetzt seid, ist die Heimat, zu der ihr euch zurücksehnt.“ Dieser Ort ist euer eigener Geist, Buddha. Der Mensch sucht nur in äußerlichen Formen nach der Wahrheit. Gott ist überall. Doch eines Tages kommt ihr zu eurem eigenen Schrein, der durch eure eigenen zwei Füße unterstützt wird und ihr werdet Buddha finden, genau an dem Platz, an dem ihr euch befindet.