Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Paket 2 – Western - William Mark D.


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die Schultern hoch und nahm seine erkaltete Zigarre aus dem Aschenbecher, den er auf der Flurgarderobe stehen hatte. »Ich weiß nicht, Marshal, ob es gut ist. Das ist nämlich die andere Seite der Geschichte. Denn Sie werden jetzt jeden Mann brauchen. In Tombstone ist der Teufel los. Kein Mensch weiß, weshalb und wieso – aber daß die Bombe bald platzen wird, spürt jeder.«

      »Ike…?«

      Der Arzt nickte.

      »Es ist immer noch der gleiche Song, Wyatt. Ike will keinen Marshal hier haben, der wache Augen hat. Wissen Sie, es ist für Virg auf die Dauer gar nicht zu machen. Ich habe schon zu seiner Frau gesagt, daß es tatsächlich das beste wäre, wenn er von hier fortginge.«

      »Da haben Sie es der Rechten gesagt!«

      »Um Himmels willen. Habe ich ins Fettnäpfchen getreten? Ist sie…«

      Wyatt winkte ab.

      »Nicht so schlimm. Im Grunde ist sie ein guter Kerl. Sie macht sich eben zu viel Sorgen. Vielleicht hätte sie besser einen Schneider in New York oder einen Bäcker in Los Angeles heiraten sollen.

      Dora Earp stand am Hoffenster und hing ein Wäschestück auf eine kleine Fensterleine, als ihre Nachbarin, Mrs. Leonhard, das Hoftor öffnete.

      »Mrs. Earp! Wissen Sie es schon…?«

      Die Frau am Fenster blieb für einen Augenblick das Herz stehen. Auch sie wußte ja, was sich in der Stadt tat, daß es von Tag zu Tag mehr gärte und schwelte…

      »Haben Sie ihn schon gesehen?«

      »Wen…?« stieß Virgils Frau heiser und mit vor Angst halberstickter Stimme hervor.

      »Er ist da – in der Stadt. Mrs. van Zoom hat es erzählt. Ihr Mann hat ihn gesehen, vor einer halben Stunde. Unten in der Allenstreet. Es soll aufregend gewesen sein. Curly Bill war dabei und einer von den McLowerys. Bill Claiborne, der einäugige Spence, Frank Stilwell und der Halbindianer sollen auch dabeigewesen sein…«

      »Wobei?«

      »Das wissen Sie nicht? Sie haben Morg verprügelt…«

      »Nein…« Dora Earp griff sich an die Kehle. »Und – Virg – wo ist er?«

      »Keine Ahnung. Aber er hat sie alle umgewalzt. Wie ein Sturmwind. Es soll unheimlich gewesen sein. Ganz plötzlich war er da und über ihnen…«

      »Wer…?« stammele die gequälte Frau des Tombstoner Marshals.

      »Wyatt Earp!«

      Doras Augen wurden groß wie Zwanzigdollarstücke.

      »Wyatt…?! Wyatt soll in der Stadt sein? Aber dann – dann wüßte ich doch…« Sie brach ab. Sie wußte genau, daß sie gar nichts wüßte. Sie war bisher immer überrascht worden, wenn es plötzlich hieß, daß er in Tombstone aufgetaucht sei. Und die Nachbarn hatten recht, er kam genau wie ein Sturmwind.

      »Oh, Mrs. Earp – er ist herrlich!« flötete Mrs. Leonhard. Dora Earp preßte die Lippen zusammen und hatte alle Mühe, der jungen Nachbarsfrau keine böse Antwort zu geben.

      »Wir haben auf ihn gewartet, Mrs. Earp. Ihr Mann hat es doch so schwer. Das weiß hier jeder. Doc Holliday ist wieder weggeritten. Und Morg allein – er kann auch keine ganze Bande aufhalten. Aber jetzt wird das anders, verlassen Sie sich drauf. Wyatt wird mit dem eisernen Besen kehren…«

      Mrs. Leonhard kam Doras entsetztes Schweigen gerade recht. Sie redete weiter und fand kein Ende.

      »Ist es nicht schrecklich, daß die Clantons keine Ruhe geben können? Wir haben es doch schon schwer genug hier. Das Leben in dieser heißen Stadt ist ohnehin eine Qual. Müssen sich die Menschen da noch bekämpfen? Was wollen die Clantons? Mrs. van Zoom behauptet, Ike will Mayor werden. Er hat mehr Verwandte in Tombstone als sonst irgend jemand. Und wenn nicht gerade ein Mann wie Wyatt Earp gegen ihn stünde und ihm die Maske vom Gesicht reißen würde, wäre er längst Mayor, und Frank McLowery wäre Sheriff. Jonny Behan? Bah! Er ist eine Strohpuppe, ein Clanton-Knecht! Mrs. van Zoom hat es gesagt…«

      Wyatt Earp ist gekommen!

      Im Crystal Palace wechselte bei dieser Nachricht sofort das Publikum. Die Gäste, die bekannte Clanton-Anhänger waren, verzogen sich, und die Anhänger der Earps kamen.

      Man konnte wieder ein Wort sprechen, ein offenes Wort. Zum Beispiel konnte man sagen, daß Ike Clanton endlich Ruhe geben müßte. Daß seine Horde aus der Stadt ziehen müßte. Daß mit den Earps nicht zu spaßen sei. Und daß es überhaupt an der Zeit wäre, das Gesetz mehr zu achten. Alle müßten es achten. Auch die Clantons!

      So war es immer gewesen, wenn Wyatt Earp in die Stadt gekommen war.

      Und doch war es diesmal irgendwie anders. Nie war der Druck, der auf dem Menschen lastete, größer gewesen. Und diesmal blieb etwas: die stumme Angst.

      *

      Am späten Nachmittag saßen die drei Earp Brüder zusammen im Office. Hinten im Nebenraum.

      Virgil war nach elfstündigem Schlaf aufgewacht und sah verdutzt und benommen in das Gesicht seines Bruders Wyatt.

      »He, bin ich vielleicht schon in den Ewigen Jagdgründen? Verdammt noch mal, heute morgen warst du doch noch Morgan, und jetzt…«

      »Morg ist da!« Wyatt deutete auf den ›Kleinen‹, der am Fenster saß und in den Hof starrte.

      Virgil richtete sich auf und wischte sich durchs Gesicht.

      »Wyatt! Zounds! Wo kommst du her?«

      »Aus Dodge.«

      »Wer hat dich denn gerufen? By Jove, ich war viermal auf dem Weg zum Post Office und bin immer wieder umgekehrt.«

      »Doc Holliday hat mir eine Depesche geschickt.«

      »Holliday.«

      »Yeah. Von Gleeson.«

      »Ja, er war hier und ist wieder weggeritte. Gleeson liegt auf dem Weg zu euch. Allerdings war er da noch nicht weit. Was schrieb er denn?«

      »Nicht sehr viel. Er faßt sich immer kurz.« Wyatt kramte die Drahtnachricht aus der Tasche und faltete das zerknitterte Blatt auseinander. »Hier…« Er reichte es Virg hin.

      Der las:

      Wyatt Earp, Marshal, Dodge City, Kansas. Vermute, Sie werden in T. gebraucht.

      J. H.

      Morgan wandte sich um. »Das ist wirklich verdammt kurz.«

      »Aber es reichte, wie du siehst«, fand Virgil. »J.H.? Damned, man muß sich zu verstehen wissen. Ich hätte erst einmal eine halbe Stunde oder gar einen Tag überlegt, wer dahintersteckt. John Holliday! Hm, ein Teufelskerl.« Virgil reichte Morg die Nachricht – und hielt inne. Aus weiten Augen starrte er den jüngeren Bruder an.

      »Menschenskind!« entfuhr es ihm. »Wie siehst du denn aus, Morg?«

      »Kleine Meinungsverschiedenheit?«

      »Mit wem?«

      »Mit Curly Bill und den Boys.«

      »Welchen Boys?«

      »Pete Spence, Tom McLowery, Bill Claiborne, Frank Stilwell und wahrscheinlich auch Frank McLowery«, antwortete Wyatt anstelle von Morgan. »Sollte mich wundern, wenn ich nicht das zerquetschte Gesicht des Mestizen hinter irgendeiner Bretterlücke gesehen hätte.«

      »Was denn, diese Hunde haben ihn so zugerichtet? Da werde ich gleich ein Wort mit ihnen reden! Und zwar ein gesalzenes und gepfeffertes.«

      Morgan winkte ab.

      »Die Mühe kannst du dir ersparen. Unser Bruder hat sie dir schon abgenommen. Und zwar nicht nur gesalzen und gepfeffert, sondern auch gepökelt und gesotten! Alles in bester Ordnung.«

      Virg rutschte wieder auf die Bettkante nieder und grinste Wyatt an.

      »Stimmt das?«

      Der


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