Wyatt Earp Paket 2 – Western. William Mark D.
hinter Wyatt hinterher.«
Phineas Clanton sah die beiden Brüder an.
»Ihr?«
»Wyatt«, knurrte Morgan. »Kann ich ihm eine runterhauen?«
»Nein. – Verschwinde jetzt, Phin. Sag Ike Bescheid. Und wenn er nicht kommt, suche ich ihn.«
»Heute noch?«
»Heute noch!«
*
Tom McLowery hatte drüben im Obergeschoß von Sandy Bobs Stage Office auf der Lauer gelegen.
Robert Sandy war mit dem alten Clanton weitläufig verschwägert; diese Tatsache hatten sich die Männer um Ike seit langem zunutze gemacht. Obgleich der Kaufmann nicht von dem Besuch der finsteren Gesellen begeistert war, die ihn immer wieder belästigten, schwieg er. Er war kein sonderlich mutiger Mann und litt an der gleichen Krankheit, an der halb (wenn nicht gar ganz) Tombstone litt: an der Angst vor Ike Clanton.
Tom McLowery hatte Phin aus dem Marshals Office herauskommen sehen, verließ sofort seinen Beobachtungsposten und rannte hinunter in den Hof.
Von dort führte eine kleine Tür in Bernard Laventhals Clothing Store. Durch einen schmalen Hausgang erreichte er die Fourthstreet.
Hier wartete im Hof von Mrs. Jones Restaurant der kleine Jenkins mit seinem Pferd. Tom lief auf ihn zu.
»Vorwärts, in den Sattel. Phin ist draußen. Wyatt hat ihn freigelassen. Frage Ike, was weiter geschehen soll.«
Der Cowboy preschte aus dem Hof und schoß davon.
Genau im gleichen Augenblick, in dem Phineas Clanton die Gassenmündung erreichte. Es war nicht sehr klug von dem jüngeren froschäugigen McLowery gewesen – aber er tat, was sein Bruder ihn geheißen hatte. Sofort Nachricht an Ike, wenn sich irgend etwas mit Phin tut.
Phin kam feixend heran.
»He, Tom…«
»Was hat er gesagt?«
»Wer?«
»Wyatt.«
»Er will mit Ike sprechen.«
»Mit – Mensch, weshalb sagst du das nicht gleich? Jetzt habe ich Jenkins zu Ike geschickt, und es ist kein Bote mehr da.«
Phin winkte ab. »Ich reite selbst. Wo ist mein Pferd?«
»Wo du es gelassen hast; bei Braddock.«
»Well, ich vermute, daß Ike auf der Ranch ist. Wie ich ihn kenne, wird dieser Dickschädel sich trotz der heißen Luft noch überzeugen wollen, ob Billy das Corralgatter repariert hat.«
»Welches Corralgitter?« fragte Tom mit fassungsloser Miene.
»Bei uns auf der Ranch – das Gatter ist zerbrochen.«
»Das Gatter! Mann, das ist doch schon seit dem Frühjahr zerbrochen!«
Hatte dieser Isaac Clanton tatsächlich so harte Nerven, daß er in diesen Fiebertagen nichts Wichtigeres in Auftrag zu geben wußte als ein seit Monaten zerbrochenes Perdepferchgatter?
Tom fuhr sich mit der Rechten durch den Kragen. Ihm war plötzlich heiß geworden. »Damned! Euch Clantons soll der Teufel holen. Weshalb läßt Ike sich so lange Zeit? Jetzt hat er doch tatsächlich gewartet, bis Wyatt Earp gekommen ist.«
»Der wäre sowieso gekommen. Und besser jetzt, wo wir es wissen, als später, wo es gefährlich werden kann, wenn man nichts weiß.«
»Es ist gefährlich genug, daß er da ist. – Vielleicht wartet Ike noch auf Doc Holliday?«
»Du bist verrückt«, krächzte Phin, griff sich an seine brennende staubtrockene Kehle und sah sich nach einer Schenke um.
Tom packte ihn am Arm.
»He, Clanton, wenn du jetzt wieder einen fünffachen Drink nehmen willst, dann verschwinde aus der Stadt. Reite nach Becales und bring dein Geld zu dem feisten Kalli. Bleib jedenfalls aus der Stadt.«
»Hast du auch schon etwas zu bestimmen?«
»Vorwärts!« mahnte ihn Tom.
Phin kratzte sich mit der Linken unterm Hut. »Sag mal, was habt ihr eigentlich vor?«
Tom grinste. Hatte er es doch geahnt, daß Ike seinen eigenen Bruder nicht eingeweiht hatte!
Aber was wußte er selbst denn schon? Wer wußte überhaupt etwas?
Vielleicht wußte Ike selbst nichts.
»Verschwinde, Phin«, krächzte der Cowboy aus dem San Pedro Valley. »Reite weg, ehe es zu spät ist«, knirschte er und ballte die Fäuste. Dann griff er plötzlich mit einer nervösen Bewegung zum Colt, prüfte den lockeren Sitz und fauchte den anderen mit vorgeschobenem Schädel grimmig an:
»Du sollst verschwinden, Mensch! Wir können dich jetzt nicht brauchen. In Tombstone gibt’s Krieg, merkst du das nicht? Da sind Burschen wie du fehl am Platze. Verschwinde endlich, sonst knalle ich dich nieder!«
Der nach Toms Ansicht völlig aus der Art geschlagene Clanton Brother starrte ihn erschrocken an. Dann trollte Phin sich davon, holte sein Pferd und ritt aus der Stadt.
»Damned, auf diese Verrücktheit hin muß ich erst mal einen Drink nehmen. Die Boys scheinen alle irrsinnig geworden zu sein…«
Er beschloß, Toms Rat zu befolgen und in die Sierra zu reiten, wo neun Meilen vor der Stadt der schwergewichtige Mexikaner Kalli Nedhec, aus einem kleinen schmutzigen Ort dicht hinter der Grenze, in einer ehemaligen Pferdewechselstation eine Schenke eröffnet hatte, die er Cantina del Sole nannte.
Durch diesen Ritt entging Phineas Salomon Clanton dem mörderischen Battle im O.K. Corral…
*
Wyatt Earp hatte zwei Stunden gewartet.
Der Abend kam. Und fast übergangslos, wie in diesen Breiten meistens, kam die Nacht. Eine kühle Arizonanacht, die die Menschen nach der drückenden Hitze des Tages frösteln ließ.
Der Nachthimmel über dem staubigen Tombstone, der kleinen Stadt, die größtenteils aus Kistenholzbrettern zusammengenagelt war, war glasklar und mit Myriaden von Sternen bedeckt.
Phin war nicht zurückgekommen.
Und Ike Clanton hatte keinen Boten geschickt.
Der Missourier trat auf die Straße.
Langsam ging er hinüber zum Grand Hotel und blickte durch die Ritzen der mit Buntpapier beklebten Scheiben. Im Eingang saß eine große gelbe Katze und blickte träge auf, als der Mann vorüberkam.
Nebenan lag Jonny Behans Sheriffs Bureau. Es war dunkel und die Tür verschlossen.
Tombstones zweiter Gesetzesmann hatte es vorgezogen, sich in dieser Nacht an einem Ort aufzuhalten, wo ihn niemand suchte. Er hatte bei Nelly Cashman ein Zimmer genommen, mit der Bitte, Stillschweigen darüber zu bewahren. Er wollte sich mal richtig ausschlafen. Und der Schankhauslärm in der Allenstreet sei nachts unerträglich.
Die Allenstreet lag in dieser Nacht wie erstorben da, obgleich die Lichter in den Schenken brannten.
Der Marshal blieb an der Ecke zur Fouthstreet vor Andys Club Saloon stehen.
Auch hier, in der ziemlich neueingerichteten Schenke, war alles still. Wyatt blickte über die bastgeflochtene Pendeltür.
Nicht ein einziger Gast hielt sich im Schankraum auf. Auch der Salooner war nirgends zu sehen. Die beiden Kerosinlampen über der Theke blakten und warfen ein zitterndes Licht in den niedrigen Raum.
Langsam ging der Marshal weiter. Vorbei an Laventhals Store zum nächsten Haus, einem schmalbrüstigen Bau ohne Vorbaudach, wo vor der Tür ein windschiefes Schild hing, auf dem stand: Hawkins & Boarman, Whoelesale Liquor, Oil & Cigars. Wyatt konnte die Buchstaben zwar in der Dunkelheit nicht lesen, aber er kannte sie genau, da er bei dem alten Hawkins immer seine schwarzen