RUN - Sein letzter Deal. Douglas E. Winter

RUN - Sein letzter Deal - Douglas E. Winter


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Jump-Jets da und Sturmgewehren und Maschinenpistolen in die Fantastilliarden machen. Irgendjemand plant immer gerade eine Revolution oder hat einen Krieg am Laufen … oder bereitet gerade einen vor. Wir reden hier über eine Wachstumsbranche. Diese Waffengeschichte läuft noch besser als Drogen.

      Und wo es den großen Wurf gibt, gibt es immer auch die kleinen Geschäfte, gibt es immer jemanden, der die kleinen Risse im apokalyptischen Straßenpflaster füllen kann. Wenn Gerald Bull seine Superkanone an die Irakis verkauft und die BNL Atlanta dabei hilft, den amerikanischen Steuerzahler die Zeche zahlen zu lassen, na ja, he, wen kümmert es dann wirklich noch, wenn in irgendeinem Nest am Arsch der Welt ein paar Panzerabwehrwaffen an die IRA verscherbelt werden?

      Womit wir bei Jules Berenger wären – für Sie immer noch Mr. Berenger – und seiner UniArms, Incorporated. Meinem Arbeitgeber. Direkt hinter dem gleichen Fluss, und nach Interarms nur etwas weiter die Straße hinunter, unterhält Jules Berenger seinen Laden. Nur dass UniArms eher so etwas wie ein Werksverkauf ist, der Waffenladen für Kleinsparer. Guns R Us.

      Und es ist genial: Was eignet sich besser als Tarnung für illegale Waffengeschäfte als ein legales Waffengeschäft? Der Mann hat gute Anwälte und sogar noch bessere Buchhalter, führt wohl um die sechs verschiedenen Bücher, aber er hat auch Geschäftssinn, ganz zu schweigen von Eiern in der Größe Brooklyns.

      Mit der für mich üblichen Mischung aus Belustigung, Erstaunen und Ungläubigkeit folge ich CK zu dem UniArms-Lagerhaus am Hafen. Gleich um die Ecke gibt es ein Ben&Jerry's, Boutiquen, Buchläden, Künstlerecken und all die anderen Sehenswürdigkeiten für die Touristen und Leute auf Shoppingtour, die durch die beschauliche Old Town spazieren und diesen Klotz aus Stahl und Ziegeln und Aluminium mit einer Hausnummer und einem nichtssagenden Logo kaum mitbekommen. Und ganz sicher nichts davon mitbekommen, was sich in seinem Inneren abspielt. Die Laderampen gehen zur Flussseite hinaus, und wir parken unseren Wagen an der Seite und betreten das Lagerhaus in der für einen Nachmittag typischen Hektik. Kisten wandern hinein, und Kisten wandern heraus. Es stapeln sich Kisten an den Laderampen und die Außenwände entlang. Kisten fahren auf Gabelstaplern heraus und hinein, heraus und wieder hinein, und auch das Innere des Lagerhauses ist ein Irrgarten aus – wer hätte es gedacht? – Kisten. Der spärliche Rest des Betonbodens dazwischen ist vollgestopft mit Klappstühlen und Tischen und ein paar wenigen echten Menschen, die mit Klemmbrettern herumlaufen, Häkchen machen, Formulare ausfüllen und noch mehr Häkchen machen. Die Kisten selbst sind vollgepackt mit modernstem Kriegsgerät: Sturmgewehre, Maschinengewehre, Raketenwerfer, Schrotflinten, Pistolen und jeder Menge Munition. Den anderen UniArms-Komplex weiter südlich, in Richtung Richmond, kann man getrost vergessen. Hier stehen genug Waffen herum, um einen Aufstand oder sogar einen kleinen Krieg anzuzetteln. Diese kleine Stadt, diese Old Town, träumt vor sich hin, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, was für eine Masse an Kriegsmaschinerie sich in ihrer Mitte befindet. Das Lagerhaus wirkt stets seltsam ruhig und gelassen, beinahe friedlich.

      Am hinteren Ende führt eine winklige Treppe zu den oberen Etagen mit noch mehr Lagerraum, dann der Buchhaltung und dann dem Loft, in dem die Geschäftsführung hausiert. Ich nicke den Jungs von der Sicherheit und ein paar Leuten auf dem Gang zur Begrüßung zu, und dann sehe ich, wer da drüben auf der Couch sitzt, neben dem Wasserspender und der Treppe:

      Dumm und Dümmer, aber in cool. Und schwarz angemalt.

      Der erste sitzt zurückgelehnt, ein zotteliger, kleiner Blödmann mit einem eingewachsenen Grinsen, wiegt keine sechzig Kilo, und ich schwöre: Wie aus dem Bilderbuch trägt er das Bandana eng um den Kopf gebunden, trägt ein Sweatshirt, schwarze Jogginghosen, die Goldketten und hat diesen schläfrigen Blick und die Hand zwischen den Beinen, hält sich die Eier wie einer von diesen Gangster-Rappern – Ice Pick, Ice Dick oder was für Namen die sich immer geben. Der andere ist unsichtbar. Er ist da, aber man kann ihn nicht sehen. Man will die ganze Zeit immer nur den anderen Kerl ansehen, und man muss sich auf ihn konzentrieren, muss mit den Augen an ihm kleben bleiben und darf sich nicht ablenken lassen. Er trägt dunkle Klamotten, unauffällige Tarnkleidung für Städte. Seine Baseballkappe hat er sich tief ins Gesicht gezogen, sodass die Krempe direkt auf der Sonnenbrille aufliegt, und er hat diese langen, wollenen Dreadlock-Dinger als Frisur und ein mürrisches Lächeln. Der kleinere von beiden ist so dunkel wie Schokolade, aber der hier ist beinahe schon vanillefarben. Völlig regungslos sitzt er da. Seine Hände liegen ordentlich verschränkt in seinem Schoß, und ich weiß, dass er eine Knarre dabeihat, und ich weiß auch, dass er keine Sekunde zögern würde, sie auch zu benutzen.

      CK nickt ihnen zu, und der kleinere von ihnen nickt zurück.

      Oh-oh, sage ich leise und gedehnt zu Renny Two Hand. Oh-oh.

      Dann sind wir an ihnen vorbei und traben die Treppe hinauf, wo Lukas sich uns anschließt. Von hier oben hat man einen schönen Ausblick auf den Potomac, und da sind ein paar Anzugträger, die herumstehen und sich den Kopf zerbrechen über Rechnungen oder Außenstände oder woher sie den nächsten Becher Kaffee kriegen sollen. Sie sehen uns auf diese seltsame Art an, während wir an ihnen vorbeischlendern. Ich habe diese Buchhalter nie verstanden, aber das ist okay, denn die verstehen mich auch nicht.

      Jules, das heißt, Mr. Berenger, hat sein Büro hinter der Tür am anderen Ende der Halle, der Tür mit den Milchglasfenstern und der Aufschrift EXECUTIVE OFFICES, und wem das Fenster noch nicht genügt, dem sage ich Folgendes:

      Er ist ein Executive. Tatsächlich ist er in allem ein Ex-Irgendwas: Ex-Militär, Ex-Anwalt, Ex-Häftling, Ex-Ehemann. Er hat zwanzig Jahre dafür gebraucht, aber am Ende hat er seine Nische gefunden. Er leitet UniArms jetzt seit den späten Siebzigern, und das Leben hat ihn gut behandelt. Sollte es auch. Denn er ist immerhin auf Gold gestoßen.

      So wie ich ist auch Jules ein Geschäftsmann. Und er kümmert sich um sein Geschäft.

      Der Mann ist klein, gebaut wie eine Ziegelwand, er hat grobe, aber auch irgendwie sanfte Gesichtszüge, mit denen er aussieht wie der Großvater von irgendjemandem, obwohl ich nicht glaube, dass er einer ist. Oder es zumindest nicht hoffe. Manchmal bewegen sich nur seine Augen, wie graues Eis, das hin und her huscht. Dahinter passiert eine Menge, unentwegt, der Mann spinnt mehr Winkelzüge als ein Sack voller Anwälte. Ich nehme mir vor, kein Sterbenswort zu sagen, wenn wir erst einmal in seinem Büro sind. Einfach nur hinsetzen und schauen, was passiert.

      Jules ist sechzig Jahre alt, und wie die meisten Männer in seinem Alter sieht er auch genauso aus, egal, was er dagegen tut. Er hat ein Haarteil, ist an den Augen und am Kinn ein wenig geliftet, aber sieht immer noch wie sechzig aus. Benimmt sich auch so. Was bedeutet, dass er hinter allem und jedem herjagt, das einen Rock trägt.

      Tja, man mag heutzutage nicht mehr allzu viel für sein Geld kriegen, aber zumindest kann man damit noch anständig einen wegstecken. Und was das angeht, macht Jules das Beste aus seinem Geld. Als ich bei ihm anfing, hatte er diese Blondine namens Megan. Die hatte von nichts eine Ahnung, aber Junge-Junge, hatte die einen Kürbishintern. Dann war da Sherry, doch die fuhr Jules BMW zu Schrott, und das war's dann, und dann dieses Gerät von einer Japanerin, Yuki oder Yoko oder wie sie hieß, mit der er etwa einen Monat zusammen war. Dann kam Connie, die Kurse in Massagetherapie an einem Community College nahm, und jetzt ist da Sally, die Raumausstattungen für Hotels oder so macht, aber die meiste Zeit einfach nur da ist. Diese Sally ist nicht einfach nur gut gebaut, die wurde eigens konstruiert. Der Körper von Fisher, das Gesicht von Mary Kay. Ob sie gut aussieht? Dieses Baby sieht aus wie aus der Fernsehwerbung.

      CK klopft an die Glasscheibe, und eine Stimme von drinnen ruft: Noch eine Minute.

      CK sieht mich an, und ich sehe CK an, und CK sieht wieder mich an, und dann geht die Tür auf und diese Anzugträger kommen heraus, im Gänsemarsch, drei von ihnen. Sie würdigen mich keines Blickes, und ich sie auch nicht, und dann sind wir auch schon drin.

      Hi, Jules, sage ich. Gut siehst du aus. Um ehrlich zu sein sieht er so aus, als würde er dringend Urlaub brauchen. Und außerdem um die dreißig Pfund und dieses Haarteil loswerden, das aussieht wie etwas, das eine Katze aus der Gosse gezogen hat. Aber hey, er ist der Boss. Und wie mein Onkel Mort immer zu sagen pflegte: Wenn man nichts Nettes über jemanden sagen kann, hält man besser seine verdammte Klappe.

      CK lässt seinen Hintern auf einen dieser gepolsterten


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