Hans Hyan-Krimis: Der Rächer, Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström. Hans Hyan

Hans Hyan-Krimis: Der Rächer,  Das Rätsel von Ravensbrok & Mord im Bankhaus Lindström - Hans Hyan


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noch heut die Konditorei in der Friedrichstraße, wo ich für meine letzten fünfzig Pfennig Schokolade trank. Damals hatte er eine Stellung und eine Braut, Trude hieß sie und war ein süßes Geschöpf ...«

      Marquardt horchte auf.

      »Trude? ... So hieß meine Frau …«

      »Ach! ... Ja, die Truden sind immer gut ... ich hatte eine Schwester, die hieß auch so ... aber sie starb mit zwei Jahren ... Gott sei Dank!«

      »Und die andere?« fragte Marquardt, den ein peinliches Gefühl bewegte.

      »Ach die! ... Ja, eines Tages erfuhr sie, daß Erwin schon mal Unglück gehabt hatte. Da war's aus ... und ich glaube, das hat ihn wieder hineingestoßen in das wilde Leben ... ich weiß nicht ... wir haben uns danach selten mehr gesehen ... Ein paarmal las ich in der Zeitung ... ach! ...«

      Sie schüttelte sich. Und mit einer Bewegung, als wollte sie alles von sich fortdrängen, erhob sie sich von dem Kissen und streckte Marquardt die Hand zum Abschied entgegen.

      »Leb' wohl und denk' an mich! Ich bleibe deine Freundin! ... Und höre, vielleicht kann dir das nützen: Jeden Freitag abend ist hier eine Gesellschaft von allen möglichen Menschen beisammen. Alles sehr elegant gekleidete und daher feine Leute. Der bekannte Graf Manolesko war seinerzeit auch hier und hat uns von seinen indischen Reisen unterhalten ...«

      »Der Hochstapler?« fragte Heinz zögernd.

      »Jawohl! ... Vielleicht hat es Zweck, daß du herkommst, mein Lieber! ... Also leb' wohl, auf Wiedersehen!«

      Und sie umarmte ihn und küßte ihn wie eine Schwester.

      Ganz wirbelig und wie berauscht erreichte der junge Beamte die Straße.

      8

       Inhaltsverzeichnis

      Maaß ging mit auf dem Rücken zusammengelegten Händen in seiner Zelle schnell auf und ab.

      Wie so Tag und Nacht verging, ohne daß man ihn freiließ, war seine anfängliche Zuversicht schwankend geworden: sollte es am Ende doch möglich sein, daß ein ganz Unschuldiger wegen Mordes verurteilt wurde?

      Seine Seele erbebte unter der Wucht dieser Befürchtung, und seine Phantasie fing an, sich mit blutigem Pinsel das Schreckgemälde der eigenen Hinrichtung auszumalen ... Denn wenn sie ihn schon einmal verurteilten, dann –

      Nervös blieb er stehen an der weißgetünchten Wand, die über seinem Kopfe das Fenster hatte. Und er ließ die schwere Klappe am Eisenhalter herabgleiten, um Luft in den engen Raum hineinzulassen ... Dann lockerte er das blauweiß karrierte Halstuch; ihm war, als müßte er ersticken.

      Ein nervöses Schluchzen erschütterte seinen Körper und es begann sich seiner jenes schreckliche Gefühl zu bemächtigen: die Zellenangst, die den Befallenen laut aufschreien und toben und mit dem Schädel gegen die Mauer rennen läßt, bis er gänzlich ermattet zusammensinkt.

      Der Schlüssel rasselte im Schloß und der hereintretende Aufseher kommandierte:

      »Fertigmachen zur Vorführung!«

      Ein Zittern befiel den jungen Beamten, und er folgte dem Aufseher schnell, glücklich, daß er nicht mehr allein in dieser fürchterlichen Zelle bleiben brauchte, daß er vielleicht etwas tun könne zu seiner Befreiung.

      Nun ging es die Galerie des zweiten Stockwerkes entlang, dann die eiserne Wendeltreppe hinab in den ersten Stock und weiter ins Parterre nach dem Zentral hin, in das alle Gänge und Korridore des weitläufigen Gebäudes zusammenlaufen.

      Maaß ging vor dem Aufseher her durch einen glasgedeckten Gang, der hinüber ins Kriminalgebäude führte. Und seine Schritte hatten wieder die Elastizität der Jugend, er hoffte ja, freizukommen. Einmal mußten diese Menschen doch einsehen, daß er unschuldig war!

      Aber nun, nachdem er mit seinem Führer zwei schmale Steintreppen hinaufgestiegen war und den breiten Korridor betreten hatte, kam er doch noch nicht ins Zimmer des Untersuchungsrichters.

      Man brachte ihn in das »Zimmer der Angeschuldigten«, einen großen Raum, dessen Luft von der Ausdünstung der vielen und nicht immer reinlichen Gefangenen, die man da hineintrieb, verpestet war.

      Maaß blieb eine Weile in der Nähe der Tür stehen, bis einer von den Dreien, die am Fenster standen, sagte:

      »Na, man immer rin in de jute Stube ... du scheinst den Rummel hier noch nich zu kennen! Nebenbei sagt man juten Tach!«

      »Guten Tag!« sagte Maaß leise und zaghaft.

      »Also, wo wa ick doch stehn jebliem?« meinte ein kleiner Dicker mit einer schlimmen Nase.

      Der Dicke erhob seine Rechte, die wirklich zweimal so groß war, als man es nach seinen sonstigen Körpermaßen hätte erwarten dürfen.

      »Na, un wie kommst 'n hierher, Dicker?« fragte ein sehr Großer, der eine wahre Fechtergestalt und ein paar Dolchaugen in dem wie aus braunrotem Stein geschnittenen Gesicht hatte.

      Der Dicke schüttelte wehleidig den Kopf:


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