Speedy – Skizzen. Florian Havemann

Speedy – Skizzen - Florian Havemann


Скачать книгу
mit einem mir passenden Hüfthalter, denn dies wäre ja noch peinlich lächerlicher gewesen, hätte ich da umsonst warten und mich nur entblößen müssen, weil meine Frau es so von mir verlangte. Speedy schien bester Laune, sie hatte offensichtlich ihren Spaß. Ihren Spaß auch daran, wie wenig spaßig ich die ganze Situation fand. Wie peinlich. Wie lächerlich ich mir vorkam, vorkommen mußte. Egal war ihr das jedenfalls nicht, und das war immerhin besser, als daß es ihr egal gewesen wäre. Man wird ja sehr bescheiden bei so einer Frau.

      Und dann kam sie zurück, die Verkäuferin, endlich und nachdem genug Zeit auch vergangen war, ihre Kolleginnen über das zu informieren, was diese natürlich brennend interessieren mußte, und wenigstens das: sie hatte einen Hüfthalter in der Hand, etwas, das ich nun anzuprobieren hatte – aber ganz korrekt ist das so nicht formuliert: ich hatte nur die Vorarbeit zu leisten, damit mir dieser Hüfthalter dann anprobiert werden konnte, ich hatte mich ja erst noch des Strumpfhalters zu entledigen, den diese neue Errungenschaft, so sie dies denn würde, ersetzen sollte, und das hätte Speedy mir eigentlich auch einen Moment früher sagen können, aber sie wollte mir wohl auch diese Peinlichkeit nicht ersparen, mir die Seidenstrümpfe in Gegenwart unserer Verkäuferin von den Strapsen lösen zu müssen – klar, Speedy hätte, darauf angesprochen, das Gegenteil behauptet: daß sie mir die Peinlichkeit ersparen wollte, mit hängenden Strümpfen vor dieser Frau stehen zu müssen, wenn sie zu uns in die Kabine zurückkommt. So hat jeder seine Perspektive. Kann jedenfalls so tun, als sei es doch gut gemeint gewesen, was dem anderen ein Greuel ist. Die hängenden Strümpfe, die lächerlich an meinen lächerlichen Männerbeinen herunterrutschenden Strümpfe, sie gab es ja auch so noch zu sehen, und dann gab es für mich noch die wundervolle Aufgabe, mir diese Strümpfe dann wieder an den Strapsen des neuen, wirklich breiten und bis zu meiner Taille reichenden Hüfthalters zu befestigen, nachdem mir die Verkäuferin, die gute Frau, das gute Stück hinten auf der Rückseite, direkt über meinem sicher nun herausstehenden Hintern verhakt hatte, und es gab einige Haken, und das dauerte seine Zeit, Zeit genug für ihren Hinweis, ihren Hinweis für Speedy oder für mich oder für uns beide, daß sich diese Haken auch vorne zumachen ließen, was Speedy als Frau natürlich wußte, und was auch ich als Frau natürlich wußte, denn genauso hatte ich mir doch den BH angezogen, den ausgestopften, den die Verkäuferin nun ausführlichst an mir zu sehen bekam. Das mit den Strapsen, das klappte dann wenigstens einigermaßen problemlos, obwohl sie wegen ihrer Kürze noch einmal weniger leicht für eine solche Anfänger-Frau wie mich zu handhaben waren als die längeren, mit denen ich schon etwas Übung hatte – aber auch da wiederum würde ich es nicht ausschließen wollen, ausschließen können, daß Speedy so ihre Hintergedanken hatte: denn daß ich mit diesen Strapsen ganz gut zurechtkam, es zeigte doch, zeigte der Verkäuferin, so sie denn Sinne für diese Feinheiten besaß, daß ich als Frau nicht ganz ungeübt war und also nicht erst seit heute Frau sein mußte. Und auch das war ja etwas, das sie dann ihren Kolleginnen zu berichten haben würde. Aber egal. Wenn Speedy das wollte, egal.

      Während ich mit meinen Strapsen beschäftigt war, während die beiden Frauen, während Speedy und die Verkäuferin, die plötzlich als Frauen zusammengehörten, mir dabei zusahen, wie ich mit meinen Strapsen beschäftigt war, gab es für die beiden ein bißchen die Gelegenheit, sich mal, von Frau zu Frau sozusagen, über mich, den Mann, dem sie beim Befestigen der Strümpfe an den Strapsen zusahen, den nicht mehr ganz Mann, den Wenig-Mann, auszutauschen und zu verständigen, und Speedy nutzte sie natürlich, diese sich bietende Gelegenheit des Gedankenaustausches, diese Gelegenheit, mich noch ein bißchen mehr vor dieser Verkäuferin zu erniedrigen, und sie nutzte sie, indem sie sagte, sie habe mir eigentlich den Kauf eines Korsetts für mich angekündigt, eines richtigen Schnürkorsetts, um mir etwas weibliche Taille zu verschaffen, sie habe aber in ihrem Laden keines entdecken können, nicht ein einziges – die Verkäuferin lächelte, als sie dies zu hören bekam, und es war dies das erste Lächeln, das nach dem Schock in ihr bis zu diesem Moment gefrorenes Gesicht zurückkehrte. Ein Korsett, so antwortete sie, ein bißchen belehrend im Ton, ein Schnürkorsett insbesondere, das sei doch längst aus der Mode, old fashion, und die moderne Frau sei doch nur froh, sich von dieser Zwangsveranstaltung Korsett befreit zu haben, und Speedy, die sich nicht belehren lassen wollte, auch von dieser Fachkraft nicht, sie erwiderte, das sei ihr schon klar, auch sie würde ja kein Korsett tragen wollen, aber sie habe doch vermutet, gehofft, in einem solchen wie dem ihren doch mehr traditionell ausgerichteten Miederwarengeschäft noch eines finden zu können – für ihren Mann wohlgemerkt, der doch etwas mehr weibliche Taille brauche. Darauf die Verkäuferin: da müsse sie sie enttäuschen, auch die Kundinnen ihres Geschäftes würden, auch wenn dies vielleicht bedauerlich sei und sicher auch für ein paar ältere Damen von Nachteil wäre, keine klassischen Schnürkorsetts mehr kaufen, sie hätten deshalb also dergleichen gar nicht mehr im Angebot, aber, und nun kam es, sie könne Speedy, ganz im Vertrauen natürlich und als besonderer Kundendienst, noch ein kleines, ganz auf Korsetts spezialisiertes Geschäft nennen, das, in Friedenau gelegen, in einer Seitenstraße dort, und gar nicht so weit entfernt, leicht sogar zu Fuß zu erreichen wäre – dieser Hinweis auf die Konkurrenz, er war natürlich erstaunlich, sehr erstaunlich, aber er klärte sich dann doch etwas dadurch auf, daß sie sagte, fast sich entschuldigend sagte, dieser Laden, er werde von einer früheren Kollegin betrieben, die sich selbständig gemacht habe. Speedy dankte und sagte, sie würde sicher mit mir dort mal vorbeischauen, an ihrem Entschluß jedoch, diesen extrabreiten Hüfthalter zu kaufen, der mir offensichtlich passe, würde sich deshalb nichts ändern – schon um sie, die Verkäuferin, nicht gegenüber ihrer Geschäftsleitung in Verlegenheit zu bringen, erzielte sie keinen Verkaufserfolg, und außerdem wäre dieser Hüfthalter ja schließlich ein bißchen auch wie ein Ersatz für das Korsett, und sie könne doch auch nicht wissen, ob sie in diesem Spezialgeschäft wirklich etwas Passendes für mich finden würde. Darauf die Verkäuferin: sie sei Speedy sehr verbunden. Die beiden Frauen verstanden sich also bestens, und dieses gegenseitige Verständnis und Einverständnis, es ging dann auch noch soweit, daß sich die Verkäuferin bemüßigt fühlte, Speedy zu versichern, daß mir der Hüfthalter wie angegossen passe – was stimmte, wirklich stimmte.

      Kapitel 56: Das unangenehm Angenehme, das aber so sehr Genehme

      Oh, wunderbare Enge, Beengung, Beengtheit, wunderbarste Erinnerungen an diese Enge, Beengung, Beengtheit. Geformt, in Form gebracht, in eine weibliche Fassung, eine feminine Fasson. Eingeengt, eingeschnürt, den Körper bei jeder Bewegung spürend, bei jedem Atemzug. Dazu gebracht, mich aufrecht zu halten, aufrecht zu sitzen, nicht mehr wie ein nasser Sack. Die Wampe in ein schönes rundes Bäuchlein verwandelt, plötzlich Taille, die Andeutung eines weiblich ausladenden Beckens. Ein Po, ein Po mit runden, mit einem Mal wie herausquellenden Pobacken, ein einladender Hintern, richtig gut für einen aufmunternden Klaps darauf, und es können auch zwei sein oder mehr Schläge, bis das Gesäß ganz rot ist, so gerötet, daß auf diesem Gesäß gar nicht mehr gut sitzen ist – oh, was für ein Arsch mit einem Mal, ein Arsch, der sehnsüchtig und erwartungsvoll herausgestreckt werden, der sich der Begierde, dem Verlangen entgegenstrecken, der genommen werden möchte, ein weiblich anmutender Arsch, ein Arsch, der zum Weibe gemacht zu werden, sich wünscht, ein Wunsch-Arsch. Und vorne das kleine Ding fast verschwindend unterm festen Stoff des bis weit herunter reichenden Hüfthalters, das Schwänzchen, das dann steif so gut unter den Hüfthalter geklemmt werden kann, das Pimmelchen, das zwar da ist, aber doch die Weiblichkeit nicht mehr stört. Und dann die Strapse, die breiten Gummibänder, die sich auf den Schenkeln spannen und an den beiden Seiten entlang den Podex einrahmen – oh, ich liebe Strapse, ich liebe die komplizierten Metallverschlüsse, die Strümpfe daran zu befestigen, liebe die geschwungenen Formen der in die Höhe gezogenen Strümpfe. Das nackte Fleisch zwischen Strumpf und Hüfthalter, und dann die Hände sacht darüber gleiten lassen, vom glatten, gespannten Stoff des Hüfthalters, an den Strapsen entlang und über die Haut, die plötzlich so sensible Haut, und dann die zarte Seide der Strümpfe unter den Fingern spürend, das Taktile, das so süchtig macht. Nach Berührungen süchtig macht, nach zärtlichen Berührungen, nach fordernden Berührungen, nach dem festen Griff ins Fleisch der Schenkel hinein. Hände, die meine weiblichen Formen nachfahren, Hände, die mich streicheln, Hände, die meine Taille, mein Becken umfassen, Hände, die nach meinen Lenden fassen, nach meinem Hinterteil grapschen, in das weiblich weich unter dem straffen Hüfthalter hervorquellende Fettpolster meiner Hinterbacken – oh, ich


Скачать книгу