Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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steht mir wirklich nicht der Sinn. Carlo geistert in meinem Kopf herum. Am liebsten würde ich in der Praxis anrufen und mich nach seinem Gesundheitszustand erkundigen.«

      »Mama, du weißt, dass das nicht geht, es gibt da die ärztliche Schweigepflicht.«

      »Meinst du, das weiß ich nicht«, blaffte Marianne ihre Tochter an. »Ich bin besorgt, aber ich bin nicht blöd.«

      Als sie das betroffene Gesicht ihrer Tochter sah, entschuldigte sie sich sofort.

      »Tut mir leid, mein Kind. Ich bin ungerecht, du kannst nichts dafür. Es ist meine Angst, die mich ungerecht werden lässt. Dass Carlo etwas geschehen könnte, das ist ein Gedanke, der mich wahnsinnig macht. In meinem Alter jemanden wie ihn zu finden, das ist ein großes Geschenk. Junge, attraktive Frauen gehen allein durchs Leben.«

      Sandra nahm ihre Mutter in den Arm.

      »Mama, hör auf damit. Es ist nichts passiert, manches kann man herbeireden. Und wenn du keine Lust zum Shoppen hast, dann lass uns in diese Fotoausstellung gehen, die sehr gut sein soll. Du musst dich ablenken, und ich möchte diese Ausstellung auf jeden Fall sehen. Und heute Vormittag, das passt. Die Zwillinge und Manuel sind heute noch eine Weile unterwegs, sie haben alle schon einen er­staunlich vielseitigen Stundenplan, bis sie nach Hause kommen, sind wir längst zurück.«

      Unschlüssig schaute Marianne von Rieding ihre Tochter an, dann nickte sie entschlossen. »Meinetwegen, die Ausstellung soll wirklich gut sein, und wenn so etwas schon mal in unsere Gegend kommt, dann sollte man wirklich die Gelegenheit ergreifen.«

      Marianne blickte an sich herunter.

      »Vielleicht sollte ich mich umziehen.«

      Sandra schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall, Mama. Du siehst umwerfend aus. Diese warmen Töne stehen dir wirklich ausgezeichnet.«

      Marianne lachte.

      »Gut, dass du meine Tochter bist. Dann will ich dir mal glauben, einer Fremden würde ich das nicht abnehmen.«

      Marianne zog sich ein Paar Straßenschuhe an, suchte ihre Handtasche, überprüfte deren Inhalt.

      »Und meinst du wirklich, dass ich mir wegen Carlo keine Sorgen machen muss?«

      »Bestimmt nicht, Mama. Das Schlimmste, das passieren kann, ist, dass er kürzertreten muss. Ansonsten ist es normal, dass alles untersucht wird bei jemandem, der seit Ewigkeiten nicht beim Arzt war.«

      Marianne von Rieding schaute ihre Tochter an. Meinte Sandra das jetzt wirklich, oder wollte sie sie nur beruhigen?

      Sie stellte keine Fragen mehr, dann Sandra war auf dem Weg nach draußen. Und Marianne beschloss, abzuwarten. Was sollte sie denn sonst tun?

      *

      Welch ein Glück, dass Marianne von Rieding nicht wirklich ahnte, wie es um den Gesundheitszustand ihres Mannes bestellt war, dann hätte sie gewiss nicht die Fotoausstellung mit ihrer Tochter besucht. Dann wäre sie daheim geblieben, auch wenn das nichts brachte und sie dann auch nichts ändern konnte.

      Carlo Heimberg saß derweil in Robertas Arztpraxis, und wenn er ehrlich war – er fühlte sich nicht wohl.

      Die Frau Doktor hatte auf einem weiteren Belastungs-EKG bestanden, und Ursel Hellenbrink war mit den ganzen Aufzeichnungen auch sofort verschwunden, ehe er ihr eine Frage stellen konnte.

      Er hatte kein gutes Gefühl.

      Als er schließlich ins Sprechzimmer gerufen wurde, wirkte die Ärztin sehr ernst. Und auch das war kein gutes Zeichen. Auch wenn sie ernsthafte Dinge besprochen hatten, war das doch mehr oder weniger in einem leichten Plauderton geschehen. Schließlich kannte man sich, mochte sich.

      »Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Heimberg.«

      Sie blickte ihn an.

      »Ich habe mich mit dem Kardiologen in Verbindung gesetzt, zu dem ich Sie geschickt habe. Und der hat meine Befürchtungen bestätigt. Und das zeigt auch dieses zweite EKG von eben. Bei Ihnen ist es jetzt nicht mit ein paar Pillen getan oder mit der Bitte, kürzerzutreten. Sie müssen ins Krankenhaus.«

      Als sie sein entsetztes Gesicht sah, versuchte sie, ihn zu beruhigen.

      »Um einen Herzinfarkt zu vermeiden, der tödlich sein kann oder von dem bleibende Schäden zurückbleiben, müssen ein paar Vorbeugungsmaßnahmen erfolgen. Es müssen Stents gesetzt werden.«

      Roberta erklärte es ihm, doch Carlo Heimberg hörte ihr kaum zu. Er war sich unverwüstlich vorgekommen, hatte sich für gesund gehalten, und war immer der Meinung gewesen, dass die Krankheiten nur die anderen bekamen.

      Sie war rührend bemüht, es ihm zu erklären, und er glaubte ihr auch. Aber war sie nicht zu vorsichtig?

      »Frau Doktor, das geht nicht. Wie stellen Sie sich das vor. Ich habe an einer Ausschreibung für ein großes Prestigeobjekt teilgenommen, und unter der Hand habe ich bereits erfahren, dass ich den Zuschlag bekommen werde. Das kann nur noch ein paar Tage dauern.«

      Roberta blickte ihren Patienten sehr ernst an. Konnte oder wollte er es nicht begreifen? Sie hatte sich doch alle Mühe gegeben, es ihm auf eine für Laien unverständliche Weise zu erklären.

      »Herr Heimberg, schön für Sie, herzlichen Glückwunsch, aber diesen Auftrag werden Sie ablehnen müssen. Sie werden in Zukunft überhaupt auf diese großen Ausschreibungen, diese großen Bauvorhaben, verzichten müssen. Man kann nur tun, was man tun kann. Und in Ihrem Fall bedeutet das, wie gesagt, dass Sie kürzertreten müssen.«

      Er wollte etwas sagen, aber Roberta ließ es nicht dazu kommen.

      »Herr Heimberg, in Ihrem Alter kann man nicht mehr so einfach voraussetzen, die Kräfte wie ein Dreißigjähriger zu haben. Sie haben so viel erreicht. Wem wollen Sie noch etwas beweisen? Sie haben eine wunderbare Frau, genießen Sie an deren Seite Ihr Leben. Mehr erreichen kann man nicht.«

      Allmählich dämmerte es ihm, seine Marianne hatte sich nicht umsonst Sorgen gemacht. Sie hatte etwas geahnt, aber er hatte seine Herzschmerzen nicht wahrhaben wollen, hatte es auf Stress geschoben.

      »Und wie soll es jetzt weitergehen?«, erkundigte er sich und hatte schon eine ganze Menge von seinem Selbstbewusstsein verloren. »Und bedeutet das alles, was Sie mir gesagt haben, dass ich mich schon mal nach einem guten Platz für eine Grabstelle umsehen muss?«

      Roberta konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen, weil die Situation wirklich sehr ernst war, aber sie war doch immerhin noch nicht aussichtslos.

      An ihm konnte man deutlich sehen, dass Männer so viel weniger belastbar waren als Frauen. Er war ein intelligenter Mensch, aber jetzt versagte seine Intelligenz.

      Roberta erklärte ihm noch einmal, dass es bei ihm zwar fünf Minuten vor Zwölf war, aber das jetzt alles in die Wege geleitet werden konnte, um Schlimmes zu vermeiden.

      »Je eher Sie in die Klinik gehen, umso schneller sind Sie aus der Gefahr heraus.«

      »Ich hasse Krankenhäuser«, stieß er hervor.

      »Herr Heimberg, da geht niemand gern freiwillig hin. Aber wenn Sie möchten, da kann ich einen Termin bei einem ehemaligen Studienkollegen für Sie machen. Er leitet eine kleine, feine Privatklinik, die mit den modernsten Geräten ausgestattet ist. Professor Heierhoff ist eine Kapazität auf seinem Gebiet, er hat sogar schon Herztransplantationen durchgeführt und hat, ehe er sich niedergelassen hat, international in den größten und bekanntesten Herzkliniken gearbeitet.«

      »Und wie lange dauert das? Bin ich nach dieser Operation sofort wieder einsatzfähig?«, wollte er wissen.

      »Tut mir leid, Herr Heimberg, ich bin keine Herzspezialistin, und auf jeden Fall müssen Sie nach dem Klinikaufenthalt noch eine Reha machen. Das ist so üblich.«

      Er war unfähig, jetzt etwas zu sagen. Diese Nachricht hatte ihn kalt erwischt. Aber blöd war er nicht, sie würde ihm das nicht alles sagen, wenn es nicht ernst wäre. Aber er musste damit erst einmal fertig werden.

      »Ich


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