Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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es ein großes Glück gewesen war, dass er ärztliche Hilfe gesucht hatte, ehe es zu einer Katastrophe gekommen war, dass er jetzt aber nicht mehr lange überlegen durfte, weil jeden Augenblick etwas passieren konnte.

      »Wenn Sie mich fragen, Herr Heimberg. Ich an Ihrer Stelle würde jetzt nicht mehr lange zögern, sondern sofort ins Krankenhaus gehen. Reden Sie mit Ihrer Frau, aber halten Sie nicht mit der Wahrheit zurück. Sagen Sie ihr, wie ernst es ist, und wenn Sie möchten, können Sie auch gemeinsem mit Ihrer Frau zu mir in die Praxis kommen, und dann erkläre ich alles gern noch einmal.«

      Carlo Heimberg überlegte, rang mit sich. Das war ihm deutlich anzusehen. Dieser erfolgsgewohnte Mann hatte den Boden unter den Füßen verloren.

      »Herr Heimberg«, erinnerte Roberta ihn, »nehmen Sie bitte regelmäßig den Blutverdünner, den ich Ihnen verschrieben habe, und vergessen Sie auch nicht die Tabletten einzunehmen. Und wenn Sie plötzliche Atemnot bekommen, wenn Ihr Puls und Ihr Blutdruck eskalieren, dann nehmen Sie das Medikament, das ich Ihnen für den Notfall gegeben habe, und dann zögern Sie nicht, sofort den Krankenwagen anzurufen und sich ins nächste Krankenhaus bringen zu lassen.«

      Roberta sah ihn ernst an.

      »Herr Heimberg, das müssen Sie mir versprechen.«

      Bei ihren Worten war er blass geworden, seine Augenlider flatterten. Er atmete tief durch.

      »Bitte machen Sie für mich einen Termin bei diesem Herzspezialisten.«

      Roberta atmete tief durch.

      »Herr Heimberg, das ist eine vernünftige Entscheidung.«

      Sie griff zum Telefon, und sie hatte sogar das große Glück, Hilmar Heierhoff zwischen zwei Operationen zu erreichen.

      Es hatte wohl gezogen, dass sie gesagt hatte, dass sie den Professor aus gemeinsamen Studienjahren kannte und dass sie einen Patienten hatte, über den sie mit Hilmar unbedingt sprechen musste.

      Hilmar Heierhoff freute sich wirklich sehr, von Roberta zu hören. Sie hatten sich immer gut verstanden, aber ein wenig aus den Augen verloren, und sie hatte seine Karriere nur in den Fachzeitschriften verfolgt.

      Sie schilderte ihm rasch den Fall und dass es ihr ein Anliegen wäre, wenn er die Operation übernehmen könnte.

      Carlo hörte gespannt zu, und er merkte, wie er sich ein wenig entspannte, weil nicht zu überhören war, wie kompetent Roberta Steinfeld doch war und welches Ansehen sie auch bei ihrem berühmten Kollegen genoss.

      Hilmar Heierhoff wollte auf jeden Fall mit ihr in Verbindung bleiben, und das würden sie über diesen Patienten ja auch bleiben.

      Das Gespräch war beendet, Roberta wandte sich Carlo Heimberg zu.

      »Nun liegt es bei Ihnen, Herr Heimberg, ob Sie allein zu Professor Heierhoff fahren wollen, oder ob Ihre Frau mitfahren möchte. Im Gästehaus ist auf jeden Fall ein Zimmer reserviert, das Sie absagen können, wenn Sie es nicht in Anspruch nehmen wollen. Bitte, haben Sie keine Sorgen, bei dem Professor sind Sie in allerbesten Händen.«

      Er nickte.

      »Davon bin ich überzeugt, und vermutlich würde er sich um jemanden wie mich nicht persönlich kümmern, wenn Sie es nicht veranlasst hätten. Einen kurzfristigen Termin bei einer Kapazität zu bekommen, davon kann man nur träumen, diese Menschen sind doch auf Monate ausgebucht, und selbst übernehmen sie nur die interessanten Fälle. Frau Doktor Steinfeld. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Also, wenn Sie mal ein Haus bauen …«

      Roberta unterbrach ihn lachend.

      »Man soll zwar nie nie sagen. Aber ich glaube nicht, dass ich hier noch einmal wegziehen werde. Ich bin angekommen. Die Arbeit im Sonnenwinkel macht mir Spaß, und ich überlege deswegen auch, die Option von Dr. Riedel anzunehmen und das Haus zu kaufen.«

      Er sah sie an.

      »Für den Sonnenwinkel ist es ein Segen, dass Sie hier sind und die Praxis von Doktor Riedel übernommen haben, ganz besonders jetzt für mich auch. Aber Sie sind noch jung, es stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen. Und, ich will nicht indiskret sein. Sie sind eine äußerst attraktive Frau, und es wird gewiss wieder einen Mann in Ihrem Leben geben.«

      Sie erinnerte sich an ihre unglückliche Ehe mit Max Steinfeld, ihre unglückliche Liebe zu dem liebenswerten Aussteiger Kay Hall.

      Musste sie das alles noch einmal haben?

      Aber, wie gesagt, man sollte nie nie sagen!

      »Lieber Herr Heimberg, danke für Ihr großzügiges Angebot, und sollte sich meine Meinung noch einmal ändern, dann, bitte glauben Sie mir das, werde ich auf Sie zurückkommen. Aber werden Sie erst einmal wieder gesund. Ich mache alle Unterlagen für Professor Heierhoff fertig, die können Sie morgen früh in der Praxis abholen, ehe Sie losfahren. Wenn noch etwas sein sollte, Herr Heimberg, bitte rufen Sie mich an, jederzeit. Und machen Sie sich keine Gedanken, das, was bei Ihnen gemacht werden muss, ist für den Professor ein Eingriff, den er im gewissermaßen Schlaf machen könnte. Danken Sie Ihrer Frau, denn ohne deren Drängen wären Sie doch niemals zu mir gekommen, oder?«

      Diese Frage beantwortete Carlo lieber nicht.

      Sie verabschiedeten sich voneinander. Roberta war unglaublich erleichtert, dass es so gekommen war, und Carlo Heimberg? Dem war nichts anzusehen, aber es reichte, dass er sich für die Operation entschieden hatte. Danach hatte es zunächst einmal wirklich nicht ausgesehen.

      Es gab noch eine Menge zu tun, ehe Roberta sich um den nächsten Patienten kümmerte, ließ sie sich von dem Kardiologen, bei dem Carlo war, alle Unterlagen schicken.

      *

      Seit ihre Welt zusammengebrochen war, seit die Sonne für sie aufgehört hatte zu scheinen, war Inge Auerbach kaum auf die Straße gegangen, vor allem hatte sie den Wochenmarkt, den sie so sehr liebte, niemals besucht.

      Die Worte ihrer Tochter hatten sie aufgerüttelt, wenn man sich ihretwegen solche Sorgen machte, dass man sie sogar schon zum Psychiater schicken wollte, war das mehr als bedenklich.

      Sie riss sich zusammen, und um sich zu beweisen, dass sie sich selbst aus dem Sumpf ihrer Schuldgefühle und ihrer Traurigkeit ziehen konnte, entschloss sie sich, auf den Wochenmarkt zu gehen. Dadurch, dass sie sich um nichts mehr gekümmert hatte, waren ihre Vorräte auch erheblich geschrumpft. Und sie hatte Lust auf eine gute Hühnersuppe, die bei diesem Wetter immer richtig war. Da gab es einen Bauern, der Biohühner anbot, und das sogar zu einem sehr moderaten Preis, und dazu viel frisches Gemüse.

      Sie bekam schon Pfützchen auf der Zunge.

      Als die Kinder klein waren, hatte es immer Hühnersuppe gegeben, wenn sich bei denen eine Erkältung abzeichnete, und ihr Werner, der konnte Hühnersuppe inhalieren, so gern mochte er sie. Man konnte ihm keine größere Freude bereiten, und es passte gut, denn Werner kam heute Abend von einer Reise aus London zurück. Da konnte sie ihn überraschen und würde Pluspunkte sammeln, und vielleicht sollten sie da auch die Gelegenheit ergreifen, über sie und wie sie miteinander umgingen, sprechen.

      Eigentlich war Inge frohen Mutes, als sie, bewaffnet mit ihrem Einkaufskorb, das Haus verließ.

      Sie hatte den Markt noch nicht einmal erreicht, als sie mit Grete Bondorf zusammentraf. Das war eine Frau, die ein paar Häuser weiter wohnte und die so etwas wie die Tageszeitung des Sonnenwinkels war. Sie wusste alles, und wenn man etwas publik machen wollte, dann musste man es nur Grete erzählen und konnte davon ausgehen, dass man es binnen kürzester Zeit bis Hohenborn wusste.

      Grete Bondorf hätte sie nun nicht unbedingt treffen wollen, aber jetzt konnte Inge ihr nicht mehr ausweichen.

      Ehe sie Grete begrüßen konnte, war die schon auf sie zugelaufen.

      »Frau Auerbach, Sie habe ich ja schon so lange nicht mehr gesehen. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, und Ihre jüngste Tochter. Ja, wo steckt die eigentlich? Es ist mitten im Schuljahr, da kann sie ja noch keine Ferien haben.« Sie blickte Inge an, und die hatte das Gefühl, von diesem Blick wie mit Röntgenstrahlen durchbohrt zu werden.

      »Wie


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