Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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die macht ein Auslandsschuljahr in Australien. Da unser Hannes sich dort aufhält, bietet es sich an. Er kann dann ein wenig auf seine Schwester ein Auge haben.«

      Damit war Gretes Neugier noch lange nicht befriedigt.

      »Ja, ich habe es gehört, dass Hannes in Australien ist, dabei war er doch gerade erst auf einer langen Weltreise. Was macht er denn dort?«

      Jetzt langte es.

      Man durfte jemanden wie Grete Bondorf zwar nicht verärgern, weil diese Frau sehr gefährlich sein konnte, aber sie musste jetzt vor ihr auch nicht ihr gesamtes Familienleben ausbreiten.

      Inge beschloss, die Frage einfach zu ignorieren. Sie schenkte Grete ein Lächeln, dann sagte sie: »Bitte entschuldigen Sie mich jetzt. Der Markt schließt gleich, und ich möchte unbedingt etwas Gemüse und ein Suppenhuhn kaufen. War schön, Sie mal wieder getroffen zu haben, Frau Bondorf.« Das stimmte zwar nicht, aber immerhin ging es der guten Grete herunter wie Öl.

      »Ja, ich fand es auch schön, schade, dass Sie immer so wenig Zeit haben. Wir könnten uns doch auch so mal treffen, einen Kaffee miteinander trinken, plaudern. Ich finde, Sie und Ihr Mann sind sehr interessante Leute. Wir sind beinahe Nachbarn und kennen uns doch kaum.«

      Das fehlte ihr gerade noch!

      Nie!

      Ihr Lächeln verstärkte sich.

      »Ach, Frau Bondorf, ich habe eine große Familie mit Kindern und Enkelkindern, außerdem meine Eltern. Da hat man nicht viel Zeit. Und mein Mann ist ja so viel unterwegs, da genießen wir es, wenn wir mal Zeit nur für uns allein verbringen können.«

      »Ja, der Professor ist ein toller Mann, es stand gerade erst wieder was in der Zeitung über ihn. Er hat da so einen Vortrag gehalten.«

      »Frau Bondorf, bitte entschuldigen Sie, jetzt muss ich wirklich los.«

      Ehe die Frau noch etwas sagen konnte, rannte Inge davon, als sei der Leibhaftige hinter ihr her.

      Eine grässliche Person!

      Zum Glück gab es nicht viele davon im Sonnenwinkel, denn das wäre ein Grund gewesen, hier wieder wegzuziehen.

      Sie kaufte Obst und Gemüse, Küchenkräuter, und das Suppenhuhn, wie es schöner nicht hätte sein können.

      Sie wohnte nun schon so lange im Sonnenwinkel, da blieb es nicht aus, dass man die meisten Menschen kannte, und gegen ein paar nette Worte hier und da hatte sie ja auch überhaupt nichts einzuwenden. Sie hatte nur etwas gegen Klatschbasen.

      Doch wenn sie glaubte, Grete Bondorf schon entronnen zu sein, da sah sie sich getäuscht. Die kam angehetzt, war froh, sie zu erblicken.

      »Frau Auerbach«, keuchte sie, »ich habe ja ganz vergessen, Sie etwas zu fragen …, das Haus Ihrer Tochter, wird das verkauft?«

      Ehe Inge darauf eine Antwort geben konnte, fuhr sie fort: »Ich habe da Leute gesehen, die immer mit einem Mann da hineingingen, der mit einem ziemlich großen, teuren Auto ankommt. Ist das ein Makler?«

      »Jetzt reicht es! Tut mir leid, Frau Bondorf, dazu kann ich Ihnen überhaupt nichts sagen, wie Sie ja wissen, gehört das Haus meiner Tochter und meinem Schwiegersohn, und ich habe keine Ahnung, was die beiden damit vorhaben. Rufen Sie sie doch einfach mal an und erkundigen Sie sich.«

      Grete Bondorf schnappte nach Luft, dann drehte sie sich einfach um und ging. Sie war wütend, das war nicht zu übersehen.

      Sie war diese schreckliche Frau zwar los, aber hatte sie sie jetzt so verärgert, dass sie anfangen würde, über die Auerbachs zu reden?

      Einen Moment war Inge verunsichert, aber dann besann sie sich auf ihre früheren Stärken.

      Na und?

      Sollte sie reden. Zum einen gab es nichts, nun ja, das mit der Adoption schon, aber das war auch nichts Illegales, und wenn …, beliebt war die gute Grete im ganzen Sonnenwinkel nicht. Und die meisten Leute würden ein Kreuzzeichen machen, sollte diese Person hier einmal wegziehen.

      Um dieser Person nicht noch ein drittes Mal begegnen zu müssen, bei Grete wusste man nie, machte Inge sich eilig auf ihren Heimweg.

      Hühnersuppe …

      Werner …

      Sie konnte sich auf beides freuen, ehrlich gesagt, mehr noch natürlich auf ihren Mann. Sie würde sich für ihn extra ein wenig hübsch machen, und sie würde nicht mehr jammervoll sein, das nahm sie sich auf jeden Fall vor. Und sie konnte nur darauf hoffen, dass auch Werner bereit war, das Kriegsbeil zwischen ihnen zu begraben. Ihre Stärke war immer, an einem Strang zu ziehen, so nach dem Motto, gemeinsam gegen den Rest der Welt. Das hatten sie vergessen, und jeder war für sich allein vorangeprescht, um in dieser Sache besser dazustehen.

      Wie verrückt das doch gewesen war. Das war kein Leistungswettbewerb. So, wie sie es gemacht hatten, konnte es nur Verlierer geben.

      Eines hatte Inge heute gelernt. So gruselig diese Grete Bondorf auch war. Durch sie hatte es bei ihr plötzlich Klick gemacht, und dazu gehörte auch, sich nicht zu verstecken, sondern aufgerichtet nach vorne zu blicken.

      Inge begann, wieder sie selbst zu werden, und das machte sie glücklich. Es war schon verrückt, dass es nur eines eigentlich unbedeutenden Anstoßes bedurfte, und plötzlich wachte man auf.

      Das musste sie ihren Eltern erzählen.

      Es ging nicht, sie erinnerte sich.

      Schade, dass sie nicht daheim waren. Sie waren bereits am frühen Morgen losgefahren, um einer alleinstehenden alten Dame einen Geburtstagskuchen zu bringen, den ihre Mutter liebevoll gebacken hatte. Und sie hatten sogar Luna mitgenommen, weil sie sich sicher waren, dass die kleine Hundedame jeden Menschen aufmuntern konnte.

      Es war schon unglaublich. Ihre Eltern waren selbst alte Herrschaften, aber sie besuchten Leute, die streckenweise noch jünger waren als sie selbst.

      Also, auf ihre Eltern traf auf jeden Fall der Spruch »Man ist so alt, wie man sich fühlt«, hundertprozentig zu.

      Ach ja, die Kraft ihrer Eltern hätte Inge gern. Die beiden waren wirklich unglaublich, und an ihnen konnte man sich ein Beispiel nehmen.

      Inge brachte ihre Schätze ins Haus, und ehe sie sich an die Zubereitung der Hühnersuppe machte, kochte sie sich einen Kaffee. Den hatte sie verdient, und den würde sie in vollen Zügen genießen. Ja, das würde sie.

      *

      Professor Werner Auerbach kam ziemlich müde, aber auch sehr missmutig von seiner Reise aus London zurück. Es war nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Und er fragte sich ernsthaft, ob er sich das auf Dauer antun sollte. Sein Ruf als Wissenschaftler war längst gefestigt. Wenn er ganz ehrlich war, dann dienten diese Vortragsreisen allenfalls der Befriedigung seines Egos. Werner genoss es, im Mittelpunkt zu stehen, hofiert zu werden. Und der Applaus, den er immer bekam, war wie eine Droge. Man wollte immer mehr davon haben.

      Doch hatte er das nötig?

      Nein, das hatte er nicht!

      Irgendetwas lief schief in seinem Leben, und das war eindeutig sein Privatleben. Seit das mit ihrer Kleinen geschehen war, schien es, als ginge ein tiefer Riss durch ihre Beziehung.

      Werner Auerbach war fest entschlossen, daran etwas zu tun. Seine Inge und ihn verband eine Lebensliebe. Er war sich bewusst, dass er kein zweites Mal eine Frau finden würde wie sie. Inge war eine vortreffliche Kameradin, und sie war die großartige Mutter seiner Kinder. Dass diese alle so gut geraten waren, dazu hatte er nicht beigetragen. Das war einzig und allein Inges Verdienst. Und ihm war schon klar, das sie ihre Ziele aufgegeben hatte, um ihm den Rücken zu stärken. Sie hatte den Alltagskram von ihm ferngehalten, und er hatte, das musste er ehrlich zugeben, es als Selbstverständlichkeit hingenommen.

      Im Grunde genommen war in London nichts passiert. Für ihn war es wie immer gut gelaufen. Ihn hatte nur der Ablauf gestört, hervorgerufen durch mangelndes Organisationstalent der Veranstalter.

      Aber manchmal bedurfte es eines kleinen


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