Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 2 – Familienroman - Michaela Dornberg


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unermüdlich Sie sammeln. Es ist wirklich eine große Hilfe.«

      Dann wurde sie abberufen, und Teresa von Roth sagte: »Dann sehen wir uns mal um, damit Sie einen Einblick bekommen.«

      Viel Lust hatte Rosmarie wirklich nicht. Das Gebelle der Hunde störte sie, und den Geruch der Katzen mochte sie überhaupt nicht.

      Sie gingen an den Käfigen entlang, und Teresa kannte beinahe jedes Schicksal der Tiere. Manche Tiere hatten eine ganze Menge erleiden müssen und waren teilweise schlimm gequält worden.

      Auf einem großen Freigelände liefen die Hunde herum, die frei herumlaufen durften ohne Schaden anzurichten.

      Manche der Tiere kannten Teresa, und die zauberte ein paar Leckerli aus ihrer Tasche.

      Es gab wirklich Hunde, die sehr schön aussahen. Rosmarie konnte nicht begreifen, wieso man die nicht haben wollte. Ein Tier hatte es ihr besonders angetan, der ihr gegenüber auch sehr zutraulich war. Teresa gab ihr ein paar Leckerli und forderte sie auf, die an das Tierchen zu verfüttern. Es war ein noch sehr junger, ausnehmend schöner Beagle, und es wunderte Rosmarie überhaupt nicht, dass man ihn Beauty genannt hatte.

      Rosmarie bückte sich, verfütterte die Leckereien, und sie traute sich sogar, die kleine Beauty zu streicheln. Und als sie weitergingen, folgte sie ihnen, blieb aber immer an Rosmaries Seite.

      »Ich glaube, du hast eine Freundin gewonnen«, bemerkte Teresa.

      Ein nicht zu beschreibendes Gefühl überkam Rosmarie. Sie hatte noch nie in ihrem Leben etwas mit Hunden zu tun gehabt, überhaupt nicht mit Tieren. Und Fabian war beinahe schon erwachsen gewesen, als er sich durchgesetzt und einen Collie gekauft hatte. Daraus waren mehrere geworden, und einen davon hatte die kleine Auerbach bekommen und viele Jahre Freude an ihrem Jonny gehabt.

      Beauty bellte sie freudig an, und Rosmarie bückte sich, um die kleine Hundedame zu streicheln.

      »Ich glaube, ich nehme sie mit«, sagte sie ganz spontan und war beinahe erschrocken über sich selbst.

      Damit war Teresa allerdings nicht einverstanden.

      »Rosmarie, einen Hund kauft man nicht wie eine Handtasche, an der man gerade Gefallen findet und die man im Schrank verschwinden lassen kann, wenn man sie nicht mehr mag.«

      Rosmarie war sofort still und wirkte ziemlich verunsichert.

      »Tut mir leid, Rosmarie, das hätte ich jetzt nicht sagen dürfen. Und ich entschuldige mich in aller Form bei dir. Aber weißt du, wenn es um die Tiere geht, dann kann ich militant werden. Was diese Tiere teilweise mitgemacht haben, wie traumatisiert sie streckenweise sind. Und warum sind sie das? Weil Menschen sich gedankenlos ein Tier anschaffen, ohne sich über die Konsequenzen klar zu sein. Du hast dich jetzt spontan für Beauty entschieden, weil sie ein ausnehmend schöner Hund ist, weil es dir gefällt, wie anhänglich sie ist. Das reicht nicht, es erfordert sehr viel mehr, sich auf einen Hund einzulassen.«

      Als sie Rosmaries bedröppeltes Gesicht sah, lenkte sie ein: »Warum kommst du nicht erst einmal her, besuchst die kleine Schönheit, spielst mit ihr. Frau Doktor Fischer sieht es auch gern, wenn man für ein Tier so etwas wie eine Patenschaft übernimmt. Das heißt, man kann mit dem Tier auch Spaziergänge unternehmen. Und wenn du nach einer gewissen Zeit noch immer Beauty haben möchtest, dann solltest du dich dafür entscheiden. Vorher nicht.«

      Teresa hatte ja recht, aber deren Worte machten Rosmarie so betroffen.

      »Du traust es mir nicht zu«, sagte sie leise, und weil Teresa nichts sagte, fuhr sie fort: »Nun ja, du weißt ja, dass ich zu Fabian und Stella nicht das beste Verhältnis habe. Und bestimmt haben sie dir auch erzählt, welch grottenschlechte Mutter ich war. Und klar, wie soll jemand, der für seine Kinder nicht da war, besser zu einem Tier sein, und wenn ich …«

      Teresa von Roth unterbrach sie einfach.

      »Kannst du jetzt bitte damit aufhören, Rosmarie? Erst einmal erlaube ich mir kein Urteil darüber, ob du eine gute oder eine schlechte Mutter bist. Jeder tut, was er kann. Was ich dir vorher erzählt habe, hat nichts damit zu tun, ob man als Mutter versagt hat oder nicht. Ich spreche einfach aus Erfahrung, und der Beweis dafür, dass ich recht habe, das sind die überfüllten Tierheime. Und du scheinst deine Kinder nur schlecht zu kennen. Weder Fabian noch Stella haben sich bei mir über dich beklagt.«

      Rosmarie wäre am liebsten im Fußboden versunken, sie fühlte sich dieser Frau gegenüber immer so klein. Dabei tat Teresa nun wirklich nichts, um sich zu profilieren. Sie war einfach nur eine starke Persönlichkeit, die man bewundern musste.

      Teresa klopfte Rosmarie auf die Schulter.

      »Ich schlage vor, du verabschiedest dich jetzt von deiner kleinen Freundin. Und wir zwei gehen zusammen einen Kaffee trinken. Hier ganz in der Nähe gibt es ein entzückendes kleines Bistro, in dem man den allerbesten Kaffee und allen nur möglichen Variationen bekommt. Mir schmeckt am allerbesten der Café au lait. Und ehe wir gehen, verabschieden wir uns von Frau Doktor Fischer, sagen ihr, dass du an Beauty interessiert bist, dass du aber Zeit zum Überlegen brauchst und deswegen erst einmal besuchsweise herkommen möchtest und mit Beauty auch spazieren gehen willst.«

      »Wird sie mich da nicht für unsicher halten?«, erkundigte Rosmarie sich besorgt.

      Teresa schüttelte entschieden den Kopf.

      »Nein, sie wird dich für verantwortungsbewusst halten«, sagte Teresa.

      Sie kramte die letzten Leckerli aus ihrer Tasche, gab sie Rosmarie, und die beugte sich wie ein reich beschenktes Kind zu Beauty hinunter und verfütterte sie an sie, dann streichelte sie das Tierchen, versprach wiederzukommen, ehe sie Teresa folgte. Sie war ziemlich nachdenklich geworden.

      Sie in einem Tierheim.

      Sie vernarrt in einen Hund.

      Das war etwas, was Rosmarie niemals für möglich gehalten hätte. Die alte Rosmarie schien immer mehr zu verschwinden, und es kam eine Frau zum Vorschein, mit der sie selbst erst einmal lernen musste, umzugehen.

      Wer war sie wirklich?

      Wenn sie die alte Rosmarie nicht mehr war, dann bedeutete das doch, dass sie in all den Jahren an sich vorbeigelebt und nur eine Rolle gespielt hatte.

      Rosmarie Rückert war ziemlich verwirrt. Sie konnte sich alles nicht erklären. Schön, gewisse Veränderungen bei sich hatte sie Cecile zugeschrieben, der unehelichen Tochter ihres Mannes.

      Aber die plötzlich erwachte Tierliebe. Womit ließ sich die erklären? Oder suchte sie nur so eine Art von Ersatzbefriedigung, weil ihre Kinder ihr entglitten waren?

      Ihr gingen so viele Gedanken durch den Kopf, und so sehr sie sich auch darauf freute, mit Teresa von Roth einen Kaffee zu trinken, am liebsten wäre sie jetzt allein gewesen, um sich wieder ein wenig zu sortieren. Aber vielleicht wurde sie von Teresa auch abgelenkt, die war immerhin eine Frau, die etwas zu sagen hatte. Und da war Inge Auerbach schon sehr zu beneiden, eine solche Mutter zu haben. Vielleicht wäre ja auch bei ihr manches anders gelaufen, wenn sie andere Eltern gehabt hätte.

      *

      Das kleine Bistro war wirklich entzückend, und es war Teresa auch gelungen, sie nicht nur abzulenken, sondern auch ein wenig aufzubauen, und Rosmarie war ganz glücklich gewesen, als Teresa ihr zum Schluss vorgeschlagen, doch mal wieder gemeinsam in das Tierheim zu gehen. Das war beinahe wie ein Ritterschlag gewesen.

      Rosmarie war so aufgewühlt, dass sie jetzt unmöglich nach Hause gehen konnte. Sie musste es Heinz erzählen, und da konnte sie nicht warten, bis er nach Hause kam, und am Telefon sprach man auch nicht darüber.

      Und da sie gerade an seinem Notariat vorbeikam, ging sie hinein und ließ sich von seiner Sekretärin bei ihm anmelden.

      Das musste sein, auch bei der Familie, Heinz liebte es überhaupt nicht, einfach überfallen zu werden.

      Zum Glück war Heinz allein, und sie durfte auch sofort in sein Allerheiligstes.

      »Rosmarie, ist etwas passiert?«, erkundigte er sich besorgt.

      Rosmarie


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