Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
in den Urlaub fahren wollten. Gehst du jetzt schon zu Flori, Daniela?«
Es berührte sie seltsam, daß das Kind sie so zutraulich beim Vornamen nannte.
»Ja, ich wollte gerade gehen.«
»Er wird sicher schon warten, wenn er munter ist. Soll ich nicht lieber gleich mitkommen, damit Papi auch Gesellschaft hat?«
»Zuerst wird gefrühstückt, sonst ist unsere Mutsch traurig.«
»Mutsch klingt lieb. Sagst du immer so?«
»Ja, eigentlich immer.«
»Es ist gut, wenn man eine liebe Mutter hat, aber für mich ist es besser, daß ich einen lieben Papi habe«, sagte Henrike gedankenvoll.
»Kommst du jetzt, Ricky?« rief Hannelore.
»Ich ziehe mich ganz schnell an, Floris Omi«, erwiderte das Kind. Dann sah sie Daniela an. »Sie ist doch so eine liebe Omi, da mag ich sie doch nicht warten lassen.«
»Und ich freue mich, daß Flori so eine liebe Freundin hat wie dich«, sagte Daniela liebevoll.
Wie oft hatte Florian sie gefragt, warum er keine Geschwister hätte. Anfangs unbefangen, kindlich und erwartungsvoll und später doch schon nachdenklich und mit der Bemerkung, daß der Papa ja Kinder wohl nicht möge.
»Er schimpft ja so auch schon genug, wenn er mal zu Hause ist«, hatte Florian auch gesagt, und dann war das Kind auch trotzig geworden, wenn Rolf ihr gereizte Antworten
gab oder dumme Bemerkungen machte.
»So darfst du nicht mit meiner Mami reden«, hatte er dann gesagt, Und an das, was der Junge dann zu hören bekam, wollte Daniela jetzt gar nicht denken. Ja, jetzt wußte sie es genau, daß sie schon um des Kindes willen die Trennung hätte früher vollziehen müssen. Aber man konnte die Zeit nicht zurückdrehen.
Es war ein sonniger Morgen und Sonntag dazu. In der Klinik herrschte auch Sonntagsstimmung. Die ersten Besucher kamen schon. Die Schwestern mußten Vasen für die Blumen herbeischaffen. Für sie fiel am Sonntag fast noch mehr Arbeit an als an Wochentagen, vor allem aber mehr Unruhe, wenn es dann dem Abend zuging.
Schwester Klara traf Daniela auf dem Gang. »Daß ich es ja nicht vergesse, Frau Alberti, Dr. Thomsen bittet um Ihren Besuch. Vielleicht gehen Sie gleich erst zu ihm, denn Flori schläft noch.«
Frohen Mutes machte Daniela diesen Besuch bestimmt nicht, aber sie wollte sich auch nicht davor drücken.
Henrik Thomsen hatte den Kopfteil schon etwas höher stellen lassen und las jetzt Zeitung, die er aber sofort sinken ließ, als Daniela eintrat.
»Guten Morgen«, wünschte sie verlegen
»Herzlich willkommen«, sagte er, und das nahm ihr sofort die Hemmungen.
»Es geht Ihnen besser, Gott sei Dank«, sagte sie erleichtert.
»Der Kopf ist freier«, erwiderte er. »Wie geht es Florian?«
»Er schläft noch, aber es geht auch schon besser. Und Ricky geht es sehr gut. Sie wird jetzt mit ihrem Opa und meiner Mutter frühstücken.«
»Jetzt haben Sie mit meiner Gesellschaft Mühe.«
»Das ist keine Mühe. Es bereitet Freude. Ricky ist lieb und Ihr Vater ist sehr nett.«
Ein nachdenklicher Blick traf sie. »Er kann ein rechter Brummbär sein, wenn er es mit weiblichen Wesen zu tun hat. Es freut mich, daß Sie ihn nett finden.«
»Ich verlasse mich vorerst auf Muttis Urteil. Wir haben uns nur kurz kennengelernt, aber heute holen wir alles nach.«
»Wir auch, Frau Alberti«, sagte Henrik Thomsen.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich nicht so ansprechen würden«, sagte sie stockend. »Es macht alles fataler.«
»Wie darf ich dann sagen?«
»Ricky sagt schon Daniela zu mir«, erwiderte sie errötend.
»Das ist ja bestens. Ich heiße Henrik.« Sein Gesicht belebte sich. Der herbe Zug verlor sich. Sein Lächeln war herzerwärmend.
»Schade, daß wir uns nicht schon vorher kennenlernten«, fuhr er fort. »Ricky hat mir schon viel von Florian erzählt. Spielen Sie auch Klavier?«
»So für den Hausgebrauch. Flori kann es schon besser. Ich habe ihn eigentlich nur in die Musikschule geschickt, weil er gern Klavier spielen wollte und damit er mit anderen Kindern zusammenkommt. Er geht noch nicht zur Schule. Und ich wollte seinem Vater auch beweisen, daß er nicht zurückgeblieben ist«, fügte sie fast trotzig hinzu.
»Hat er das gesagt?«
»Noch Schlimmeres. Aber Flori hatte nur Angst vor ihm.«
»Das muß arg für Sie gewesen sein.«
»Es ist die Erklärung dafür, daß ich ihn jetzt nicht im geringsten bedauere, obgleich es ihn sehr erwischt hat. Sie haben erfahren müssen, wie rücksichtslos er ist.«
»Sie brauchen sich dafür nicht zu entschuldigen.« Er lächelte flüchtig. »Die Versicherung wird das allerhand kosten. Hoffentlich ist er persönlich auch gut versichert.«
So spricht der Anwalt, dachte sie. »Das ist mir egal«, erwiderte sie. »Ich hatte schon vorher die Absicht, mich scheiden zu lassen.«
»Nun, das ist nicht ausschlaggebend. Wenn Sie auch geschieden werden, und er ist nicht mehr erwerbsfähig, könnte es durchaus möglich sein, daß Sie für seinen Unterhalt beitragen müssen, wenn Sie Vermögen haben oder Geld verdienen.«
Danielas Augen weiteten sich. »Das ist doch nicht wahr!«
»Ja, leider steht das in gewissen Paragraphen. Aber es wird sich alles finden. Ich wollte Ihnen nur sagen, worauf Sie sich gegebenenfalls einstellen müssen.«
»An so was habe ich überhaupt nicht gedacht«, sagte Daniela leise.
»Ihr Anwalt hätte es Ihnen bestimmt gesagt.«
»Ich habe noch keinen.«
Er blinzelte ihr zu. »Jetzt haben Sie einen. Und ich werde das Bestmögliche für Sie tun.«
»Nein, ich kann nicht erwarten, daß Sie auch noch die Kastanien für mich aus dem Feuer holen!«
»Sie haben mich ja nicht gebeten. Ich habe es Ihnen angeboten. Stellen Sie sich eine Scheidung bitte nicht so einfach vor. Ich habe selbst eine durchgemacht. Sie hat mich einen Haufen Geld gekostet, obgleich sie im gegenseitigen Einvernehmen über die Runden ging. Jetzt, nach dem neuen Gesetz, ist eine Scheidung zwar erleichtert worden, aber gleichzeitig wurde sie auch teurer. Aber wir wollen uns jetzt nicht über diese gräßlichen Probleme unterhalten. Ich wollte Sie nur ein bißchen näher kennenlernen und mich bei Ihnen bedanken, daß Sie sich so lieb um Ricky kümmern. Der Gedanke, daß wir jetzt am Comer See liegen und den lieben Gott einen guten Mann nennen könnten, stimmt schon ein bißchen trübsinnig.«
»Es tut mir wirklich sehr leid«, sagte Daniela leise.
»Aber es hat auch seine guten Seiten«, sagte Henrik Thomsen. »Ich habe Florians Mutter kennengelernt, und Ricky scheint ganz zufrieden zu sein, wie auch der liebe Toto.«
Ein scheues Lächeln legte sich um Danielas Mund. »Haben Sie Ihren Vater immer so genannt?« fragte sie.
»Gott bewahre. Meine Mutter hätte das nie gestattet. Sie legte immensen Wert auf Formen. Darauf kam ich erst, als wir mehr wurden als Vater und Sohn.«
»Mehr? Kann man noch mehr werden?«
»Sie wissen ja aus Erfahrung, daß ein Vater nicht immer der Freund eines Kindes sein muß. Mein Vater ist mein bester Freund. Seit ich Toto zu ihm sagen darf, sind wir noch enger verbunden. Nun wissen Sie schon eine ganze Menge über mich und ich über Sie. Mir kommt da eine Idee. Ich werde mit Herrn Alberti einen Kompromiß schließen.«
»Was für einen Kompromiß?« fragte Daniela.
»Ich