Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
wer ist denn diese Katja Höller?«
»Die Kinderärztin, bei der das Baby hinterlegt wurde. Bedauerlicherweise trägt sie auch noch den gleichen Namen wie wir.«
»Wie gräßlich. Ist sie auch gräßlich?«
»Quatsch, dann hätte sie bei Mama doch nicht so einen Stein im Brett. Sie ist eine ansehnliche Person, aber mich behandelt sie wie Abfall. Ich werde ihr schon beweisen, daß ich nicht Ullis Vater bin. Es wäre ja gelacht, wenn es an mir hängenbleiben würde. Du schwörst also, daß du mit Anita nichts gehabt hast?«
»Dazu bin ich viel zu feige, Marian. Mir langt es außerdem wirklich, wenn ich meinen ehelichen Pflichten genüge, und zwei Kinder langen mir auch. Immerhin hast du erreicht, daß ich doch die Pfingstferien en famille verbringen werde, damit Hella ja nicht auf den Gedanken kommt, daß ich fremdgehen könnte, wenn ich mich mal wieder in die Einsamkeit zurückziehe. Eine Ehe bringt schon gewisse Annehmlichkeiten mit sich, und Hella ist ja auch nicht zu verachten.«
»Und sie könnte auch auf den Gedanken kommen, nach einem anderen Mann Ausschau zu halten, wenn du deinen ehelichen Pflichten nicht genügst«, spottete Marian.
»Nie, das würde sie mir nie antun«, sagte Arndt.
»Weiß man es? Weißt du, manchmal denke ich schon, daß wir Männer uns besondere Privilegien zubilligen.«
»Und das sagst du?« staunte Arndt. »Wer hat diese Wandlung bewirkt? Das Baby oder die Kinderärztin?«
»Mama mit ihrer geradezu unheimlichen Toleranz.«
Arndt lächelte spöttisch. »Und eines Tages wirst du genau die Frau heiraten, die sie für gut befindet«, sagte er.
»Ich heirate nie. Du siehst ja, daß ich auch so zu einem Kind komme«, erwiderte Marian.
»Gib mir jetzt die Adressen von Frank und Ralf.«
Arndt seufzte abgrundtief. »Dann aber nehmen sie mich in die Zange, weil ich von der Wette erzählt habe.«
»Davon werde ich nichts sagen. Das verspreche ich dir. Und falls du doch Ullis Vater sein solltest, nehme ich es lieber auf mich, um deine Ehe nicht zu gefährden.«
»Ich bin froh, ein reines Gewissen zu haben«, sagte Arndt. »Schließlich bleibt so was nicht in den Kleidern hängen, das geht unter die Haut. Gehn wir jetzt ins Casino?«
»Du hast Nerven«, sagte Marian. »Ich scheine mich in einer Pechsträhne zu befinden.«
»Riskieren wir fünfhundert«, schlug Arndt vor. »Das ist zu verschmerzen.«
»Okay.«
Schon zwei Stunden später verließen sie das Casino mit je fünfzehntausend Euro in der Tasche, denn Arndt hatte auch immer die gleichen Zahlen gesetzt wie Marian.
»Glück im Spiel, Unglück in der Liebe«, brummte Marian.
»Meinen Gewinn bekommst du für das Baby, falls du es vor die Tür setzt«, sagte Arndt.
»Mama wird mir was husten. Und wenn ich es recht bedenke, ist es gar nicht so schlecht, Vater zu sein. Damit hält man sich gewisse Dämchen vom Leibe. Aber ich kann mich darauf verlassen, daß du über diese Sache schweigst.«
»Ich werde mich hüten, auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Übrigens fällt mir gerade jetzt ein, daß die Gouvernante mit Nachnamen Baecker hieß.«
»Wieso fällt es dir jetzt ein?« fragte Marian.
»Schau mal da hinüber. Pension
Baecker steht da über der Tür.«
Marian atmete tief durch. »Warte ein paar Minuten«, stieß er hervor und lief über die Straße. Aber tatsächlich kam er nach wenigen Minuten zurück.
»Eine Anna Baecker gibt es da nicht. Blöd angeschaut haben sie mich«, erklärte er atemlos.
»Baeckers gibt es bestimmt noch mehr als Höllers«, sagte Arndt seufzend. »Du tust mir leid, Marian. Es wird nicht leicht sein, eine Anna Baecker zu finden oder eine Anita, an deren Nachnamen ich mich wirklich nicht erinnern kann.«
»Aber ich weiß die Adressen von Ralf Esser und Frank Degato. Ich fahre jetzt nach Köln.«
»Mitten in der Nacht?«
»Ich werde schon irgendwo ein Bett finden.«
»Aber bitte nicht bei einer Anita«, lästerte Arndt.
»Du wirst es nicht glauben, aber nach Frauen steht mir nicht der Sinn und nach Wein mit Whisky erst recht nicht. Ich habe zwei Mokka getrunken, wie du bemerkt haben dürftest, und ich bin topfit.«
»Dann toi, toi, toi!«
»Und dir schöne Pfingstferien mit Familie.«
»Alter Spötter!«
»Vielleicht werden sie wirklich schön nach dem Schreckschuß. Es hätte ja sein können, daß…«
»Hör bloß damit auf! Immerhin, zu deiner Erinnerung, ich bin Jurist, falls du so einen brauchst.«
*
Kurz vor Köln hatte Marian in einem Motel ein paar Stunden geschlafen. Aber so wild hatte er in seinem ganzen Leben nicht geträumt. Ein ganzer Reigen von Frauen war an seinen Augen vorübergezogen, ein turbulenter Film, der ihm Schweißausbrüche verursachte. Eine kalte Dusche nach dem Erwachen schien dann alles auszulöschen. Er fühlte sich als ein fremder Mensch, jäh ernüchtert, um Jahre gealtert.
Beim Frühstück, er hatte trotz allem gewaltigen Hunger, saß ihm eine attraktive schwarzhaarige Schönheit am Nebentisch gegenüber. Er nahm nur flüchtig Notiz von ihr, obgleich samtweiche dunkle Augen auf ihn gerichtet waren.
Ihr könnt mich alle mal, dachte er, ich falle auf euch nicht mehr herein, aber plötzlich konnte er sich an Anita erinnern. Sie hatte auch schwarzes Haar gehabt und dunkle, brennende Augen. Ein Puppengesicht! Warum war er eigentlich immer auf den gleichen Typ Frau hereingefallen? War er überhaupt mal allein mit Anita gewesen?
Ein Bild aus dem Traum schien Wirklichkeit zu werden. Am Strand hatte er mit ihr gelegen. »Frankfurt ist doch nicht so weit von München. Wir könnten uns mal treffen, Marian«, schien eine Stimme zu sagen. »Ich heiße Anita List«.
Er verschluckte sich fast, als ihm der Name ganz plötzlich in den Sinn kam. Er sprang auf und lief eilig hinaus. Der Ober folgte ihm sogleich, sagte ihm, was er zu zahlen hätte. Er drückte ihm einen Geldschein in die Hand.
Ebenso schnell bezahlte er die Rechnung für das Zimmer, und schon saß er wieder in seinem Wagen.
Köln war nicht mehr weit und die Adresse von Frank Degato hatte er.
Er mußte sich durchfragen und kam zu einem Neubauviertel. Billig sah es da nicht aus. Die Terrassenwohnungen verrieten, daß die Besitzer ziemlich betucht sein mußten, aber Frank Degato war nicht anwesend. Der Hausmeister sagte es ihm.
»Er ist auf Hochzeitsreise und kommt erst in vier Wochen zurück.«
»Auf Hochzeitsreise? Kennen Sie seine Frau?« fragte Marian hastig.
»Ja, freilich. Eine nette Frau. Hat die Wohnung eingerichtet.«
»Heißt sie Anita?«
»Nein, nicht Anita, Anna heißt sie. Frank und Anna Degato sind die Besitzer der Wohnung. Gekauft hat sie Anna Baecker.«
»Baecker, Sie sind sicher, daß sie mit Mädchennamen Baecker hieß?« fragte Marian erregt.
»Da bin ich ganz sicher, aber ich will nicht, daß sie Unannehmlichkeiten bekommt. Sie ist eine sehr nette Frau, und sie sind sehr glücklich. Falls Sie ein Verehrer von ihr sein sollten…«
»Gott bewahre mich, ich habe andere Sorgen. Ich hinterlasse eine Nachricht für das Ehepaar Degato, das wird doch gestattet sein. Wissen Sie, wohin sie gefahren sind?«
»Keine Ahnung, wer sagt denn schon, wohin