Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
konnte Katja nun ihre Hausbesuche machen, und zuerst fuhr sie gleich zu den Eblings. Nun erfuhr sie schnell, weshalb sich Rosmarie Ebling so aufregte, denn der kleine Maxi hatte viele rote Pünktchen im Gesicht, und die junge Mutter fürchtete, es könnten die Röteln sein. Als werdende Mutter war solche Sorge durchaus berechtigt, und Rosmarie konnte nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob sie als Kind schon die Röteln gehabt hätte.
Während Katja den Kleinen untersuchte, am Körper aber keine Rötungen entdecken konnte, fragte sie, was er denn gegessen hätte. Nun, nichts anderes als sonst, meinte Rosmarie, und schließlich war es der Kleine selbst, der eine Erklärung gab, als Katja die Pünktchen mit der Lupe betrachtete. »Balli sucht, immer kiekiek macht«, plapperte er.
»Das hat er schon ein paarmal gesagt«, meinte Rosmarie, »aber ich weiß nicht, was er meint.«
»Garten«, sagte Maxi strahlend.
»Ja, er war im Garten«, bestätigte seine Mutter.
»Dann zeig mir mal, wo es kiekiek gemacht hat, Maxi«, forderte ihn Katja auf.
Halbnackt, wie er noch war, wollte er gleich hinauslaufen, aber dann ließ er sich doch ankleiden. Und schon trabte er dann auch los, auf die dichte Tannenhecke zu.
»Halt«, sagte Katja energisch, als er sich auf den Boden setzte und darunter kriechen wollte.
»Kiekiek, immer kiekiek«, sagte er.
»Da haben wir die Erklärung«, sagte Katja, die Tannenzweige befühlend. »Sehr stachlige Nadeln, die hat er ins Gesicht bekommen. Zum Glück keine Röteln, Frau Ebling.«
»Da bin ich aber sehr erleichtert, wenn Maxi auch so scheckig aussieht.«
»Das wird bald wieder besser sein. Ich verschreibe eine Salbe, die Sie dann auftragen.«
»Sie verstehen aber schon, daß ich mir schreckliche Sorgen gemacht hatte«, sagte Rosmarie. »Ein behindertes Kind möchte ich nicht haben. Man liest ja so viel, und es passiert ja auch genug.«
»Ja, leider«, erwiderte Katja.
Etwas anderes hatte Rosmarie aber auch noch auf dem Herzen. »Was ist nun eigentlich mit dem Baby, das man bei Ihnen in der Klinik zurückgelassen hat?« fragte sie. »Stimmt es, daß Frau Höller es zu sich genommen hat?«
»Wer sagt das?« fragte Katja leicht bestürzt.
»Die Schölers wohnen da doch nebenan, und ich bin mit Renate Schöler befreundet. Sie hat Sie dort schon ein paar Mal hineingehen sehen, und ab und zu hört man auch ein Baby weinen. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich danach frage, es ist nicht bloß Neugierde. Wir haben gute Bekannte, die gern ein Kleinkind adoptieren würden. Marian Höller ist doch gar nicht verheiratet, und für eine ältere Dame ist es sicher nicht so einfach, sich auf ein Baby einzustellen.«
»Oh, Frau Höller kommt damit sehr gut zurecht«, sagte Katja, »und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn darüber nicht viel gesprochen würde. Immerhin steht doch Ihr Mann in geschäftlicher Verbindung mit Herrn Höller, und es wäre mir unangenehm, wenn er dadurch ins Gerede gebracht würde.«
»Er ist ja eigentlich ein sehr netter Mann, aber als Vater könnte ich ihn mir schwerlich vorstellen«, sagte Rosmarie. »Ein irrer Typ, aber ich möchte mit so einem Mann nicht verheiratet sein. Da käme ich aus der Eifersucht gar nicht mehr heraus, so sehr sind die Frauen hinter ihm her.«
»Jedenfalls hat er eine reizende Mutter«, sagte Katja ablenkend. »Und ihr macht es Freude, das Baby zu betreuen.«
»Wie sind Sie nur auf Frau Höller gekommen?« fragte Rosmarie nun doch sehr neugierig.
Die Fragen waren Katja alles andere als angenehm, aber sie blieb gelassen.
»Durch Dr. Norden«, erwiderte sie geistesgegenwärtig. »Ich hätte es ja nicht behalten können.«
»Vorübergehend hätte ich es auch genommen«, erklärte Rosmarie.
»Sie haben ja diesen lebhaften kleinen Burschen zu beaufsichtigen, und er scheint schon sehr unternehmungslustig zu sein.«
»Aber für so ein armes Würmchen muß man doch etwas tun«, meinte Rosmarie.
»Er ist jetzt wirklich bestens aufgehoben, und an eine Adoption durch irgendwen wäre gar nicht zu denken, solange die Mutter nicht gefunden ist«, erklärte Katja, um das Gespräch darüber zu beenden. »Und nun muß ich weiter, Frau Ebling.«
»Sie halten mich hoffentlich nicht für aufdringlich«, sagte die andere nun verlegen.
Katja überlegte einen Augenblick. »In diesem Zusammenhang eine Frage, Frau Ebling. Meinen Sie, daß Sie diese junge Frau wiedererkennen würden, die das Kind brachte?«
»Möglich ist das schon, aber es war nichts Auffälliges an ihr. Wie vom Lande kam sie mir vor. Ich habe sie auch nur kurz gesehen. Ja, wenn ich vorher gewußt hatte, was sie vorhat, hätte ich sie mir schon ganz genau angeschaut. Aber mehr, als ich schon sagte, weiß ich tatsächlich nicht. Es ist allerhand, was so alles passiert. Da werden Kinder aus einem abgestellten Kinderwagen entführt oder gar mitsamt diesem, und andere setzen ihre Kinder aus.«
Nun verabschiedete sich Katja aber doch rasch, bevor Rosmarie Eblings Redefluß wieder nicht mehr zu stoppen war. Aber etwas sagte diese dann doch noch, worüber Katja auch schon nachdachte. Zumindest solle man mit einem Anwalt über diese Geschichte sprechen. »Sonst könnten Sie auch noch Unannehmlichkeiten bekommen, Frau Doktor.«
*
Mit seinem Anwalt sprach Marian Höller zu dieser Zeit über das Kind. Ob man da nicht lieber gleich die Polizei eingeschaltet hätte, meinte der, nachdem er seine Fassung wiedergewonnen hatte.
»Dann bekäme ich es mit meiner Mutter zu tun«, erklärte Marian. »Sie will das Kind unbedingt behalten. Ich habe auch nicht die Absicht, die Geschichte publik zu machen. Ich möchte sie nur geklärt wissen.«
»Dann sollten Sie persönlich im Hintergrund bleiben und einen Privatdetektiv mit den Nachforschungen nach der Mutter beauftragen«, meinte Dr. Spingler. »Allzu schwer dürfte das doch gar nicht sein, da Sie den Namen und ein paar Adressen haben.«
»Ich werde es mit meiner Mutter besprechen«, erklärte Marian.
»Auf keinen Fall dürfen Sie die Vaterschaft anerkennen, bevor nicht die ganze Sachlage geklärt ist.«
»Das brauchen Sie mir nicht extra zu sagen«, meinte Marian grimmig. »Ich gewinne immer mehr die Überzeugung, daß man mich hereinlegen will. Vielleicht soll ich auch nur unmöglich gemacht werden.«
»Aber es ist eine Tatsache, daß Ihnen diese Anita persönlich bekannt war«, sagte der Anwalt.
»Ja, leider, aber vorerst habe ich genug von den Frauen.«
Mal sehen, wie lange, dachte Dr. Spingler ein wenig ironisch, aber er wußte sehr gut, daß die Frauen es waren, die Marian nachrannten und er sich keineswegs um die Gunst irgendeiner bemühen brauchte.
Nun wollte es der Zufall, daß Marian und Katja zusammentrafen, als sie endlich ihren täglichen Besuch bei Ulrike Höller machen konnte. Als sie Marian gewahrte, wäre sie am liebsten wieder in ihren Wagen gestiegen, doch er schien das zu ahnen und trat schnell auf sie zu.
»Sie werden doch vor mir nicht die Flucht ergreifen wollen«, sagte er spöttisch. »Ich beiße nicht. Ich denke, es wäre an der Zeit, daß wir uns auch mal vernünftig unterhalten.«
»Worüber?« fragte sie kühl.
»Über das Kind, über meine Mutter, über meine Einstellung zu dieser Geschichte.«
»Ihre Einstellung kenne ich bereits«, erwiderte Katja.
»Ich könnte sie ja ändern«, sagte er ruhig.
Ungläubig blickte sie ihn an. »Sie wollen sich zu dem Kind bekennen?«
»Das habe ich nicht gesagt, aber wir brauchen uns nicht hier draußen zu unterhalten. Meine Mutter erwartet Sie sicher