Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Haus für Haus können wir ja nicht absuchen.«

      »In solchen Orten kennt doch jeder meistens jeden«, sagte Katja. »Ich werde es mal in einem Lebensmittelgeschäft versuchen.«

      »Ein guter Gedanke. Ich erkundige mich, ob hier irgendwo ein Entbindungsheim ist.«

      »Die Idee ist noch besser«, gab Katja zu. »Aber sollte das der Fall sein, werde besser ich es aufsuchen. Als Ärztin wird man da wohl nicht so schief angeschaut wie ein Mann.«

      Er lächelte, und mit diesem Lä­cheln schlug er eine Brücke, so warm war es.

      »Wir kommen uns ja schon näher«, sagte er verhalten. »Vielleicht werden wir eines Tages noch Freunde, Katja. Damit würden wir Mama wohl die größte Freude bereiten.« Er legte seine Hand auf ihre Schulter. »Jetzt gehen wir erst mal getrennte Wege, dann treffen wir uns dort in dem Gasthof. Er sieht recht einladend aus. Einverstanden?«

      Sie nickte. Er blickte ihr noch nach, wie sie langsam die Straße hügelan ging. Die Sonnenstrahlen setzten goldene Fünkchen in ihr kastanienbraunes Haar. Dann verschwand sie hinter einer Ecke.

      Er ging zum Gasthof, denn er hatte Durst. Seine Kehle war trocken, wohl auch von der inneren Erregung, die ihn gefangen hielt.

      Katja hatte ein Textilgeschäft entdeckt, und rasch kam ihr der Gedanke. daß man für ein Baby Kleidung und Windeln brauchte. Und im Schaufenster entdeckte sie dann ein Strampelhöschen, wie Ulli eines getragen hatte.

      Sie atmete tief durch, bevor sie das Geschäft betrat. Eine rundliche ältere Frau, die recht gemütlich ausschaute, stand an der Kasse. Durch dicke Brillengläser wurde Katja forschend gemustert.

      »Sie wünschen?« fragte die Frau.

      Katja hatte sich umgeblickt und konnte keine weitere Person entdecken. »Ein paar Babysachen möchte ich kaufen«, sagte sie.

      »Für welches Alter?«

      »Etwa ein halbes Jahr.«

      Recht nette Sachen wurden ihr vorgelegt, und sie wählte auch ein paar aus. Dann fragte sie: »Vielleicht können Sie mir weiterhelfen. Ich suche eine junge Frau, die ich einmal kennenlernte. Sie heißt List, Anita List.«

      »Nicht Anita, Maria«, erwiderte die Frau unbefangen. »Das arme Ding.«

      »Was ist denn mit ihr?« fragte Katja, ihre Erregung kaum noch verbergen könnend.

      »Das Haus ist doch abgebrannt vor ein paar Wochen. Im Bett hat er immer rauchen müssen, der alte List, und das war sein Ende. Aber die Maria muß es halt büßen. Hat eh nichts vom Leben gehabt. Und dann nicht mal mehr ein Dach über dem Kopf.«

      »Und wo ist sie nun? Ich würde ihr gern helfen«, sagte Katja.

      »Weggegangen ist sie wohl, sich eine Stellung suchen, und das Pflegekind wollte sie wohl nun in ein Heim bringen. Was sollte sie sonst auch machen, wo sie selbst nichts mehr zu beißen hatte. Er war ja nicht mal versichert.«

      »Das tut mir für die Maria leid«, sagte Katja. »Ihre Adresse haben Sie nicht?«

      »Nein, aber vielleicht weiß die alte Kreszenz mehr. Die haben’s ins Altersheim gebracht. Das war wohl am ärgsten für die Maria, wo die Kreszenz doch für sie wie eine Mutter gesorgt hat. Aber getaugt hat der alte List nix, gar nix.«

      Du lieber Himmel, was werden wir da noch alles erfahren, dachte Katja. Aber sie erfuhr wenigstens, in welchem Altersheim die Kreszenz lebte und mit Nachnamen Scheidhuber hieß. Sie kaufte dann noch einige Sachen, um sich der Geschäftsinhaberin dankbar zu erweisen, und die sagte, daß es wohl eine große Freude für die Maria wäre, wenn sich jemand noch um sie kümmern würde.

      »Das werde ich gern tun, wenn ich sie finde«, versicherte Katja.

      Sie brauchten nicht weiter zu forschen. Sie ging zu dem Gasthof, und dort saß Marian mit dem Wirt am Tisch, der sich aber sofort erhob, nachdem er Katja nach ihren Wünschen gefragt hatte.

      »Ich denke, wir werden essen«, erklärte Marian. »Es duftet schon verlockend aus der Küche.«

      »Die Herrschaften werden zufrieden sein«, sagte der Wirt. »Wär’ der Hasenrücken angenehm?«

      Damit war auch Katja einverstanden, nicht ahnend, welche Riesenportionen sie vorgesetzt bekommen würden.

      »Haben Sie etwas erreicht?« fragte Marian.

      Sie nickte und schaute sich um, ob ihnen auch niemand zuhören könnte.

      »Ich auch«, sagte Marian leise. »Es gibt ein Entbindungsheim, so zehn Kilometer entfernt. Da fahren wir nachher hin.«

      Sie erzählte, was sie erfahren hatte, aber dann konnten sie sich das köstliche Essen schmecken lassen.

      »Jetzt müßten wir eigentlich die zehn Kilometer laufen«, sagte Katja seufzend, »aber gut war’s!«

      Wie natürlich sie ist, dachte Ma­rian. »Ein andermal«, sagte er leichthin, und verlegen fügte er hinzu: »Ich hoffe es wenigstens, daß sich zu anderer Zeit Gelegenheit zu einem Ausflug bieten wird mit Mama.«

      »Mit dem Kinderwagen über Stock und Stein«, lächelte Katja.

      »Mir war das am liebsten. Mama hat es jedenfalls immer erzählt. Holterdipolter mußte es bei mir gehen. Na, vielleicht ist mir davon was geblieben.«

      Nun mußte sie lachen. »Ich hatte das auch sehr gern, wie meine Mutter zu erzählen wußte. Aber das mögen wohl die meisten Kinder.«

      »Sie hatten bestimmt auch eine liebe Mutter«, sagte Marian leise.

      »Ja, eine sehr liebe.«

      »Und Sie würden auch eine liebevolle Mutter sein.«

      »Um das zu umgehen, wurde ich Kinderärztin«, erwiderte Katja. Etwas in ihrem Tonfall warnte Marian, das Thema fortzuführen. Und die Zeit verging ohnehin viel zu schnell.

      Sie fuhren zu dem Entbindungsheim. Es war ein hübsches Häuschen, wahrhaftig nicht groß.

      »Die Hebamme heißt Rittner«, sagte Marian. »Sie nimmt nur ledige Mütter. So wurde es mir gesagt. Es gibt anscheinend noch welche, die sich verstecken.«

      »Mehr als Sie denken«, sagte Katja. »Dann werde ich mal starten.«

      »Toi, toi, toi«, sagte er.

      »Drücken Sie den Daumen«, erwiderte Katja.

      Die Rittner-Resi, so stand es an der Tür, war eine knorrige Frau, aber sie machte keineswegs einen abschreckenden Eindruck. Die hellen Augen blickten freundlich, obgleich Katja sich abschätzend gemustert fühlte.

      Und daß die Resi eine gute Menschenkenntnis besaß, verriet sie mit den Worten: »Um Aufnahme kommen Sie aber net.«

      Als Katja sich als Ärztin vorstellte, wurde sie schon ein bißchen skeptischer. Ob sich denn jemand über sie beschwert hätte, fragte sie.

      Katja verneinte es. »Ich möchte Ihnen aus ganz bestimmten Gründen nur eine vertrauliche Frage stellen, Frau Rittner«, sagte sie vorsichtig. »Ich befinde mich in einer sehr prekären Situation.«

      »Abtreibung gibt’s bei mir nicht«, bekam sie zur Antwort.

      »Darum handelt es sich auch nicht, sondern um ein Baby, das mir sozusagen vom Himmel in die Praxis fiel.«

      »Ein Baby, das was mit mir zu tun haben sollte?« fragte Resi Rittner aufgeregt, »das darf es doch gar nicht geben. Das müssen Sie mir schon genau erklären.«

      »Es handelt sich um das Kind, das eine gewisse Anita List zur Welt gebracht hat«, sagte Katja ruhig.

      Alles Blut wich aus Resi Rittners Gesicht, und ihre Hände hoben sich abwehrend.

      »Nein, das nicht, das doch nicht«, stammelte sie. »Was ist mit dem Kind?«

      »Bitte, beruhigen Sie sich, Frau Rittner, dem Kind geht es gut. Ich möchte Sie nur fragen, was Sie mir darüber sagen können.«


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