Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
bekam und welche Angaben Anita List möglicherweise über den Vater gemacht hat.«
Resi starrte vor sich hin, dann faltete sie die Hände. »Ich habe sie doch nur der Maria zuliebe aufgenommen«, murmelte sie. »Maria hat mir hier öfter ausgeholfen. Personal bekommt man ja kaum, und verschwiegen sollen sie halt auch sein. Wissen Sie, hier kommen die Mädchen aus gutem Hause her, von denen niemand erfahren soll, daß sie ein Kind bekommen. Und ich vermittele dann auch die Adoption. Alles reell, Frau Doktor, das müssen Sie glauben. Jetzt muß ich erst einen Tee trinken. Möchten Sie auch einen?«
»Gern«, erwiderte Katja, die froh war, daß sich diese Frau nicht in Schweigen hüllte. Aber ihr schien die Angst um ihre Existenz im Nacken zu sitzen.
Katja blickte sich um. Alles war blitzsauber, und hübsch eingerichtet waren die Räume auch, die sie bisher gesehen hatte. Nun hörte sie ein Baby weinen.
Resi kam mit dem Tee zurück. »Ich muß nur erst nach dem Kleinen sehen«, sagte sie, »entschuldigen’s vielmals, Frau Doktor.«
»Kann ich Ihnen helfen? Ich bin Kinderärztin.«
»Ja, bei dem Kleinen hätte ich schon gerne einen Rat«, erwiderte Resi zugänglich. »Er spuckt so viel. Aber bittschön nicht in die Zimmer schauen, wo die Mütter liegen.«
In dem Säuglingszimmer standen vier Bettchen. Drei waren belegt. Zwei Babys schliefen und ließen sich durch das Weinen des dritten nicht stören. Das war ein sehr zartes Kind.
»Ein bissel zu früh ist er gekommen, aber die Mutter hat genug Milch«, sagte Resi leise.
»Vielleicht bekommt ihm gerade Muttermilch nicht, oder die Mutter ist zu nervös«, sagte Katja.
»Nervös ist sie schon arg. Weg will sie so schnell wie möglich, aber grad wegen dem Milchfluß kann ich sie noch nicht weglassen.« Katja gewann mehr und mehr den Eindruck, daß Resi äußerst gewissenhaft war.
»Pumpen Sie die Milch ab, und geben Sie sie dem Kleinen in der Flasche«, schlug Katja vor. »Dann bekommt sie ihm vielleicht besser. Manche Mütter haben keine Geduld, und das überträgt sich auf das Baby. Außerdem ist das Zungenbändchen angewachsen, und das ist dem Baby hinderlich. Haben Sie die Instrumente da, dann kann ich es beheben.«
»Aber passieren darf dem Kind nichts«, sagte Resi.
»Ganz gewiß nicht. Kommt denn kein Arzt her?«
»Doch schon, aber zur Zeit ist er im Urlaub. Mußte mal ausspannen, und seine Vertretung wollte ich nicht herholen.«
Alles gut und schön, dachte Katja, aber es könnte doch einmal nicht gutgehen, wenn kein Arzt zur Stelle ist. Wie mochte Resi Rittner wohl mit Komplikationen fertig werden?
Sie beschäftigte sich mit dem Kleinen, während Resi wohl der Mutter die Milch abpumpte, dann kam sie mit einem Fläschchen wieder.
»Die geborene Amme wär’ das, aber gerade solche Frauen sind oft so schwierig«, murmelte Resi. »Am liebsten hätte sie das Kind gar nicht ansehen wollen, nur weil die Milch so schnell eingeschossen ist, hab’ ich sie überreden können. Aber sie mag den Kleinen einfach nicht.«
Das Baby trank jetzt geradezu gierig. »Sind alle Frauen, die zu Ihnen kommen, entschlossen, ihr Kind wegzugeben?« fragte Katja.
»Ja, zuerst alle, aber manche behalten es dann doch, wie die Anita. Darüber reden wir dann. Mir wird auch wohler sein, wenn ich das nicht herumschleppen muß, schon wegen der Maria.«
Nun war das Baby satt und ruhig. Behutsam legte es Resi ins Bettchen und deckte es zu.
»Wird einen guten Platz bekommen«, sagte sie mehr zu sich selbst. »Und wenn die Mutter erst weiter ist, bin ich froh.«
»Ich werde Ihnen ein Mittel sagen, das den Milchfluß stoppt.«
»Man sollte der Natur immer seinen Lauf lassen«, brummte Resi.
»Viele Frauen wollen in den Beruf zurück, und dann können sie ihr Kind nicht mehr stillen«, sagte Katja.
»Ich habe ja für vieles Verständnis«, meinte Resi, »vor allem für die, die von dem Kindsvater sitzengelassen werden und erst dann begreifen, was auf sie zukommt, aber die Mutter von dem Kleinen ist nur aufs Geld aus, was ihr geboten wurde. Da bin ich erst später draufgekommen. Das ist so eine Geschichte für sich, aber mehr sag’ ich nicht darüber.«
»Ich möchte eigentlich auch nur mehr über Anita erfahren«, sagte Katja freundlich.
»Ja, das war so. Die kam erst kurz vor der Geburt her. Die Maria hat sie gebracht. Ein hübsches Ding, das muß man schon sagen. Sie hat auch heiraten wollen, aber der Mann sei im Ausland, hat sie gesagt. Und erst müßte das Kind ja auf der Welt sein, bevor sie die weite Reise antreten könnte.«
Der Tee war inzwischen abgekühlt, aber mit dem Zitronensaft war er sehr erfrischend. Hastig trank Resi eine Tasse, dann stand sie wieder auf und holte ein Buch.
»Alles hab’ ich ja nicht im Kopf«, murmelte sie. Aber lange zu suchen brauchte sie nicht, bald hatte sie die Eintragung gefunden, die sie suchte.
»Da haben wir es ja«, sagte sie erleichtert. »Der Bub ist am dritten Februar geboren. Narrisch kalt war es da, und viel Schnee hatten wir. Sechs Pfund hat er gewogen und fünfzig Zentimeter war er lang. Und die Namen Ralf Frank Marian sollte er bekommen. So ist es auch eingetragen. Aber den Vater hat sie nicht genannt. Nur gekichert hat sie dabei, als wär’s eine Gaudi. Das hat mir nicht gefallen. War eine Cousine von der Maria, eine ganz flotte. Hat wohl keiner damit gerechnet, daß sie so schnell sterben würde.«
Jetzt wurde Katja blaß. »Sie lebt nicht mehr?« fragte sie heiser.
»Deshalb hat ja die Maria das Kind genommen. Es sollte nicht in fremde Hände kommen.«
Katja zwang sich zur Ruhe. »Woran ist Anita gestorben?« fragte sie bebend.
»Nicht an der Geburt. Das ging alles glatt, war bestens in Ordnung. Mit dem Auto ist’s dann passiert. Sie hatte ja eins. Geld hatte sie wohl auch. Nach Italien wollte sie fahren, aber nicht weiter als nach Innsbruck ist sie gekommen. Es war ja noch Schnee und glatt. Sie war auch selber schuld. Das Baby war auf dem Hof bei Maria. Der ist dann aber abgebrannt. Maria hat das Kind gerettet, aber alles war hin. Ich verstehe nur nicht, daß sie nicht zu mir gekommen ist mit dem Kleinen. Können Sie es mir sagen?«
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, Frau Rittner. Aber Sie waren offen, und ich will es auch sein.« Und dann erzählte Katja, wie sie zu dem Kind gekommen war. Aber sie erwähnte nichts von Marian. Eine Erklärung dafür gab sie nicht.
Resi Rittner schüttelte den Kopf immer wieder.
»Maria fährt nach München und läßt das Kind in einer Arztpraxis zurück. Das paßt nicht zu ihr«, sagte sie rauh.
»Sie war sicher in einer Notlage.«
»Es paßt nicht zu ihr. Sie muß ganz durcheinander gewesen sein. Erst Anitas Tod, dann der Brand und der Tod des Vaters. Mei, er war so ein Versager, aber sonst schon ein gutmütiger Kerl. Sonst hätt’ er ja auch das Kind nicht geduldet. Aber Sie können mir das Kind ruhig bringen. Ich finde schon auch für ihn einen guten Platz.«
»Den habe ich schon gefunden, darum müssen Sie sich keine Gedanken machen. Jetzt möchte ich nur Maria finden.«
»Sie ist ein gutes Mädchen, ein sehr gutes, halt nur nicht so eins, das einen Mann findet.«
Aber auch die gute Resi Rittner war so verwirrt, daß sie gar keine Fragen stellte, wieso Katja auf sie gekommen sei, und darüber war Katja froh. Sie dachte jetzt an Marian. Er hatte schon lange warten müssen.
»Werden Sie mir Bescheid geben, wenn Sie etwas über Maria erfahren?« fragte Resi, als sie sich verabschiedete.
»Dasselbe möchte ich Sie auch bitten, Frau Rittner. Hier ist meine Karte.«
»So was ist mir noch nie passiert, das dürfen Sie mir glauben, nein, so was noch nicht.«
»Ich wünsche