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nicht mal besuchen?« fragte sie.

      »Er möchte wohl, aber dann würde Hella mitkommen. Es ist nicht einfach, mit einem schlechten Gewissen leben zu müssen, mein Liebes. Um davon befreit zu werden, braucht man die richtige Frau.«

      »Du brauchst doch aber kein schlechtes Gewissen zu haben, Marian, du zu allerletzt«, erwiderte Katja zärtlich.

      »Ich habe ja auch die verständnisvollste Frau bekommen.«

      »Darf ich mal stören, Désiree hat Hunger?« fragte Ulrike.

      »Du störst nie, Mama«, erwiderte Katja.

Wie war es wirklich, Nicola?

      Paradies nannten die Gebirgler das Tal, durch das Daniel und Fee Norden wanderten, und auch sie fanden es paradiesisch schön. Es war ein herrlicher Morgen, frisch, aber sonnig, und die Luft war so würzig, daß sie immer wieder ganz tief atmeten.

      Die Kinder waren auf der Insel der Hoffnung in bester Obhut, und so konnten Daniel und Fee mal einen Tag in aller Ruhe und Besinnlichkeit genießen. So dachten sie jedenfalls, als sie nun bergan stiegen, der Sonne entgegen, unter deren Strahlen die Tautropfen auf den Wiesen wie Perlen schimmerten.

      »Ganz schön anstrengend«, schnaufte Fee nach einer guten halben Stunde. »Ich bin nichts mehr gewohnt.«

      »Wir können ja ausruhen«, meinte Daniel. »Wir haben Zeit, und talwärts geht es dann wieder leichter.«

      Er suchte nach einem trockenen Platz. Fee hob lauschend den Kopf. »Der Wasserfall muß ganz in der Nähe sein«, sagte sie. »Paß auf, daß du nicht abrutschst, Schatz. Hier ist es ganz schön glitschig, nichts zum Niedersetzen.«

      Aber Daniel hörte augenblicklich gar nicht zu, denn er hatte etwas im Gras entdeckt, was ihn stutzig machte. Es war ein Damenschuh, und der sah nicht so aus, als würde er schon lange dort liegen. Und auch Fee hatte plötzlich etwas entdeckt. Ein buntes Kopftuch mit Fransen. Ein ähnliches besaß sie auch.

      »Das ist merkwürdig«, sagte Daniel. »Ein teurer, fast neuer Schuh...«

      »Das Kopftuch ist auch nicht billig«, sagte Fee. »So etwas wirft man nicht achtlos weg.«

      »Und da sind Schleifspuren«, fuhr Daniel fort. Sein Gesicht verdüsterte sich etwas, als er vorsichtig weiterging.

      »Paß auf, da ist die Schlucht«, rief Fee besorgt, aber da vernahm sie schon von ihm einen erschreckten Ausruf. »Da unten liegt jemand, ein Mädchen anscheinend!« Er drehte sich zu Fee um. Sein Gesicht war ganz blaß geworden. »Von hier aus kommen wir da nicht heran, Fee. Wir müssen Hilfe holen. Vielleicht lebt sie noch.«

      »Da drunten war doch eine kleine Brücke, und da steht ein Haus«, sagte Fee tonlos. Sie starrte den weinroten Schuh an. »Nicht das richtige für einen Ausflug«, sagte sie leise. »Auf Ledersohlen rutscht man leicht aus.«

      »Überlegen können wir später«, meinte Daniel. »Jetzt müssen wir aufpassen, daß wir nicht ausrutschen.«

      Talwärts ging es zwar rascher als bergan, aber sie rutschten tatsächlich mehr, als sie gehen konnten, und dann waren sie an der kleinen Brücke, die über das Bächlein führte, das sein klares Wasser wohl von dem Wasserfall zugeführt bekam. Etwa zweihundert Meter weiter stand das Haus, das sie vorhin flüchtig wahrgenommen hatten. Es war ein altes Bauernhaus, und es sah nicht gerade einladend aus.

      Ein kräftiger junger Bursche war damit beschäftigt, ein altes Auto zu reparieren. Er schien über die Störung gar nicht erfreut zu sein, aber als Daniel ihm jedoch klarmachte, daß jemand dringend Hilfe benötigte, wischte er sich die Hände ab und rief dann lauthals nach einem Peppi.

      »Bring die Trage, am Wasserfall liegt jemand, sagt der Herr.«

      »Sakradi, schon wieder«, brummte der stämmige Junge. »Die depperten Stadtleut’!«

      Daniel und Fee nahmen es ihm nicht übel, denn bald lernten sie in den beiden zwei hilfsbereite junge Männer kennen, die nicht viel redeten, die Weg und Steg kannten und eilends voranschritten.

      »Bleib du zurück, Fee«, sagte Daniel, als sie der Verunglückten näherkamen.

      »Wird wirklich ein Wunder sein, wenn die noch lebt«, sagte der ältere der Bauernburschen, der Jakob hieß, wie die Nordens schon vernommen hatten.

      »Ich bin Arzt«, sagte Daniel. Und dann war der Peppi schon bei dem Mädchen.

      »A bissel atmet’s noch«, murmelte er. »Mei, die Baroneß, Jakob.«

      Fragen stellte Dr. Norden jetzt nicht. Er befaßte sich mit der Verunglückten, die schwer verletzt war und deren Gesicht schlimme Kratz- und Schürfwunden aufwies.

      »Die Nicola von Stiebenau«, brummte der Jakob, »das geht mir nicht in den Schädel.«

      »Ist ein Krankenhaus in der Nähe?« fragte Daniel.

      »A gute Stund’ entfernt«, erwiderte der Peppi.

      »Ich habe meinen Arztkoffer im Auto«, meinte Daniel.

      »Im Haus haben wir a Apotheken«, brummte Peppi.

      Vorsichtig wurde die Bewußtlose auf die Trage gebettet, und Daniel konnte feststellen, daß die beiden Burschen Übung im Transport von Verletzten hatten. Jakob erklärte dann auch, daß sie beim Bergrettungsdienst wären.

      So ungastlich das Haus von außen wirkte, so wohnlich war es innen. Aber dafür hatten Daniel und Fee Norden jetzt keine Augen. Beide befaßten sich mit der Schwerverletzten, als Peppi die bestens ausgestattete Hausapotheke gebracht hatte.

      »Sie werden’s net glauben, was hier alles passiert«, sagte er brummig, »und nur, weil die Städter das Gelände unterschätzen.«

      »Aber die Baroneß kennt es«, sagte Jakob. »Hast jetzt den Rettungsdienst erreicht, Peppi?«

      »Sind schon auf dem Weg«, erwiderte der Jüngere. »Wenn sie vorher stirbt, das wär mir arg. Dann wird’s am End wieder dem Markus in die Schuhe geschoben.«

      Daniel Norden horchte auf. »Wen meinen Sie?« fragte er.

      »Ach, so eine alte Geschicht’, Familienfehde«, erwiderte Peppi.

      »Halt deinen Mund«, fauchte ihn Jakob an.

      »Wir haben doch damit nichts zu tun, Jakob.«

      »Markus war schon lang’ nimmer hier«, knurrte Jakob.

      Daniel und Fee tauschten einen langen Blick. Daniel fühlte den Puls des Mädchens, das er notdürftig hatte versorgen können, aber er wußte, daß ihr Leben an einem hauchdünnen Faden hing.

      Der Rettungswagen kam. Er war bestens ausgestattet, und der Notarzt zeigte sich erfreut, daß ein Kollege ihm bei der Versorgung des Mädchens helfen wollte.

      »Kann meine Frau hierbleiben?« fragte Daniel. »Ich hole sie dann ab.«

      Peppi und Jakob Brandner nickten zustimmend, und sie fragten Fee dann auch höflich, ob sie ihr etwas bringen könnten.

      »Sie leben allein hier?« fragte Fee freundlich.

      »Die Großmutter ist im Altersheim«, erklärte Peppi.

      »Die Eltern leben nimmer«, fügte Jakob rauh hinzu. »Ein Steinschlag war schuld. Woher sind Sie, Frau Doktor?«

      »Aus München.«

      Jakob musterte sie. »Gut ausgerüstet sind Sie schon«, stellte er fest. »Sie ahnen ja nicht, wie hier die Stadtleut’ manchmal herumsteigen. Narrisch könnt’ man werden.«

      »Aber Sie sagten, daß die Baroneß das Gelände kennt«, tastete sich Fee vor.

      »Ja, freilich, sie haben da droben ja die Berghütten, aber früher ist sie immer recht zünftig dahergekommen.«

      »Immer allein?« fragte Fee.

      »Nein, nur manchmal.«

      »Jetzt


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