Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      Dr. Norden sagte nicht, daß er dies bereits wußte. Er wollte gern von Markus hören, wie er die Geschehnisse sah.

      »Vielleicht beginnen Sie da«, sagte er freundlich.

      »Kann man hier etwas zu trinken bekommen? Meine Kehle ist trocken, und ich habe heute überhaupt noch nichts gegessen.«

      »Dann wird es aber Zeit«, sagte Daniel. »Gehen wir rüber ins Restaurant.«

      »Und wenn Nicola zu sich kommt?«

      »Man kann uns schnell benachrichtigen«, sagte Daniel. »Ich sage Jenny Behnisch Bescheid.«

      Sie brauchten nur über die Straße zu gehen. Und in einer stillen Ecke, bei gutem Essen und einem kühlen Bier, nach dem beiden zumute war, begann Markus zu erzählen.

      »Ich muß vorausschicken, daß einige unschöne Begebenheiten erörtert werden müssen, die Sie vielleicht schockieren, Dr. Norden«, meinte er zurückhaltend.

      »Mich kann so schnell nichts schockieren«, erwiderte Daniel. »Was meinen Sie, womit ich in meiner Praxis tagtäglich konfrontiert werde.«

      »Also dann«, begann Markus mit einem tiefen Seufzer. »Mein Vater hatte das Jagdhaus gekauft und die Jagd von Baron Stiebenau gepachtet. Ich war zwanzig, als ich das erstemal dorthin kam. Ich bin in England erzogen worden und wollte in München studieren. Nicola war fünfzehn. Es waren gerade Ferien, und sie war zu Hause. Ich hatte schnell heraus, daß mein Vater sich heimlich mit Nicolas Mutter traf, und ich wollte nicht, daß Nicola davon erfuhr. Ich mochte auch den Baron sehr gern. Ich spürte, daß er große Sorgen hatte. Ich fragte meinen Vater, ob er es richtig fände, ein Verhältnis mit der Baronin anzufangen, er aber lachte nur dazu. Meine Mutter lebte damals ja schon nicht mehr«, fügte Markus leise hinzu, und dann folgte ein kurzes, aber inhaltschweres Schweigen. Daniel spürte, wie nahe Markus dies alles gegangen war.

      »Mein Vater sagte, daß man bei verheirateten Frauen nicht Gefahr laufe, an die Kette gelegt zu werden, denn heiraten wolle er nicht wieder, und der Baron sei eben zu alt für eine so temperamentvolle Frau. Ich hatte mich mit Nicola angefreundet. Wir verstanden uns sehr gut, und sie schrieb mir dann auch regelmäßig, als sie wieder im Internat war. Ihretwegen fuhr ich dann in den Sommerferien wieder mit zum Jagdhaus, und in diesem Jahr kam ich zufällig dahinter, daß Miriam Stiebenau auch mit Friedhelm Ronneberg sehr intim war. Die Details ersparen Sie mir bitte. Ich sagte es meinem Vater ins Gesicht, aber auch da lachte er nur. Um so besser, meinte er, er müsse sich ohnehin schonen, da sein Herz nicht mehr so wolle. Er sprach dann auch darüber, daß der Baron ziemlich verschuldet wäre und er ihm unter die Arme greifen wolle. Er machte auch die Andeutung, daß er nichts dagegen hätte, wenn ich Nicola später mal heiraten würde. Zu dieser Zeit versuchte Miriam aber schon, mich mit Marina zu verkuppeln.« Er machte wieder eine Pause. »Ich muß gestehen, daß ich mir erst ernsthafte Gedanken darüber machte, als mein Vater so plötzlich gestorben war.«

      »Da war die Baronin bei ihm, wie mir gesagt wurde.«

      Markus runzelte die Stirn. »Ja, sie war bei ihm, nur so, um Grüß Gott zu sagen«, bestätigte er sarkastisch. »Aber ich wußte, daß mein Vater diese Affäre beenden wollte. Er hatte mit mir ganz offen darüber gesprochen. Er sagte mir, daß er jetzt einiges mehr wüßte und nicht dazu beitragen wolle, daß ein ehrbarer Mann vor die Hunde geht. Ich nehme an, daß es zwischen ihm und Miriam zu einem Streit kam, bei dem dann sein Herz versagte, aber Beweise hatte ich nicht dafür. Ich war nicht anwesend.«

      »Mich würde die Geschichte mit dem Pferd interessieren«, warf Daniel ein, »und auch der Tod Ihres Hundes.«

      »Sie haben schon eine Menge erfahren«, sagte Markus. »Aber Sie haben Nicola gerettet, und dafür schulde ich Ihnen Dank. Vieles kann ich ja nicht beweisen, aber ich kann Ihnen sagen, daß ich viele schlaflose Nächte grübelnd verbracht habe. Ja, die Geschichte mit dem Pferd. Nicola hatte es von ihrem Vater bekommen, ein wunderschöner Hengst. Er hat Miriam nicht gemocht, aber gerade das hat sie wohl gereizt, ihn zu reiten. Sie war eine unberechenbare Frau, soweit ich das in so jungen Jahren beurteilen konnte. Nach ihrem unglückseligen Sturz wollte der Baron das Pferd weggeben, aber Nicola wollte es behalten. Ich zahlte den Kaufpreis und schenkte es ihr. Da hat der Baron zum erstenmal zu mir von seinen finanziellen Nöten gesprochen. Daß die lange Krankheit seiner Frau viel Geld verschlinge und sie nicht versichert wären. Er machte einen sehr desolaten Eindruck. Ich gab ihm eine größere Summe, und er stellte mir einen Schuldschein aus. Ich sagte ihm, daß ich Nicola gern heiraten würde. Er reagierte sehr merkwürdig. Dann müsse ich weit weg mit ihr gehen, um glücklich werden zu können, hat er gesagt. Sie sehen, daß meine Liebe zu Nicola unter keinem glücklichen Stern steht, aber ich habe es nie aufgegeben, um sie zu kämpfen, auch dann nicht, als sie selbst mir sagte, daß sie niemals meine Frau werden könne.«

      »Wann war das?« fragte Daniel.

      »Nach dem Tode ihres Vaters.«

      »Kommen wir nochmals auf das Pferd zurück, damit ich den Faden nicht verliere«, sagte Daniel. »Mir wurde gesagt, es hätte auch Nicola ein paarmal abgeworfen.«

      »Ja, zweimal. Es scheute, wenn geschossen wurde. Auch die Baronin sagte, daß Schüsse fielen, bevor Satan sie abwarf. Sie fiel sehr unglücklich auf einen Baumstumpf. Nicola hat keinen Schaden davongetragen, glücklicherweise nicht, aber ein Abwurf war an jenem Tag, als mein Hund Alf erschossen wurde. Er war ein treuer, wachsamer Hund. An Wildern war bei ihm gar nicht zu denken. Das Gerücht wurde von den Ronnebergs in die Welt gesetzt, wie manches andere auch.«

      »Was ist mit Satan geschehen, als Nicola das Gut verließ?« fragte Daniel.

      »Ich habe ihn auf einem Gestüt untergebracht. Dies wenigstens hat mir Nicola gestattet.«

      »Und warum hat sie Ihnen das Gut nicht verkauft?« fragte Daniel voller Spannung. »Sie hatten doch darauf Hypotheken und zeigten auch Interesse.«

      »Nicola wollte es nicht.« Er preßte die Lippen aufeinander. »Sie konnte es auch nicht, um die Wahrheit zu sagen, die sonst niemand kennt, denn der Baron hatte in seinem Testament festgelegt, daß die Ronnebergs das Gut bekommen sollten mit der Auflage, mir die Hypotheken zurückzuzahlen und Nicola monatlich zweitausend Euro zu zahlen, falls sie nicht willens sein sollte, weiterhin dort zu leben. Sie war nicht willens«, sagte Markus heiser, »und wenn Sie meine Meinung zu alldem wissen wollen, so denke ich, daß der Baron von dieser Sippschaft erpreßt wurde.«

      »Womit?«

      »Das weiß ich allerdings nicht. Immerhin bekam Nicola fünfhunderttausend Euro aus der Lebensversicherung. Damit hatte niemand gerechnet, denn mit Versicherungen und allem Papierkram war der Baron recht achtlos. Er hatte auch vergessen, den Brandner-Söhnen die Schenkungsurkunde für das Haus zu geben, deshalb haben sie die Scherereien. Beim Baron ging alles auf Treu und Glauben, und angeblich wurde keine diesbezügliche Urkunde in seinem Nachlaß gefunden, wie manches andere auch nicht. Ja, da gäbe es wohl viele Rätsel zu lösen, Dr. Norden. Vielleicht hat Nicola doch einiges in Erfahrung gebracht. Sie rief mich vor einigen Tagen an und sagte, daß sie nach München kommen wolle, und wir könnten uns dann aussprechen. Das kam mir sehr überraschend. Ich sagte ihr, daß ich sie liebe und immer noch heiraten wolle. Und da erwiderte sie, daß wir jetzt auch darüber sprechen könnten. Ich war so voller Hoffnung, und dann kam diese entsetzliche Nachricht. Ich bin dankbar, daß ich mit Ihnen sprechen kann. Manchmal meinte ich, verrückt zu werden mit allen diesen ungeklärten Fragen. Wenn Nicola doch nur erst sprechen könnte.«

      Das konnte noch ziemlich lange dauern. Dr. Norden wußte das, und es war auch fraglich, ob sie sich genau würde erinnern können. Oft genug war es so, daß der Schock das Erinnerungsvermögen für die fragliche Zeitspanne auslöschte. Aber er wollte Markus das Herz jetzt nicht noch schwerer machen.

      »Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen, Herr Wangen?« ergriff er das Wort.

      »Ja, selbstverständlich.«

      »Man erzählte sich auch, daß die Ronnebergs ihre Tochter Marina mit Ihnen verheiraten wollten.«

      »Ja, ich sagte doch schon, daß Miriam das forcierte, aber das kam für mich überhaupt nicht


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