Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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an und fragte, ob Maxi da sei, aber ihm wurde erwidert, daß er sich noch nicht gemeldet hätte. Und er ahnte nicht, wie Maxi auf den Behörden schwitzte und plötzlich sehr viel Verständnis für jene aufbrachte, denen solche Behördengänge nicht erspart blieben.

      Aber letztlich konnte er dann doch Erfolge verzeichnen, die ihm die Augen übergehen ließen, und es regte ihn schrecklich auf, daß sein Chef nicht erreichbar war.

      *

      Markus saß allein im Nebenzimmer von Dr. Waalborgs Kanzlei und las Nicolas Brief zum wiederholten Male.

      Lieber Markus, so gern würde ich Dir alles persönlich sagen, aber ich habe nicht den Mut dazu, da morgen alles schon wieder anders aussehen könnte. Ich muß auch dieses letzte Stück eines langen, steinigen Weges allein gehen. Und Du sollst auch nur für Dich allein entscheiden, was geschehen soll, wenn sie auch mich vernichten wollen. Es geht ja nicht um mich, es geht um mein Kind, um Dein Kind, Markus, um unser Kind, um dessen Leben ich fürchten mußte, wenn jemand etwas von seiner Existenz erführe. Alle Erklärungen und Beweise für diese Furcht wird man in dem Dokumentenkoffer finden, den ich heute von der Bank holte und dann Dr. Waalborg anvertraute. Ich habe diesem Brief eine Vollmacht beigefügt, daß er Dir den Koffer übergeben soll, wenn ich ihn am Montag nicht selbst abholen kann.

      Aber nun zu meinem Kind, Marc-Nicolas von Stiebenau. Unter diesem Namen ist er geboren und diesen Namen soll er behalten. Du kannst leugnen, sein Vater zu sein, wenn Du diese Entscheidung nicht billigst. Ich habe ihn geboren, ich habe ihn gewollt, und zwei Jahre seines jungen Lebens gehörte er nur mir. Michelle und Paul Racine geben ihn nur heraus, wenn Du diesen Brief vorweist und jenes Medaillon dazu, das ich Dir schenkte, als wir diese traumschönen Tage verlebten, die mir die Kraft gaben, alles zu überstehen, was dann auf mich zukam. Ich wollte Dich nie in eine Gefahr reißen. Du warst der einzige Mensch, den ich liebte, meinen Vater habe ich nur bedauert, bemitleidet, bis ich unseren Sohn in den Armen hielt. Ihm gehört jetzt meine ganze Liebe, und für ihn will ich den Makel von dem Namen Stiebenau nehmen, der diesem anhaftet, seit sich mein Vater das Leben nahm. Ich konnte und wollte dies nicht begreifen und Dich damit nicht belasten, bis ich erfuhr, warum er es tat, warum er keinen anderen Ausweg mehr wußte. Ich weiß, daß das, was ich vorhabe, eine Herausforderung ist, die auch mich das Leben kosten kann, aber dann wird es auch für die Ronnebergs kein Pardon mehr geben. Ich habe mich mit Friedhelm Ronneberg am Samstagmorgen um acht Uhr am Parkplatz unterhalb des Jagdhauses verabredet. Alles andere mußt Du selbst herausfinden, wenn ich Dir diesen Brief nicht selbst geben kann. In diesem Fall kann ich nur wünschen, daß unser Sohn von seinem Vater beschützt wird. In Liebe, nie vergessener Liebe, Deine Nicola.

      »O Gott, oh, mein Gott«, stammelte Markus, als Dr. Waalborg leise eintrat.

      »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der Anwalt.

      Markus starrte ihn an. »Sie sollen mir den Koffer geben. Hier ist die Vollmacht.«

      »Es ist gut«, sagte der alte Herr. »Ich glaube, wir hätten auch dem Kommissar trauen können. Vielleicht ist es besser, wenn dieser Koffer hierbleibt, Herr Wangen.«

      »Ja, vielleicht ist es besser, aber ich möchte sehen, was er enthält.«

      »Selbstverständlich. Ich bringe Ihnen den Koffer und lasse Sie allein.«

      »Ich möchte gern vorher noch telefonieren«, sagte Markus leise.

      »Bitte, jederzeit, Herr Wangen. Ich hoffe, daß Sie mir vertrauen.«

      »Nicola hat Ihnen vertraut, das zählt.«

      »Sie ist eine mutige Frau«, sagte Dr. Waalborg. »Ich habe in meinem langen Leben niemals eine solche Frau kennengelernt. So schön, so klug und so voller Kraft.«

      »Ich fühle mich klein und elend«, sagte Markus müde.

      *

      Recht müde und voller Zweifel stieg auch Kommissar Harbig vor einer ansehnlichen Villa in Basel aus seinem Wagen. Das erste, was er sah, waren zwei spielende Kinder, vielleicht vier und zwei Jahre jung. Und dann kam ihm eine bildhübsche Frau entgegen.

      »Sie wünschen?« fragte sie skeptisch.

      Er zeigte seinen Ausweis, und sie wurde blaß. »Nicola von Stiebenau hat hier gewohnt?« fragte er zurückhaltend.

      »Was ist mit ihr?« fragte Michelle Racine erregt. »Es ist ihr doch nichts passiert?«

      »Bitte erschrecken Sie nicht. Sie befindet sich zur Zeit in einer Klinik. Sie hatte einen Unfall.«

      »Ich glaube nicht an einen Unfall«, sagte Michelle bebend. »Bitte, kommen Sie herein.«

      Sie rief dann nach einer Mimi, und eine behäbige ältere Frau kam herbeigeeilt. »Kümmern Sie sich um die Kinder, Mimi, ich habe Besuch bekommen«, sagte Michelle.

      »Reizende Kinder«, sagte Kommissar Harbig.

      »Wir wollen über Nicola sprechen«, lenkte sie sofort ab.

      »Darf ich Ihnen Fragen stellen?«

      »Bitte.«

      »Wie lange wohnte Nicola von Stiebenau hier?«

      »Zwei Jahre.«

      »Wie lange kennen Sie sie.«

      »Zehn Jahre. Wir sind beide im Internat aufgewachsen.«

      »Sind Sie verheiratet?«

      »Seit fünf Jahren.«

      »Und haben zwei Kinder.«

      »Ja, ich habe zwei Kinder.«

      »Bekam Nicola von Stiebenau Besuch?«

      »Nie.«

      »War sie öfter verreist?«

      »Nein.«

      »Wann fuhr sie vorige Woche weg?«

      »Am Freitagmorgen, sehr früh.«

      »Sie hatte einen Brief bekommen von einer Bank?«

      »Ja, so war es wohl. Genaues weiß ich nicht.«

      »Sagen wir besser, Sie wollen darüber keine Auskunft geben, aber ich verstehe es. Hat jemand nach ihr gefragt?«

      »Manchmal kam ein Anruf, aber Nicola war nie anwesend. Sagen Sie mir, was mit ihr ist?«

      »Sie hatte in der Nähe ihrer früheren Heimat einen Unfall, und der alte Tönnies, der Pferdeknecht auf dem Gut war, wurde erschossen.«

      »Tönnies? Nicola wollte ihm zum Geburtstag ein Geschenk bringen«, flüsterte Michelle.

      »Und an seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag, bevor Nicola ihm das Geschenk bringen konnte, wurde er erschossen.«

      »Das ist schrecklich, das wird Nicola sehr erschüttern.«

      »Sie weiß es noch nicht. Sie ist noch immer bewußtlos. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Madame Racine, wenn Sie mir etwas mehr Vertrauen schenken würden. Ich bin hier, um Fräulein von Stiebenau zu helfen.«

      »Nur sie selbst kann das«, sagte Michelle, »sonst niemand. Sie wird niemanden hineinziehen, den sie gern hat.«

      Da kam, mit tränennassem Gesicht, der Kleinere der Buben hereingestürzt. »Mami, wo ist Mami, ich will zu Mami!« schrie er.

      Michelle nahm ihn in die Arme. »Sie kommt wieder, Nico, sie kommt bestimmt wieder«, flüsterte sie, und auch ihr rannen die Tränen über die Wangen, als sie den Kommissar hilflos anblickte.

      Der Kleine beruhigte sich. Er ließ sich von Mimi hinausführen. »So ist das also«, sagte Kommissar Harbig. »Ich habe nichts gehört und nichts gesehen.«

      »Und Sie werden es niemandem sagen?« fragte Michelle flehend.

      »Niemandem. Ich gebe Ihnen Nachricht, wenn sich Nicolas Zustand gebessert hat.«

      Er neigte sich tief über ihre Hand. »Es wäre aber gut, wenn der Junge vor etwaigen anderen Besuchern nicht nach seiner Mami rufen würde. Das nur als Warnung,


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