Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      Mit finsterer Miene wandte sich der alte Ronneberg ab. »Er hat mir gesagt, daß er Nicola nur kurz gesprochen hätte und mit ihr die Verabredung getroffen hatte, daß sie am Sonntag zu uns kommen solle. Mehr kann ich nicht sagen. Und aus begreiflichen Gründen habe ich das bisher für mich behalten. Schau mich nicht so an. Ich habe mit ihrem Unfall nichts zu schaffen und erst recht nichts mit dem Tod von Tönnies.«

      »Und Friedhelm war ein Baby, als wir hierherkamen«, murmelte sie. »Er hat doch keine Erinnerungen. Er weiß nichts.«

      »Er weiß mehr, als du denkst. Dafür hat Miriam gesorgt, meine Liebe. Hätten wir sie nur niemals hierher geholt. Dann wäre Dietrich Junggeselle geblieben, und es gäbe auch keine Nicola.«

      »Nach all den Jahren wirst du jetzt doch nicht durchdrehen«, sagte sie schrill.

      »Ich habe ein ungutes Gefühl, Stella. Dieser Kommissar hat zu sehr auf der Vergangenheit herumgehackt.«

      Und damit hatte Kommissar Harbig wohl die beste Eingebung gehabt, wie Markus auf der Fahrt hören sollte.

      Aber auch Dr. Behnisch war nicht untätig gewesen. Er hatte indessen ein langes Telefongespräch mit Professor Weiland geführt, der schon seit einigen Jahren ein ruhiges Pensionistendasein führte. Seine Tochter Sabine war längst verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Aber Dr. Behnisch erfuhr, warum die Verlobung damals in die Brüche gegangen war. Doch lange konnte er darüber nicht nachdenken, denn seine Frau Jenny kam und sagte ihm, daß Dr. Ronneberg ihn zu sprechen wünsche.

      »Der kommt mir gerade recht«, sagte Dieter Behnisch grimmig. »Schwester Martha soll nicht aus dem Krankenzimmer weichen, und die Tür zur Intensivstation wird verschlossen.«

      »Drakonische Maßnahmen«, sagte Jenny Behnisch.

      »Die notwendig sind. Aber wir müssen ihn hinhalten, bis Harbig zurück ist, Jenny.«

      »Dann sei ausnahmsweise mal schön diplomatisch«, meinte sie neckend.

      Das war nun nicht gerade Dr. Behnischs Stärke, aber Friedhelm Ronneberg gewann bei der Begrüßung doch den Eindruck, daß man ihn ohne Vorurteile hier empfing, und das hob seine Stimmung.

      »Ich möchte mich nach Fräulein von Stiebenaus Befinden erkundigen, Herr Kollege«, sagte Dr. Ronneberg. »Es wird Ihnen bekannt sein, daß sie meine Cousine ist.«

      »Tatsächlich? Soweit bin ich nicht informiert«, erwiderte Dr. Behnisch ruhig. »Fräulein von Stiebenau liegt auf der Intensivstation. Ihr Befinden ist unverändert ernst.«

      »Sie ist noch nicht zum Bewußtsein gekommen?« fragte Ronneberg.

      »Nein.«

      »Wurde sie besucht?«

      »Nein. Ich kann zur Zeit noch keine Besuche gestatten. Herr Wangen muß sich auch gedulden.«

      »Er darf keinesfalls zu ihr«, sagte Ronneberg hastig. »Ich möchte Ihnen reinen Wein einschenken, Herr Kollege. Herr Wangen ist bestimmt nicht interessiert, daß Nicola am Leben bleibt. Er ist an Nicolas schwerem Unfall, wenn man diesen überhaupt als Unfall bezeichnen möchte, nicht schuldlos. Sie war auf der Flucht vor seinen Belästigungen.«

      Donner und Doria, dachte Dr. Behnisch, wenn ich nicht bereits so gut Bescheid wüßte, würde ich es ihm sogar abnehmen.

      »Das ist allerdings ein schwerwiegender Verdacht, Herr Kollege«, sagte er mit äußerster Beherrschung. »Sie haben der Polizei davon Mitteilung gemacht?«

      »Ja, natürlich nehmen die das sehr genau und suchen nach Zeugen. Aber es gibt wohl keine, oder Herr Wangen hat sie gekauft.«

      Ein raffinierter Bursche, dachte Dr. Behnisch, und es war ihm schon fast Gewißheit, daß Ronneberg zu solchen Mitteln griff, um seine eigene Haut zu retten. Ein Frösteln kroch über seinen Rücken bei dem Gedanken, einem Mörder gegenüberzusitzen, der noch dazu Arzt war. Das war das Schlimmste. Aber er wußte ja inzwischen von Weiland, daß Ronneberg keine Skrupel kannte, wenn er etwas erreichen wollte.

      »Sie scheinen mehr zu wissen als die Ermittlungsbeamten«, sagte er mit erzwungener Ruhe.

      »Ich habe selbst ermittelt. Es geht schließlich um Nicola. Herr Wangen hat bereits in der Vergangenheit alles getan, um unser gutes Verhältnis zu zerstören, aber letztendlich bräuchten wir wohl Nicolas Aussage, um ihn überführen zu können.«

      »Damit ist noch lange nicht zu rechnen«, sagte Dr. Behnisch. »Es steht zu fürchten, daß die Kopfverletzungen so schwerwiegend sind, daß eine Amnesie die Folge sein wird, wenn nicht Schlimmeres.« Gott verzeih mir, dachte er dabei, aber es war die einzige Möglichkeit, Ronneberg in Sicherheit zu wiegen.

      »Das wäre wirklich ganz tragisch, außerordentlich tragisch«, sagte der. »Aber vielleicht gestatten Sie mir, mich mit Nicola zu befassen. Mich kennt sie ja, und als Arzt weiß ich genau, wie man mit solchen Patienten umgeht.«

      »Nein, das kann ich nicht gestatten, Herr Kollege. Hier trage ich die Verantwortung, auch für meine Patienten. Sollte Fräulein von Stiebenau zum Bewußtsein kommen und den Wunsch äußern, Sie zu sehen, wäre es etwas anderes.«

      »Sie wollte vor dem Unfall mit mir sprechen. Sie hatte mir etwas Wichtiges mitzuteilen, sagte sie, aber Herr Wangen hat dieses Treffen wohl zu verhindern gewußt.«

      »Dann kann ich Ihnen nur raten, Kommissar Harbig dies alles genauso zu schildern. Er ist ein gewissenhafter Mann und wird Herrn Wangen gewiß nicht wegen seiner gesellschaftlichen Stellung schonen.«

      »Dürfte ich Nicola wenigstens sehen?« fragte Ronneberg.

      »Das bringt gar nichts, Herr Kollege. Ich sagte schon, daß sie auf der Intensivstation liegt.«

      Ronnebergs Mienenspiel wechselte. »Sie verübeln mir die Bemerkung hoffentlich nicht, daß ich eine so verhältnismäßig kleine Klinik nicht als den geeigneten Aufenthalt für einen so schweren Fall betrachte.«

      »Vermutungen stehen Ihnen frei«, sagte Dr. Behnisch kühl. »Sie bekommen Bescheid, falls Fräulein von Stiebenau in der Lage ist, Sie zu empfangen und Ihren Besuch auch wünscht. Mehr habe ich nicht zu sagen.«

      »Ich wollte Sie keinesfalls kränken«, lenkte Ronneberg schnell ein. »Ich wollte damit nur sagen, daß die Bedingungen an unserem Krankenhaus die gleichen wären.«

      »Das kann ich nicht beurteilen, aber wahrscheinlich wäre die Sicherheit von der Patientin nicht gewährleistet gewesen.« Nun war ihm doch der Gaul durchgegangen. Aber wenn es um seine Klinik und seine Ehre ging, kannte Dr. Behnisch keine Hemmungen.

      Für ein paar Sekunden rang Ronneberg allerdings auch nach Worten.

      »Wie darf ich das verstehen?« fragte er dann heftig.

      »Wie es gemeint war. Ich habe gehört, daß am gleichen Tag ein alter Mann getötet wurde, den Fräulein von Stiebenau besuchen wollte. Aber die Aufklärung überlassen wir besser der Polizei, die ja auch befürwortet hat, daß die Patientin hierher verlegt wurde.« Dr. Behnisch erhob sich. »Sie verstehen, daß ich mich jetzt um meine Patienten kümmern muß.«

      »Damit wir uns recht verstehen, Herr Kollege, ich wollte Sie keineswegs kränken«, mit diesen Worten verabschiedete sich Ronneberg zögernd.

      Dr. Behnisch schickte ihm einen verächtlichen Fluch nach. Er bedauerte es, im Interesse seiner Patientin nicht andere Dinge sagen zu können. Aber er mußte vorsichtig sein. Dieser Ronneberg war ein schlauer Bursche. Er war sogar so schlau gewesen, seine Doktorarbeit von einem anderen schreiben zu lassen, ohne daß es sofort bemerkt wurde. Und als Weiland dahinterkam, war er durchaus nicht auf geneigte Ohren gestoßen, wie Dr. Behnisch heute von dem Professor erfahren hatte. Zum Glück hatte er wenigstens seine Tochter vor einer Heirat bewahren können, doch das hatte auch noch andere Gründe gehabt, denn Sabine war dahintergekommen, daß Friedhelm Ronneberg ein intimes Verhältnis mit seiner lebenslustigen Tante hatte. So manches konnte Dieter Behnisch also auch dazu beitragen, um das Bild abzurunden, das sich schon manch einer über Dr. Ronneberg machte.

      Aber was


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