Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      »Ich habe sehr viel nachgedacht. Ich weiß nur noch nicht, warum Nicola ausgerechnet mit Friedhelm ein Gespräch suchte.«

      »Sie hat gelesen, was ihr verzweifelter Vater hinterlassen hat. Er war damit erpreßt worden, daß Friedhelm angeblich der uneheliche Sohn seines Bruders sein sollte, den die Ronnebergs dann als ihren Sohn ausgaben, der bei der Geburt gestorben sein sollte.«

      »Das stimmt doch alles nicht«, sagte Markus. »Sie haben alles erlogen, um sich Vorteile zu verschaffen.«

      »Vielleicht hegte Nicola doch Zweifel, Herr Wangen. Die junge Generation hat nicht mehr die Komplexe wie die Vorkriegsgeneration. Es könnte doch sein, daß Nicola Friedhelm eine Chance geben wollte. Ich bin sogar zu der Überzeugung gelangt, daß sie die Ronnebergs nicht vernichten wollte. Sie wollte sich mit ihnen auseinandersetzen, die ganze Wahrheit auf den Tisch bringen. Sie dachte nicht daran, daß man aus dem Hinterhalt auf sie lauern könnte. Und sie wußte nichts von dem, was wir inzwischen herausgefunden haben. Nichts von Karsten Badenski, nichts davon, daß Arved verheiratet war und einen Sohn hatte, von dessen Geburt er selbst nichts mehr erfuhr. Sie wußte nur aus den Aufzeichnungen ihres Vaters, daß er seinem angeblichen Neffen doch noch zu seinem Recht verhelfen wollte, ohne das Ansehen seines Bruders und seines eigenen Namens beschmutzt zu sehen. Diese Generation, zu der ich mich auch schon nicht mehr zugehörig fühle, hatte andere Ehrbegriffe als wir. Die Stiebenaus sind alter Adel.«

      »Der Baron ist doch auf den Gedanken gekommen, daß er hintergangen worden sei. Warum hatte er nicht den Mut, solche Nachforschungen anzustellen wie Sie.«

      »Er war alt und krank und zermürbt. Er wollte Nicola noch so gut wie nur möglich absichern, obgleich ihm möglicherweise Zweifel kamen, ob sie überhaupt seine Tochter sei.«

      Markus starrte ihn an. »Dann kann ich ja nur von Glück sagen, daß sie meinen Vater erst so spät kennenlernte, daß mir keine Zweifel mehr kommen können, daß er Nicolas Vater sein kann«, sagte er tonlos. »Das wäre wohl das Allerschlimmste, was uns passieren könnte.«

      »Ich glaube nicht, daß ein Zweifel daran besteht, daß Nicola die Tochter des Barons ist«, sagte Harbig. »Mag diese Miriam ein Teufelsweib gewesen sein, aber ihre Sicherheit hat sie sich mit dem Kind erkauft. Erst später hat sie dann dieses lockere Leben geführt. Man muß es den Ronnebergs lassen, daß sie alles durchdacht hatten. Sie haben sich erst ganz das Vertrauen des Barons errungen und wahrscheinlich recht fleißig gearbeitet, um auch Friedenau hochzubringen. ›Falls Arved wiederkäme, wollten sie ihm ihre Freundschaft bewiesen haben‹, so haben sie es doch gesagt, und so hat es der Baron niedergeschrieben. Und er hat ja auch gehofft, daß sein Bruder doch heimkehren würde, nachdem viele zurückkamen, die man schon tot wähnte. Ja, ein wahres Wort hat Frau Ronneberg gesagt. Es waren schreckliche Zeiten. Ich kann mich daran auch nicht mehr erinnern. Ich war ein Junge. Für mich war die Kindheit nur ein einziges Abenteuer. Und wir sollten auch bedenken, daß Miriam den fast doppelt so alten Mann in ihren Bann zwang, daß er lange Zeit von dieser jungen Frau fasziniert war und ihr jeden Wunsch erfüllte, ohne nachzudenken, daß auch dies schon auf Erpressung hinausging, oder um es noch deutlicher zu sagen, daß man ihn ausbeutete, bis er vor dem Nichts stand. Da erst begann er wohl nachzudenken, als die Ronnebergs bereits viel mehr besaßen als er selbst. Er war kein Kaufmann, und schon manch großer Mann ist wegen einer Frau vor die Hunde gegangen. Ich sehe das alles sehr realistisch. Aber was die Ronnebergs diesem feinen Menschen angetan haben, finde ich unverzeihlich.«

      »Schlimmer könnte sein, was sie nach seinem Tode noch getan haben«, sagte Markus.

      »Aber die größte Strafe könnte es sein, daß nun Karsten Badenski seiner noch überlebenden Schwester gegenüberstehen wird.«

      »Ob es für ihn nicht viel schlimmer wäre?« überlegte Markus. »Was hat dieser Mann alles durchgemacht, und er hat dennoch nicht gezögert, sein Versprechen einzulösen. Man sollte ihn nicht mit so harten Tatsachen konfrontieren, Herr Harbig.«

      »Daß Sie so denken würden, habe ich nicht einkalkuliert«, sagte Harbig. »Wenn der Fall geklärt ist, können Sie ja selbst entscheiden. Der Lösung sind wir schon um vieles nähergekommen. Für mich kommen nur zwei Täter in Frage. Entweder war es der Arzt oder es war sein Vater, der bis zuletzt mit allen Mitteln das festhalten wollte, was er ergaunert hatte.«

      »Oder es waren beide, sich völlig einig«, sagte Markus heiser, »bereit, das Letzte zu wagen, auch einen Mord.«

      Er sprang auf. »Ich rufe Dr. Behnisch an.«

      *

      Dr. Norden war bei Dr. Behnisch, als der Anruf durchgestellt wurde.

      »Warte noch«, sagte Dr. Behnisch leise, als er Markus’ Stimme vernahm.

      »Ja, Ronneberg war hier, aber ich habe ihn abgewimmelt«, sagte er dann. »Sie brauchen keine Sorgen zu haben, Herr Wangen. – Na, hoffentlich kann er noch etwas sagen.«

      »Wer soll was sagen?« fragte Daniel, als Dieter Behnisch den Hörer aufgelegt hatte.

      »Ronneberg hatte einen Schlaganfall, der alte Ronneberg. Die Angelegenheit spitzt sich zu. Aber es kann leicht sein, daß unser unguter Kollege das Weite gesucht hat.«

      »Doch nur dann, wenn er Dreck am Stecken hat«, sagte Daniel.

      »Sauber ist der Stecken bestimmt nicht. Ich glaube, wir werden noch sehr viel erfahren.«

      »Möglichst bald. Ich mag es gar nicht, wenn ich durch böse Dinge abgelenkt werde.«

      *

      Stella Ronneberg fiel die Aufgabe zu, ihre Tochter Marina mit den nackten, bösen Tatsachen vertraut zu machen. Freilich stellte sie es im für sie günstigsten Licht dar und Marina war auch gar zu gern bereit, über die Schuld, die ihre Eltern auf sich geladen hatten, hinwegzusehen, aber es jagte ihr Furcht ein, was nun aus ihnen werden sollte. Stella lud alle Schuld auf Miriam ab.

      »Sie hat es zu weit getrieben, Marina. Wir wollten das doch gar nicht, aber sie hat immer gedacht, daß Dietrich bald und vor ihr sterben würde. Er hatte doch dieses Nierenleiden und zudem ein schwaches Herz.«

      »Friedhelm hätte sich geschickter verhalten sollen. Er ist doch ein gutaussehender Mann, und er hätte Nicola heiraten sollen, oder ihr wenigstens ein Kind anhängen können, dann hätte sich alles von selbst geregelt«, sagte Marina. »Aber er mit seinen Weibergeschichten und ausgerechnet Miriam mußte es auch noch sein, als ob er sonst nicht genug gehabt hätte.«

      »Sie war hinter ihm her. Ja, es hätte nicht so zu kommen brauchen. Ich setze jetzt meine Hoffnung auf Karsten. Er war immer ein gutmütiger Bursche. Er wird daran denken, daß wir auch Kinder haben, und wir werden ihn teilhaben lassen an allem. Man wird ihm zugute halten, daß die lange Kriegsgefangenschaft sein Erinnerungsvermögen getrübt hat.« Sie machte eine kleine Pause. »Und wenn Friedrich stirbt – ja, es wäre das beste, wenn er sterben würde, wenn er vorher noch alle Schuld auf sich nehmen würde. Sippenhaftung gibt es jetzt doch nicht mehr.«

      »Ich sehe auch nicht ein, warum wir büßen sollen, Friedhelm und ich. Man kann uns doch nicht die ganze Zukunft zerstören. Nicola kann nicht einfach wegwischen, daß ihre Mutter deine Schwester war, daß wir verwandt sind. Und schließlich hat Onkel Dietrich doch sein Testament freiwillig gemacht.«

      Ja, dieses Glaubens war sie, und ihr konnte man wohl kaum diesbezüglich ein Mitverschulden zuschieben, denn ihr war die Wahrheit verschwiegen worden, und sie war immer noch zu naiv, um sich ihr eigenes Urteil zu bilden.

      Marina, die das gleiche leere Puppengesicht hatte wie ihre Mutter, war jetzt schon bereit, ihre Haut zu retten, ganz gleich, was ihren Eltern angekreidet würde. Aber sie war doch schlau genug, sich nicht mit ihrer Mutter anzulegen.

      »Ihr habt doch immer einen Haufen Bargeld im Hause gehabt, Mama«, sagte sie vorsichtig. »Meinst du nicht, daß es besser wäre, es wegzuschaffen? Für alle Fälle, meine ich.«

      »Vielleicht wäre es gut«, sagte Stella, »aber wer sollte es tun?«

      »Ich.«

      »Du kannst doch jetzt nicht weg.«

      »Wieso


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