Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Stiebenau gegeben.«

      »Ja, das hätte ich, Stella, aber jetzt kann ich dir seinen Sohn bringen, der mit Stolz den Namen Badenski trägt. Das gleicht vieles aus, wenn auch nicht jede Schuld.«

      »Ich werde euch alles erklären, Karsten, alles«, sagte sie bebend. »Friedrich liegt im Sterben, meine Kinder haben mich im Stich gelassen...«

      »Und du packst, wie ich sehe. Wie zum großen Treck, damals. Warum habt ihr das getan, Stella, warum? Warum habt ihr euch nicht um Dorothee von Stiebenau und ihr Baby gekümmert? Warum nicht?«

      »Du hast ja keine Ahnung, wie schnell alles ging, Karsten. Wir mußten weg. Wir hatten doch selbst ein Baby. Und es war ein so langer Weg.«

      »Ich habe auch einen langen Weg hinter mich gebracht, Stella, und manchmal bin ich zusammengebrochen. Aber fallen ist keine Schande, nur das Liegenbleiben, und in weichen, sauberen Betten kann selbst ein schlechtes Gewissen ruhen.«

      »Laß sie, Vater«, sagte Arved.

      »Er sagt Vater zu dir«, stammelte Stella. »Arved von Stiebenau sagt Vater zu meinem Bruder.«

      »Mit Stolz«, erwiderte Arved. »Er ist ein selbstloser, gütiger Vater. Wir sind glücklich, daß wir ihn haben. Sie verdienen diesen Bruder nicht. Komm, Vater, wir fahren heim.«

      »Ihr werdet ja doch alles bekommen«, schrie Stella auf. »Ich will es nicht allein auf mich nehmen. Ich habe immer getan, was mein Mann sagte, und später mein Sohn. Laßt mich doch wenigstens gehen. Ich bin doch eine alte Frau. Wenn ich gewußt hätte, daß du lebst, Karsten...«

      »Du hättest es erfahren können«, erwiderte Karsten rauh. »Ich habe lange nach euch gesucht, ohne zu ahnen, daß ich dich hier finden würde, hier auf Gut Stiebenau.«

      »Hör doch nicht auf andere. Ich werde dir alles erzählen, wie es wirklich war. Wir haben gearbeitet. Wir haben uns Friedenau ehrlich verdient, bis wir Miriam holten.«

      »Marianne, ich kannte nur eine Marianne.«

      »Miriam gefiel ihr besser. Es paßte zu ihr. Sie war so schön. Sie hat den Baron bezaubert. Karsten, du weißt doch nicht, wie es wirklich war.«

      »Ich habe aber viel gehört, was ehrlicher klingt«, sagte Karsten Badenski ruhig.

      »Sie wurde seine Frau, eine Baronin, und sie schenkte ihm eine Tochter.«

      »Die betrogen wurde wie er. Ich habe die Menschen kennengelernt, Stella. Mir kann keiner mehr etwas vormachen. Für mich zählt nur, was ich miterlebe.«

      »Du kannst doch nicht gewollt haben, daß wir so elend untergehen, wie so viele tausend andere«, schrie sie auf.

      »Ich wünschte, ihr wäret einen ehrlichen Weg gegangen, wie so viele andere«, sagte er ruhig. »Ich schäme mich für meine Schwestern.«

      »Komm doch, Vater, du brauchst dich nicht zu schämen«, sagte Arved. »Wir fahren wieder heim.«

      »Nein, wir fahren noch nicht heim. Ich will, daß du deine Ansprüche geltend machst, Arved. Es gibt noch eine Stiebenau. Die wird es auch wollen, dessen bin ich sicher. Dein Vater war mein Freund.«

      »Du warst sein Stiefelputzer, sonst nichts«, geiferte Stella. »Wir hatten alles verloren.«

      »Meine Ehre habe ich nie verloren, Stella«, sagte Karsten. »Und ich kann mit Stolz sagen, daß Arved von Stiebenau mich in seiner Sterbestunde seinen besten Freund nannte. Ich werde es niemals vergessen. Es war mir immer eine Verpflichtung.«

      »Er hat dir mehr bedeutet als deine Familie«, sagte Stella tonlos.

      »Darauf bin ich heute doppelt stolz. Ich werde dich nicht verkommen lassen, wieviel Schuld du auch auf dich geladen hast. Aber mein innigster Wunsch ist, daß hier ein Stiebenau sein Erbe antritt.«

      Arved wollte etwas sagen, aber Dorle umschloß seine Hand mit fe-stem Griff.

      »Reg Vater jetzt nicht auf, Arved«, flüsterte sie. »Er hat doch ein halbes Menschenleben nur dieses eine Ziel gehabt. Ich verstehe ihn.«

      *

      Zu dieser Stunde kam Friedrich Ronneberg noch einmal zum Bewußtsein. »Es war alles meine Schuld, nur meine«, murmelte er. Und er starb mit dieser Lüge auf den Lippen, wohl um seine Schuld zu sühnen, nicht ahnend, daß sein Sohn Friedhelm seinem Leben selbst ein Ende setzte, als Cordula Lennert ihm am Telefon sagte, daß sie nicht bereit sei, ihm das Alibi zu geben. Er hatte sich selbst eine tödliche Dosis Morphium gespritzt. Er hatte in den letzten, unendlich lang scheinenden Minuten seines Lebens dieses wie einen Film vor seinen Augen abrollen sehen. Die kleine Marina, die voller Angst vor ihm davonlief, die Mutter hatte er gesehen, die ihn mahnte, doch die kleine Schwester nicht so zu ängstigen. Frauen waren durch sein Unterbewußtsein geschwebt, deren Namen er nicht wußte, und dann Miriam, mit ihrem lockenden Mund, den großen glänzenden Augen! Er sah sie vom Pferd stürzen, als er aus purem Übermut einen Schuß aus der Pistole abgab, die er immer bei sich trug. Alles im Zeitlupentempo rollte vor seinen Augen ab. Auch Nicola, die ihre Hände gegen seine Brust stemmte, die sich mit so viel Kraft und katzenhafter Schnelligkeit gegen ihn wehrte.

      »Du wirst mich nie bekommen, du widerst mich an«, rief sie. »Ich liebe Markus.«

      Markus, Markus, Markus, das gellte in seinen Ohren, ihm war es übel. Er wollte sich aufrichten, aber er hatte die Kraft nicht mehr dazu. Und dann sah er Nicola davonlaufen und hörte den Hund bellen.

      Der Film rollte weiter ab, als der Schuß fiel. Er sah Nicola taumeln, ein paar Schritte weiterlaufen, dann fallen. Und er lief zu ihr, wollte sie emporreißen und da oben stand Tönnies. Und er versetzte Nicola den Stoß, daß sie hinabstürzte, lief Tönnies nach, der ihn dann an der Jacke packte.

      »Verfluchter Kerl, sogar die Jacke vom Markus nimmt er«, gellte Tönnies’ Stimme in seinen schon rauschenden Ohren, und dann fiel der nächste Schuß, und für Friedhelm Ronneberg war der Film seines Lebens vorbei. Er sank hinab in uferlose Tiefe, dachte und fühlte und sah nichts mehr von diesen Bildern.

      Als man ihn fand, war er schon zwei Stunden tot, und auf seinem schon erstarrten Gesicht lag der Ausdruck von Furcht. Und niemand konnte erforschen, was an seinen geistigen Augen vorübergeglitten war, bevor das Herz stillgestanden hatte.

      Wie es geschehen war, konnte Nicola erst eine lange Woche später erklären.

      Da saß sie in ihrem Bett, und kurz zuvor hatte sie zu Dr. Norden, der sie besuchte, gesagt, daß sie sich an nichts erinnern könne.

      »Ich war mit meiner Frau auf einem Ausflug, und wir fanden Sie nahe beim Wasserfall, Nicola«, sagte Dr. Norden. »Wie kamen Sie dorthin?«

      »Am Wasserfall?« wiederholte sie fragend.

      »Ihr Wagen wurde am Stellplatz unterhalb des Jagdhauses gefunden, das Markus Wangen gehört«, sagte Dr. Norden.

      »Es gehörte seinem Vater«, sagte sie gedankenverloren. »Miriam hat sich dort mit ihm getroffen. Miriam hieß meine Mutter. Armer Papa.«

      Erst langsam kehrte Nicola in die Wirklichkeit zurück, obgleich sie schon ein paarmal mit Markus gesprochen hatte. Aber er war wohl der einzige Mensch, der wirklich für sie existierte.

      Dr. Daniel Norden, der sonst nie verzagte, gab es auf. »Sprechen Sie mit ihr, Markus«, sagte er zu dem Wartenden. »Haken Sie da wieder ein, als sie auf dem Stellplatz ihren Wagen parkte. Ich habe den Fehler gemacht, sie an ihre Mutter zu erinnern. Sprechen Sie bitte nicht von ihr. Ich bin überzeugt, daß Sie der einzige Mensch sind, dem sie ihr Vertrauen schenkt...«

      »Ich will es versuchen, wenn es sein muß«, sagte Markus. »Mir wäre es lieber, es gehörte alles dem Reich der Vergessenheit an.«

      Wenn sie gewußt hätten, was Friedhelm Ronneberg noch einmal durchlebt hatte, während er starb, wäre dieser Versuch überflüssig gewesen, aber der Schuldige hatte ja kein Schuldbekenntnis abgelegt. Und vielleicht war es doch gut, daß Nicola dann alles sagen konnte, daß sich diese quälenden Zweifel endlich auflösten!

      »Du


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