Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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versuchte, als sie größer geworden war. Und er konnte wie gedruckt lügen, wenn es galt, sich zu verteidigen. Das konnte sie allerdings auch. Aber insgeheim hatte sie doch immer auch eine gewisse Bewunderung für ihn gehegt, weil er mit jeder Situation fertig wurde.

      Zum erstenmal in ihrem Leben hatte sie eine Entscheidung getroffen, und diese war von ihrer Mutter gutgeheißen worden, ohne daß Friedhelm gefragt wurde. Das allein vermittelte ihr doch das Gefühl eines Triumphes.

      Sie fühlte sich nicht mehr als das Dummchen, als das sie von Friedhelm immer hingestellt und belächelt wurde. Sie hatte das Geld, sie hatte ihn ausgetrickst. Ein selbstgefälliges Lächeln lag auf ihrem Gesicht, als sie nun weitere Entscheidungen traf.

      *

      Kommissar Harbig hatte Karsten Badenski nicht einschüchtern wollen und deshalb mit Markus verabredet, in seinem Haus die erste Zusammenkunft stattfinden zu lassen.

      Indessen wurde jedoch bereits Cordula Lennerts Telefon überwacht, da man die Hoffnung hegte, daß Friedhelm Ronneberg Verbindung zu ihr aufnehmen würde. Wo man ihn sonst noch suchen könnte, wußte niemand, und wenn er sich selbst nicht meldete, mußte es einfach dem Zufall überlassen bleiben, daß man ihn oder seinen Wagen fand, dessen Kennzeichen bekannt war.

      Kommissar Harbig hatte nicht damit gerechnet, daß Karsten Badenski gleich seinen Pflegesohn und dessen Frau mitbringen würde, Markus dagegen war darüber nur erfreut. Arved konnte die Ähnlichkeit mit seinem Onkel Dietrich nicht leugnen, wenngleich er größer und kräftiger war als dieser. Für ihn bedurfte es keiner Erklärung mehr. Er wußte, wen er vor sich hatte. Arved hatte sogar die gleiche Augenfarbe wie Nicola, und das allein brachte ihm schon Markus’ Sympathie ein. Solche Augen konnten nicht lügen. Sie konnten forschend blicken oder nachdenklich, auch zornig, aber es waren ehrliche Augen.

      »Herr Wangen ist ein Freund der Stiebenaus«, erklärte Kommissar Harbig, »und außerdem der zukünftige Mann von Nicola von Stiebenau, deren Mutter Miriam, Ihre Schwester, war, Herr Badenski.«

      »Ich hatte zwei Schwestern, Stella und Marianne«, erwiderte Karsten Badenski verwirrt. »Marianne war ein Nachkömmling, die erst zehn Jahre war, als ich sie zum letztenmal sah, noch nicht mal zehn, wenn ich mich recht erinnere.«

      »Aber sonst können Sie sich noch recht genau erinnern?« fragte Kommissar Harbig.

      »Ja, ich denke schon, jedenfalls was meine Familie betrifft und vor allem den Arved, der meinen Namen trägt.«

      »Sie haben alles sehr genau angegeben auf der Suche nach Ihren Angehörigen, Herr Badenski. Wenn Ihre Angehörigen auch nach Ihrem Verbleib geforscht hätten, wäre die Familienzusammenführung viel eher möglich gewesen.«

      »Sie dachten doch gar nicht, daß ich zurückkomme. Das nehme ich ihnen nicht übel. Wer hatte denn damals schon noch Hoffnung, wer hätte geahnt, daß es doch noch mal gutgehen würde«, sagte Karsten Badenski nachdenklich. »Wir sind doch kein Einzelfall.«

      »Darf ich auch etwas sagen?« fragte Arved.

      »Bitte«, erwiderte Harbig.

      »Ich erkenne diesen Mann als meinen Vater an, obwohl ich weiß, daß er mich nur adoptiert hatte. Jetzt weiß ich auch schon ein bißchen mehr. Aber ich möchte doch sagen, daß unsere Bindung sehr eng ist und auch bleiben soll.«

      »Ist ja gut, mein Junge«, warf Karsten ein. »Es geht doch nur um Formalitäten, die ich geklärt wissen möchte.«

      »Es geht um mehr als um Formalitäten, Herr Badenski«, sagte Kommissar Harbig. »Leider werde ich Ihnen wohl auch manchen Kummer nicht ersparen können.«

      »Warum eigentlich nicht?« fragte Arved. »Wir haben alles, was wir brauchen. Und Vater kann bei uns bleiben. Wenn Sie ihm etwas sagen wollen, was ihm Kummer bereitet, unterlassen Sie das lieber. Ich trage den Namen Badenski mit Stolz.«

      »Ist ja gut, Junge, aber ich möchte wissen, was mit Stella und Marianne ist. Eine Miriam gab es bei uns nicht.«

      »Ihre Schwester Marianne nannte sich später so«, sagte Harbig. »Unter diesem Namen heiratete sie dann auch den Baron Dietrich von Stiebenau.«

      Karsten Badenski sah ihn fassungslos an. »Das kann ich nicht glauben. Sie hat den Bruder von Arveds Vater geheiratet? Entschuldigen Sie, Herr Kommissar, aber ist da was Rechtswidriges geschehen? Ich komme nicht mehr mit. Ich habe dem Herrn Baron treu gedient, das schwöre ich.«

      »Lassen Sie doch Vater in Ruhe«, warf Dorle jetzt ein. »Er hat sich ehrlich geplagt in seinem Leben.«

      »Laß nur, Dorle, das übersteh ich auch noch«, sagte Karsten. »Ich habe mich mit Stella nie gut verstanden. Ja, ihr hätte ich schon zugetraut, daß sie sich mit dem Ronneberg was ausgedacht hat, aber die Marianne... Na, Sie werden schon alles erzählen. Wenn man schon durch die Hölle gegangen ist, kann es schlimmer nicht mehr kommen. Nur soll mir keiner nachher sagen, daß ich wissend so lange geschwiegen habe.«

      »Das wird Ihnen niemand nachsagen. Ihre ehrlichen Aussagen haben weitgehendst zu einer Aufklärung eines besonders verzwickten Falles geholfen, Herr Badenski«, sagte Kommissar Harbig freundlich. »Ich wollte Sie nur bitten, mit Ihrer Schwester Stella zu sprechen, damit sie sich auch bereitfindet, der Gerechtigkeit genüge zu tun. Hören Sie mir jetzt bitte zu.«

      *

      Und während Karsten Badenski in der Villa von Markus Wangen erfuhr, was Dietrich von Stiebenaus Leben vor vielen Jahren so schicksalhaft verändert hatte, saß Stella Ronneberg am Bett ihres Mannes, dessen Erdendasein dem Ende zuging. Leere Augen blickten sie an, aber sie wich diesem Blick aus und verlegte sich auf haltloses Schluchzen. Mehr und mehr steigerte sie sich hinein, und schließlich sagte Dr. Großkopf, daß sie doch besser das Krankenzimmer verlassen solle.

      »Der Kranke erfaßt Ihre Nähe«, sagte er tonlos, »aber er kann nicht sprechen. Er möchte es wohl, aber er ist nicht dazu fähig.«

      »Er soll es doch sagen, daß wir von alldem nichts wußten«, jammerte sie. »Verstehen Sie denn nicht, wie schrecklich es für mich und meine Kinder ist, wie Verbrecher behandelt zu werden?«

      »Ich bin kein Richter, Frau Ronneberg«, sagte Dr. Großkopf. »Warum ist Ihr Sohn nicht hier?«

      »Er muß etwas gewußt haben. Er hat die Schande nicht ertragen können«, schluchzte Stella Ronneberg. »Man kann doch nicht unser aller Leben zerstören. Wie stehen wir plötzlich da? Ich bin mir keiner Schuld bewußt. Ich schwöre, daß…«

      »Schwören Sie lieber nicht, Frau Ronneberg«, sagte Dr. Großkopf.

      Sie blickte zu Boden. »Plötzlich sind alle gegen uns«, murmelte sie.

      »Homines sumus, non dei«, murmelte er. »Es bedeutet: Wir sind Menschen, keine Götter. Wir dürfen uns nicht zuviel anmaßen.«

      In ihren dunklen Augen begann es haßvoll zu funkeln. »Kommen Sie doch meinem Sohn mit Ihrem Latein. Er wird Ihnen die richtigen Antworten darauf geben«, stieß sie hervor.

      »Das wiederum glaube ich nicht mehr. Seine Zeit ist vorbei. Wir haben unsere Gesetze, Frau Ronneberg.«

      Da drehte sie sich um und verließ fluchtartig das Krankenhaus. Aber sie war allein. Sie wußte nicht, wohin. Sie hatte Angst, entsetzliche Angst, daß auch Marina sie hintergangen haben könnte. Und sie begriff nun auch, daß sie eigene Schuld auf niemanden abwälzen konnte.

      Sie mußte den Heimweg zu Fuß antreten. Sie wagte nicht, jemanden darum zu bitten, sie heimzufahren. Früher hätte ihr kaum jemand eine solche Bitte abgeschlagen. Und jetzt wandten sich schon alle ab, grüßten nicht einmal mehr, weckten den Gedanken in ihr, daß alle fast mehr wußten als sie selbst.

      So erschöpft sie auch war, begann sie, wahllos zu packen. Und immer wartete sie auf einen Anruf von Marina, doch das Telefon blieb stumm.

      Und dann klopfte es an der Tür. Es ist Friedhelm, dachte sie. Er holt mich. Aber dann stand ihr Bruder Karsten vor ihr, mit verschlossener Miene. »So sehen wir uns wieder, Stella«, sagte er.

      Sie wich ein paar Schritte


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