Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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sagte Stella.

      »Gegen ihn hegen sie doch einen Verdacht«, sagte Marina, und ihre Augen wurden ganz eng. »Pack das Geld ein. Ich fahre dich zur Klinik. Man wird es sowieso erwarten, daß du dich um deinen sterbenskranken Mann kümmerst, und ich fahre weiter. Ich weiß schon, wohin ich das Geld bringen kann.«

      »Wohin?«

      »Nach Lindau. Von dort aus sind wir gleich in der Schweiz. Ich werde die hübsche Ferienwohnung mieten, die wir uns angeschaut haben, Mama, und ich kann sagen, daß ich das Geld im Casino gewonnen habe, wenn jemand mich fragen sollte, woher ich es habe.«

      Wenn es um Geld ging, hatte Marina schon Ideen, so denkfaul sie sonst auch war. Stella empfand für ihre Tochter augenblicklich sogar Bewunderung. Und dann schien es auch so, als würde Marinas Plan erfolgversprechend sein.

      Überall konnte Kommissar Harbig nicht sein. Friedrich Ronneberg war nicht ansprechbar, und nun hatte er erfahren, daß sein Sohn die Unverfrorenheit aufgebracht hatte, in der Behnisch-Klinik vorzusprechen.

      Zurückgekehrt war er nicht. Wichtig war es, jetzt ihn aufzuspüren. Und sehr wichtig war es auch, Karsten Badenski nach München zu holen und ihn dann seiner Schwester gegenüberzustellen.

      Mit Martl, der sich unter dem Polizeischutz recht wohl zu fühlen schien, hatte er auch gesprochen, aber der bedauernswerte, geistig schwerbehinderte Mann konnte sich nicht klar ausdrücken. Alles was man aus ihm herausbrachte, war, daß er manchmal auf Hasen geschossen hätte, aber nie auf einen Menschen, und das konnte man ihm auch glauben. Er war den Ronnebergs nicht ergeben, auch das brachten sie aus ihm heraus, aber er konnte doch dort wohnen und essen, und mehr erwartete er wohl ohnehin nicht vom Leben.

      Markus Wangen überließ alles Weitere gern dem Kommissar. Er wollte keinem der Ronnebergs weiterhin begegnen. Er wollte bei Nicola sein, und er wünschte sich auch sehnlichst, endlich seinen Sohn zu sehen. Doch Harbig hatte ihm abgeraten, sofort nach Basel zu fahren.

      Nach München zurückgekehrt, telefonierte er mit Michelle Racine. Sie war zuerst kühl und auch zurückhaltend und schien Zweifel zu hegen, ob er wirklich Markus sei.

      Er sprach von Nicolas Brief und sagte ihr, daß er wisse, daß Kommissar Harbig bei ihr gewesen sei. Da wurde sie zugänglicher. Den Kindern gehe es gut, sagte sie, und sie würden ständig unter Aufsicht stehen. Es wäre sicher nicht gut, Nico jetzt schon aus seiner gewohnten Umgebung zu reißen, auf die er fixiert sei, und allein Nicola dürfe entscheiden, was weiterhin geschehen sollte. Aber mit erstickter Stimme erkundigte sie sich dann nach Nicolas Befinden.

      »Ich werde jetzt zu ihr fahren. Es geht ihr etwas besser«, erklärte Markus. Und er fügte hinzu, daß er ihr und ihrem Mann sehr dankbar sei, daß sie Nicola so beigestanden hätten. Er würde es ihnen tausendfach vergelten.

      *

      Seinen Assistenten Maxi Strasser hatte Kommissar Harbig zu Cordula Lennert geschickt, die im Präsidium angerufen hatte, um eine Erklärung abzugeben. Anscheinend hatte sie kalte Füße bekommen.

      Höchstpersönlich bemühte sich Harbig darum, Karsten Badenski an die Strippe zu bekommen, aber er erfuhr, daß er sich jetzt bei seinem Sohn im Salzkammergut aufhalten würde.

      Nun, das war nicht weit, und es lohnte sich wohl, sich selbst auf den Weg zu machen, falls ein Anruf keinen Erfolg haben würde. Doch dieser hatte Erfolg. Karsten Badenski erklärte sich sofort bereit, nach München zu kommen und auch seinen Sohn Arved und seine Schwiegertochter mitzubringen.

      Leider konnte Kommissar Harbig nicht hören, welche Debatte sich dann zwischen diesen drei Menschen entwickelte.

      »Was wollen wir denn in München, Vater?« fragte Arved.

      »Familienangelegenheiten klären, über die ich bisher nicht gesprochen habe. Ein bißchen bange ist mir schon davor, aber bevor ich mal die Augen schließe, sollst du doch alles erfahren, Arved. Und selbstverständlich muß auch Dorle Bescheid wissen. Ich halte es für ein gutes Omen, daß sie den gleichen Vornamen wie deine richtige Mutter hat. Daß ich dich adoptiert habe, weißt du ja.«

      Und dann erzählte er ihnen die Geschichte, die er auch über viele Jahre als sein Geheimnis bewahrt hatte.

      Ein wenig ängstlich blickte er das Ehepaar an. »Und was soll sich jetzt ändern, Vater?« fragte Arved. »Du bist mein Vater. Wir möchten, daß du bei uns bleibst. Dorle will es genauso wie ich. Wir haben unser gutes Auskommen, und ich bin froh, daß Dorle einem Arved Badenski ihr Jawort gegeben hat, und nicht darauf aus war, einen Baron zu heiraten. Die Zeiten sind doch vorbei, als man noch vor Titeln gekatzbuckelt hat.«

      »Ihr habt auch Kinder«, sagte Karsten Badenski. »Ich sehe nicht ein, daß meine Schwester Stella Nutznießerin dessen ist, was euch eigentlich zusteht. Es soll schon geklärt werden, das bin ich meinem Hauptmann schuldig, dem ich ein treuer Bursche war. Ich war dabei, als er nach der schweren Verwundung die Augen für immer geschlossen hat. Er hat gesagt, daß ich sein bester Freund gewesen sei.« Sein Blick wanderte zum Fenster hinaus, zum Himmel empor. »Ich meine, es hat mich alles überstehen lassen, weil ich immer daran dachte, worum er mich gebeten hatte. Und Gott war bei mir, auf meiner Seite. Daß ich so lange geschwiegen habe, mögest du mir verzeihen.«

      »Es gibt nichts zu verzeihen. Du bist ein guter Vater«, sagte Arved. »Ich habe nicht vergessen, was Mama sagte, als sie von all ihren Schmerzen erlöst wurde. Ich weiß dich in den besten, treuesten Händen, mein Junge.«

      Da wurden Karsten Badenskis Augen feucht. »Es hat lange gedauert, bis ich mein Versprechen ganz einlösen kann«, sagte er leise, »aber nun ist es soweit. Ihr könnt selbst entscheiden. Mir wird wohler sein, wenn alles geklärt ist.«

      »Dann fahren wir mit Vater«, sagte Dorle. »Peter und Karin können bei meinen Eltern bleiben.« Sie schenkte ihrem Mann ein schüchternes Lächeln. »Nun weißt du wenigstens, warum du unbedingt Landwirt werden wolltest, Arved.«

      »Daß es möglich wurde, habe ich nur Vater zu verdanken«, sagte Arved und legte seine Hände auf Karstens Schulter. »Und du wirst mein Vater bleiben.«

      Und so fuhren sie nach München, ein Mann von sechsundsechzig Jahren, mit einem vom Leid hart geprägten Gesicht, ein jüngerer, der gerade sechsunddreißig geworden war, und Dorle, die fünf Jahre jünger war als ihr Mann, die jetzt doppelt stolz war, daß ihr Mann sein Leben gemeistert hatte, ohne von seiner adligen Herkunft zu wissen.

      »Warum hat meine Mutter nie unseren richtigen Namen erwähnt?« fragte Arved nun doch gedankenvoll, während er umsichtig den Wagen steuerte.

      »Um dein Leben nicht zu gefährden, Arved. Es waren sehr schlimme Zeiten. Die Großgrundbesitzer hatten keine Rechte mehr. Wer sich hinter einem anderen Namen verschanzen konnte, hatte eine Überlebenschance. Sie wurden damals als Ausbeuter betrachtet. Es mag in manchen Fällen auch zugetroffen haben, aber die

      bowsteins waren nicht so und dein Vater auch nicht. Und deshalb wurde deine Mutter von niemandem verraten. So manch einer ist in eine andere Haut geschlüpft, um nur zu überleben, aber einige scheinen es ganz schön verstanden zu haben, sich gesundzustoßen.«

      »Man sagt ja, daß die Haut einem näher ist als das Hemd, aber du warst nie so, Vater«, sagte Arved nervös. »Du hast das Recht auf einen ruhigen Lebensabend. Laß uns jetzt mal dafür sorgen.«

      *

      Als sie München erreichten, war Marina Ronneberg bereits in Lindau, und sie war in Hochstimmung, weil sie allem, was unangenehm war, entronnen zu sein glaubte. Sie hatte eine Tasche voll Geld, es mochten an die siebzigtausend Euro sein. Marina dachte nicht darüber nach, woher das Geld kam, wie es beiseite geschafft werden konnte. Ihr war es auch völlig gleichgültig, daß ihre Mutter jetzt doch allerhand auszuhalten hatte, was immer dazu auch der Grund war.

      Im Krankenhaus hatte sie noch erfahren, daß der Zustand ihres Vaters äußerst besorgniserregend sei, aber das stimmte sie keineswegs traurig. Das einzige, was ihr zu schaffen machte, war die Tatsache, daß sie nicht mit ihrem Bruder sprechen konnte. Sie fürchtete ihn, nur ihn. Er hatte sie, die um sieben Jahre jüngere, immer als ein lästiges Übel betrachtet, er hatte sie tyrannisiert


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