Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
unserer Martina geholfen werden kann.«
Sabine legte ihre schmalen Hände um sein Gesicht. »Einen besseren Vater als dich konnte sie nicht finden, liebster Manfred«, sagte sie innig. »Und in meiner Welt hat kein anderer Mann Platz.«
*
Am Freitag kam Martin Fiebig wieder zu Dr. Norden, der aber nichts verriet, was er inzwischen noch von Claudia erfahren hatte.
Er hatte jedoch erfahren, daß das Szintigramm eine beträchtliche Schilddrüsenüberfunktion ergeben hatte und war recht zufrieden, daß seine Diagnose auch diesbezüglich nicht widerlegt wurde.
Vor Überraschungen war auch ein so guter Arzt wie er nicht gefeit.
Nun konnte mit der Therapie begonnen werden, und Martin Fiebig zeigte sich auch sehr vernünftig, als Dr. Norden ihn ermahnte, die Medikamente regelmäßig zu nehmen und in einer Woche zur Kontrolluntersuchung zu erscheinen.
»Ich komme sehr gern zu Ihnen«, sagte Martin fast jungenhaft verlegen. »Schon Ihre Art übt eine beruhigende Wirkung auf mich aus. Ich hoffe, daß sich meine Frau auch bald nicht mehr über mich beklagen kann.«
»Sie beklagt sich nicht«, sagte Dr. Norden. »Sie hat sehr viel Verständnis für Ihre Sorgen. Aber Sie sollten doch einmal daran denken, mit Ihrer Frau gemeinsam einen längeren Urlaub zu machen.«
»Dann müssen wir auf unseren Notgroschen zurückgreifen«, sagte Martin.
»Denken Sie nicht zuviel an den Notgroschen, sondern mehr an Ihre Gesundheit und auch an die Ihrer Frau. Außerdem könnte ich Ihnen ein recht preiswertes Urlaubsquartier besorgen, wo sich auch der Junge wohl fühlen würde. Es ist ein Bauernhof im Chiemgau, der von einer Patientin bewirtschaftet wird. Die Anreise wäre auch nicht zu weit.«
»Bauer hätte ich werden wollen«, sagte Martin, »ja, dazu hätte ich auch Lust gehabt, wenn ich schon nicht Jura studieren konnte. Ich finde es unheimlich nett, daß Sie sich sogar um so was kümmern, Herr Doktor.«
»Man tut, was man kann«, lächelte Daniel. »Es war anscheinend mal wieder eine richtige Eingebung. Sagen Sie mir Bescheid, wann Sie Urlaub machen können, und ich spreche mit Frau Rimmel. Sie läßt sich gerne Gäste von mir vermitteln. Angewiesen ist sie nicht auf Vermietung, aber sie hat gern mal nette Menschen um sich.«
»Und es ist sehr nett von Ihnen, wenn Sie uns als nette Menschen bezeichnen«, sagte Martin. Fast schwärmerisch sah er den Arzt an. »Ich kann es noch immer nicht begreifen, daß es einen Arzt wie Sie gibt.«
»Na, mit Dr. Behnisch sind Sie doch hoffentlich auch zufrieden«, sagte Daniel schmunzelnd.
»Das schon, aber eine Klinik jagt mir doch immer Angstschauer ein.«
»Gut, daß wir welche haben. Oft sind sie lebensrettend, Herr Fiebig. Das dürfen Sie nie vergessen. Und Angst vor Krankheiten verschlimmert jede, das muß ich Ihnen auch sagen.«
»Ich bin ein Feigling.«
Vielleicht war er das wirklich, aber er hatte auch seine guten Seiten, und er hatte eine tatkräftige Frau. So ergänzte sich manches zum Vorteil, vor allem, wenn jeder guten Willens war, und die Fiebigs waren es.
Dr. Norden fuhr ganz zufrieden nach Hause. »Morgen fahren wir zu Sabine«, sagte er zu Fee.
»Wir?« fragte sie.
»Natürlich wir. Es soll eine sehr hübsche Gegend sein, und wir kennen sie noch nicht. Wir essen draußen zu Mittag, und du kannst mit den Kindern ein bißchen wandern.«
»Oder Sabines Kinder spielen mit ihnen«, warf Fee ein, und ein verschmitztes Lächeln legte sich um ihre Lippen. »Du willst doch nicht auf meine Unterstützung verzichten, Daniel.«
»Wieder mal durchschaut«, sagte er mit leisem Lachen. »Du kannst auf den Grund meiner Seele schauen.«
»Wenn man das nur könnte«, meinte sie seufzend. »Wie sehr wäre den Ärzten geholfen und damit auch den Patienten, aber man kann halt nur dann Gedanken lesen, wenn man einen Menschen in- und auswendig kennt.«
»Wie schaue ich eigentlich inwendig aus?« scherzte er.
»Gesund, glücklicherweise«, erwiderte Fee zufrieden.
Die Kinder freuten sich natürlich auf den Ausflug, und der guten Lenni wurde mal wieder ein ruhiger Tag beschieden. Doch für sie war das gar nicht wichtig. Richtig zufrieden würde sie erst sein, wenn die Familie Norden wieder wohlbehalten zu Hause war. Mit ihrem ganzen warmen, dankbaren Herzen hing Lenni an dieser Familie, seit sie ihren Mann und ihre Mutter durch einen tragischen Autounfall verloren hatte und auch ihr eigenes Leben ihr nichts mehr bedeutete. Aber Dr. Norden hatte sie davor bewahrt, dieses Leben in tiefster Verzweiflung zu beenden, und seither gehörte ihre ganze Liebe denen, für die sie sorgen durfte, und vor allem auch den Kindern, die sie so zärtlich liebte, und die ihrer lieben Lenni die gleiche Liebe entgegenbrachten.
Ein strahlender Tag sollte ihnen beschert sein. Die ganze Stadt schien hinauszuströmen zu den Ausflugsgebieten, aber Dr. Norden kannte die stilleren Schleichwege, und sie hatten es nicht eilig.
Sie fanden auch einen Gasthof, der wahrhaft einladend gastlich aussah. Für die Kinder war es am wichtigsten, daß sie im schattigen Biergarten essen konnten. Da schmeckte es noch mal so gut. Jeder bekam, was er am liebsten wollte, und so einig sich die Nordens auch sonst waren, ihre Geschmäcker waren ganz verschieden. Wenn außerhalb gegessen wurde, kam das zu Tage. Fünf verschiedene Gerichte standen auf dem Tisch. Für Daniel eine knusprige Kalbshaxe mit Salat, für Fee Wir-
sing und mageres Tellerfleisch, für Danny Hamburger, die hier Fleischpflanzerl genannt wurden, mit Kartoffelbrei und Soße, für Felix Kinderschnitzel mit Salaten und für Anneka eine Nudelsuppe mit Huhn. Und jeder konnte beim anderen kosten, das war das Beste. Grad lustig ging es da zu, und aufpassen brauchte man auch nicht, weil keine Tischdecke schmutzig werden konnte. Die kleinen Freuden des Lebens waren für den strapazierten Arzt die großen, und er genoß sie und wollte noch nicht an die Unterredung mit Sabine denken.
Aber dann rückte die Stunde doch heran. Sie hielten vor dem hübschen Bauernhaus. Axel und Kathrin riefen gleich im Duett:
»Mami, der Besuch kommt«, aber dann galt ihre Aufmerksamkeit den drei Kindern. Was kümmerte es sie, was der fremde Mann mit ihrer Mami sprechen wollte. Sie waren unbefangen.
»Spielt ihr mit uns?« fragte Axel. Und der mit ihm gleichaltrige Danny war gleich dazu bereit.
Sabine war aus dem Haus gekommen. Sie lächelte verlegen. »Drei Kinder haben Sie, Dr. Norden«, fragte sie.
»Sie sehen es, Sabine«, erwiderte Daniel, erfreut, Sabine immer noch mädchenhaft hübsch und fast unverändert zu sehen. »Und meine Frau möchte Sie auch gern kennenlernen.«
»Es freut uns sehr«, sagte Sabine. »Herzlich willkommen.«
Höflich, aber ebenfalls freundlich wurden sie auch von Manfred willkommen geheißen. Nur Martina fehlte.
»Haben Sie nicht auch drei Kinder?« fragte Fee spontan.
»Ja, aber Martina hat einen schweren Herzfehler und muß die Sonne meiden, wenn sie so herunterbrennt wie heute«, erwiderte Sabine.
Daniel runzelte leicht die Stirn. »Kann man nicht helfen?« fragte er.
»Sie müßte operiert werden«, erwiderte Manfred, »aber bisher wird das nur in Kanada gemacht.«
»Unser Herzzentrum ist doch auch entwickelt worden«, sagte Daniel. »Nun, darüber können wir noch sprechen. Ich habe vorerst eine Mission zu erfüllen.«
»Eine Mission?« wiederholte Sabine stockend.
»Es geht um den Letzten Willen eines jetzt Verstorbenen«, sagte Daniel.
»Mein Mann kann es ruhig wissen. Wir haben keine Geheimnisse voreinander«, sagte Sabine hastig.
»Um so besser. Sie hätte ich gleich wiedererkannt, Sabine.«
»Ich Sie auch, Daniel. Sie haben