Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
gelungen war.
»Das scheint einfacher zu sein, als Anomalien zu beheben«, sagte er zu Fee. »Immerhin ist es tröstlich zu wissen, daß auch auf dem Gebiet der Medizin Fortschritte erzielt werden.«
Doch schon kamen neue Hiobsbotschaften. In Spanien war eine Epidemie ausgebrochen, die viele Todesopfer forderte und deren Ursache man noch nicht auf den Grund gekommen war.
»Kaum ist ein Virus in den Griff bekommen, bereitet uns ein anderer Kopfzerbrechen«, sagte Daniel nachdenklich.
»Und so lange die Erde sich dreht, wird der Mensch ein Rätsel bleiben«, sagte Fee, »aber wenn man mal die Todesanzeigen liest, muß man doch feststellen, daß viele Menschen sehr alt werden.«
»Und wenn immer weniger Kinder geboren werden, wird der Staat völlig überaltert.«
»Augenblicklich scheint es aber einen Babyboom zu geben.«
»Und schon wird auch wieder darüber geredet, daß Vergünstigungen für junge Paare und Kinder gestrichen werden sollen. Die Folge wird sein, daß eben doch wieder weniger Kinder geboren werden. Ich fürchte, daß unserem Nachwuchs keine rosigen Zeiten beschieden sein werden.«
»Man muß sich immer den Gegebenheiten anpassen, mein Schatz. Unsere Eltern mußten das und frühere Generationen auch. Man darf Wohlstand nicht als etwas Selbstverständliches betrachten und nicht munter in den Tag hineinleben, wie es so viele tun.«
»Andererseits kann man es aber auch verstehen, daß die Jugend etwas vom Leben haben will, wenn sie dauernd hören müssen, daß die fetten Jahre vorbei sind.«
Ja, die Nordens standen mitten im Leben und machten sich keine Illusionen, aber sie genossen auch gern die schönen, sorgenfreien Tage, die ihnen beschieden waren.
»Wir werden ja hören, was die Mainhards zu erzählen haben«, meinte Daniel. »Ob das Leben in Kanada besser und billiger ist als hier?«
»Du willst doch nicht etwa auswandern?« scherzte Fee.
»Gott bewahre, ich bin ein seßhafter Mensch. Bleibe im Land und nähre dich redlich.«
»Hast du Hunger?« fragte Fee.
»Gegen was zum Knabbern hätte ich nichts einzuwenden.«
Und das bekam er.
Am nächsten Morgen kam Claudia Fiebig mit dem kleinen Danny zu ihm in die Praxis. Der Junge hatte einen gehörigen Schnupfen, und außerdem schien sich eine Mittelohrentzündung anzubahnen.
»Gut, daß Sie so bald kommen, da bleiben dem Kleinen große Schmerzen erspart, Frau Fiebig«, sagte Dr. Norden.
»Daß etwas mit den Ohren sein könnte, ahnte ich gar nicht«, sagte Claudia. »Sie sind sehr gründlich.«
»Ich habe doch selbst Kinder. Nun, wie ist es mit dem Urlaub?«
»In drei Wochen könnten wir ihn nehmen. Mein Chef war sehr einsichtig. Martins weniger, aber diesmal war sogar mein Mann energisch. Jetzt wissen sie wenigstens, daß er sich nicht alles gefallen läßt. Und das habe ich auch wirklich nur Ihnen zu verdanken. Martin zeigt jetzt viel mehr Rückgrat.«
»Weil er sich wohler fühlt«, sagte Dr. Norden. »Der Urlaub wird Ihnen guttun. Ich werde heute abend gleich mit Frau Rimmel telefonieren.«
»Meinen Sie denn wirklich, daß sie uns nimmt?«
»Da bin ich ganz sicher. Und es wird Ihnen gefallen. Es ist eine liebe Frau. Sie nimmt aber nur Gäste, die ihr von guten Bekannten empfohlen werden, weil sie mal gehörig hereingefallen ist. Sie können sich schon vorbereiten.«
»Ich freue mich so«, sagte Claudia. »Wir konnten noch nie gemeinsam Urlaub machen. Und Martin mag doch überhaupt keinen Betrieb. Seine Eigenheiten hat er schon, aber zum Glück keine, die man nicht tolerieren kann. Ich muß diesem jungen Mann fast dankbar sein, der uns in den Wagen gefahren ist. Dadurch habe ich Sie kennengelernt. Übrigens will er den Schaden selbst bezahlen.«
»Darauf lassen Sie sich mal lieber nicht ein«, sagte Daniel. »Die jungen Burschen sind recht clever. Meistens werden die Rechnungen höher, als man meint und hinterher ist es leicht der Geschädigte, der draufzahlen muß.«
»Das hat Martin auch gesagt. Ich hätte mich schon beschwatzen lassen.«
»Und Papi hat geschümpft«, sagte Danny.
»Mir recht, Sohnemann«, sagte Claudia lächelnd. Dann blinzelte sie Dr. Norden zu. »Die Eifersucht, wenn ein Mann aufkreuzt, ist Martin nicht auszutreiben.«
»Das wird sich geben«, lächelte Dr. Norden. »Ich war früher auch sehr eifersüchtig und auch völlig grundlos.«
Und während er redete, wurde Danny versorgt, der das gar nicht so richtig mitbekam, weil er sehr interessiert zuhörte, was der nette Onkel Doktor alles sagte.
»Na, du wirst deinen Spaß haben auf dem Bauernhof, Danny«, sagte Dr. Norden. »Pferdchen, Kühe und Hühner, da wird es dir bestimmt nicht langweilig werden. Und wenn du ganz brav bist, wird auch bestimmt schönes Wetter sein.«
Und der Kleine strahlte. »Pferdis, Kuhlemuhle sind ganz doll«, freute er sich. »Und Mami ist immer da.«
Und das ist wohl doch das Allerbeste, dachte Dr. Norden, wenn die Mutter Zeit für ihr Kind hat.
*
Die Tage waren schnell dahingegangen. Der Donnerstag war angebrochen. Professor Tucker war früh auf den Beinen. Sabine hatte in dieser Nacht kaum ein Auge zugetan, und Manfred ließ es sich nicht anmerken, daß es ihm nicht viel anders ergangen war.
Sie hatten Axel und Kathrin nicht gesagt, daß Martina an diesem Tag operiert würde, aber die beiden Kleinen spürten was.
»Geht es Tina nicht gut?« fragte Axel ängstlich.
»Habt ihr schon mit dem Jonathan gesprochen?« fragte Kathrin.
Für sie war es auch schon der Jona-than. Sie mochten ihn.
»Schön wär’s, wenn wir solchen Opa hätten«, meinte Axel. »Warum haben wir eigentlich keinen?«
»Eine Omi wäre aber noch besser«, warf Kathrin ein. »Aber liebe Eltern sind doch am besten«, fügte sie rasch hinzu.
»Wir machen heute einen Ausflug«, sagte Manfred unvermittelt.
»Aber nicht zu weit«, sagte Sabine. Ihre Gedanken waren bei Martina. Manfreds auch, aber er wußte, daß es gar nichts einbringen würde, wenn sie hier herumsaßen und ständig auf die Uhr schauten.
»Und dann besuchen wir Tina«, warf Kathrin ein.
Martina hatte schon die Vornarkose bekommen. Professor Tucker stand neben ihrem fahrbaren Bett und hielt ihre Hand. Seltsam gleichmäßig war der Puls, viel besser als sonst.
»Jetzt wirst du schlafen, und wenn du aufwachst, haben wir alles überstanden«, sagte er leise.
»Dann ist es, als ob ich noch mal auf die Welt komme«, flüsterte Martina, »an einem Donnerstag.« Und dann sah Prof. Tucker, wie ihre Daumen sich zwischen Finger und Handfläche schoben und die kleinen Fäuste lagen ganz ruhig auf der Decke, als sich die Lider gesenkt hatten.
Sie drückte ihm die Daumen, und andere aus seinem Team warfen ihm aufmunternde Blicke zu.
Schwester Harriet legte ihm die Gesichtsmaske um. »Ich weiß, wie dir zumute ist, old John«, sagte sie leise. Sie waren schon viele Jahre Freunde, und sie hatten manche leidvolle Stunde gemeinsam durchlebt. Jeder lebte für sich allein, doch in solchen Augenblicken waren sie sich nah.
Die modernsten Apparate standen bereit und wurden nun eingeschaltet. Auf dem Bildschirm über dem Operationstisch konnte jeder jeden Handgriff von Professor Tucker verfolgen. Auf einem Band war der Herzschlag des Kindes abzulesen. Nur noch ein kurzes Zögern, dann setzte Jonathan Tucker das Skalpell an. Absolute Stille herrschte. Der Brustkorb des Kindes war freigelegt. Nun konnten auch die Assistenten sehen, was dieses kleine Kinderherz beengte.
Die