Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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du dir schon Gedanken gemacht, was du mit dem Geld machen willst, das übrigbleibt?«

      »Ja, aber darüber reden wir erst, wenn wir unsere Martina mit nach Hause nehmen können.«

      »Es gibt behinderte Kinder, die keine vermögenden Eltern haben«, sagte er leise.

      Sie schmiegte sich eng an ihn. »Zwei Seelen und ein Gedanke, Liebster. Wenn es nur immer so bleiben würde.«

      »An mir soll es nicht liegen, Sabine.« Seine Lippen streichelten ihr Gesicht. Und sie schlief in seinen Armen ein, wie so oft, sich geborgen fühlend.

      *

      Schon am nächsten Tag fuhren sie zur Klinik. Es war ein großes supermodernes Gebäude von riesigen Ausmaßen, das allen Beklemmungen einflößte.

      »Hauptsache ist, du kannst dann herumspringen, wenn wir dich abholen, Tina«, sagte Axel. »Aber hoffentlich kannst du die Leute verstehen.«

      »Tina kann doch englisch«, sagte Kathrin. »Siehst du nun, wie wichtig es ist, wenn man Sprachen lernt.«

      »Du Klugschnack«, brummte Axel.

      Man setzte wohl nicht voraus, daß die kleine Martina so perfekt schon die englische Sprache beherrschte, denn vieles wurde dann gesagt, was sie eigentlich nicht verstehen sollte. Aber Professor Tucker war so was wie ein guter Nikolaus für die kleine Patientin, die sich so tapfer in ihr Schicksal fügte. Mit seinem weißen Haar und Bart und den blitzenden Blauaugen gewann er gleich ihr Vertrauen.

      Aber sie setzte den erfahrenen Arzt in Erstaunen und brachte ihn sogar in Verlegenheit.

      »Ich weiß schon, daß es schwierig ist«, sagte Martina, »aber wenn Sie mir wenigstens ein bißchen helfen können, bin ich schon froh. Sie brauchen ja meinen Eltern nicht zu sagen, wenn es nicht ganz gut werden kann.«

      Professor Tucker schluckte zweimal. »Und woher nimmt die junge Dame diese Weisheit?« fragte er heiser.

      »Ich habe Ohren und kann denken«, erwiderte Martina.

      »Für dein Alter bist du aber schon verflixt schlau«, sagte Professor Tucker.

      »Ich durfte ja nie draußen spielen, da habe ich gelernt«, erwiderte sie.

      »Und wahrhaftig keine Zeit vergeudet, Tina. Na, dann reden wir mal offen. So eine Operation kann nur gelingen, wenn der Patient tüchtig mithilft. Hast du Angst?«

      »Nein, es wäre viel schlimmer, wenn Mami oder Papi krank wären. Die Kleinen brauchen sie doch so sehr.«

      Professor Tucker konnte es nicht verhindern, daß seine Augen feucht wurden. »Wir werden gut miteinander auskommen,Tina«, sagte er. »Ich mag so mutige Mädchen.«

      »Sie müssen mir nur alles erklären«, sagte Tina. »Ich will nämlich auch mal Ärztin werden, und dann will ich schon viel wissen.«

      »Aber wenn du mal Ärztin bist, werden wir hoffentlich schon ein ganzes Stück weiter sein«, sagte er sinnend.

      Sie sah ihn fragend an. »Kriege ich ein neues Herz? So was gibt es auch.«

      »Sagen wir mal ein beinahe neues, kleines Fräulein.«

      »Aber ich kann meins behalten?«

      »Aber ganz bestimmt. Du hast also doch Angst.«

      »Nur davor, daß ich ein Herz bekommen könnte von einem der tot ist, das mag ich nicht.«

      »Und dafür hast du auch eine Erklärung, Tina?«

      »Ja. Weil so ein Mensch doch ganz andere liebgehabt hat, und in meinem Herzen wohnen Mami, Papi und meine Geschwister.«

      »Ich möchte darin auch einen Platz haben, Tina«, sagte Professor Tucker, »und du kannst du zu mir sagen. Wir sind jetzt dicke Freunde.«

      »Und wie noch?« fragte Tina.

      »Was noch?«

      »Bloß du? Wie heißt du noch?«

      »Sag einfach Tucker. Jonathan ist kein Name, der jungen Damen gefällt.«

      »Mir gefällt er aber sehr, Jonathan«, sagte Tina.

      »Was soll jetzt noch schiefgehen«, brummte er gerührt. »Vergiß alles, was dein kluges Köpfchen aufgeschnappt hat, Tina.«

      »Ich weiß aber, daß es sehr schwierig ist. Ich halte dir die Daumen«, sagte das Kind.

      *

      »Das ist ein Kind«, sagte Professor Tucker zu Manfred und Sabine, als sie sich zusammengesetzt hatten. »Alles, was ich besitze, würde ich geben, wenn ich sie Ihnen abkaufen könnte.«

      »Für nichts auf der Welt«, erwiderte Manfred.

      »Das habe ich mir gedacht. Es war auch nur so ein Wunschtraum. Wann passiert es einem schon mal, daß so ein kleines Geschöpf so viel Herz und Verstand hat.«

      »Sie sprechen aber von einem kranken Herzen«, sagte Manfred rauh.

      »Das ist die Ungerechtigkeit, die mich aufbegehren läßt«, erwiderte der Professor. »Sie dürfen versichert sein, daß ich das Bestmögliche tun werde, um Tina zu einem normalen Leben zu verhelfen, und ich werde dafür kein Honorar fordern.«

      »Aber wir haben das Geld für die Operation«, sagte Sabine.

      »Dann verwenden Sie es anderweitig.«

      Nun hatten sie das Geld, und nun wollte dieser berühmte Professor keins haben. Doch Tucker sagte ihnen mit einem leicht spöttischen Unterton, daß die Hospitalkosten wohl hoch genug sein würden. »Unsere Verwaltung macht keine Zugeständnisse«, bemerkte er.

      »Eine solche Klinik erfordert ja auch einen gewaltigen Aufwand«, meinte Manfred vernünftig.

      Tucker machte eine abwehrende Bewegung. »In aller Welt werden so ungeheure Summen für Vernichtungswaffen ausgegeben, daß es einem hochkommen könnte. Und was Menschenleben zu erhalten betrifft, ist oft nicht das Notwendigste vorhanden. Aber darüber könnte ich mich stundenlang auslassen und in Zorn reden. Es ist einfach schön, wenn man sich an einem Kind erfreuen kann, wie Tina eines ist.«

      Die Worte gingen Manfred und Sabine nicht aus dem Sinn.

      »Er hat wirklich eine besondere Beziehung zu Tina«, sagte Sabine nachdenklich, »und dies nach dieser kurzen Zeit.«

      »Wir haben sie immer als unser Sorgenkind betrachtet«, bemerkte Manfred. »Er wird ihr helfen, davon bin ich überzeugt.«

      Aber sie ahnten nicht, wieviel Gedanken sich Jonathan Tucker über diese Operation machte, wenn er die Röntgenbilder betrachtete. Dann meinte er, Tinas Stimme zu vernehmen: Ich halte dir die Daumen! Ja, das würde er brauchen. Seine Gedanken wanderten viele Jahre zurück. Sein eigenes Kind hatte er nicht retten können, und darüber war auch seine Ehe zerbrochen. Aber damals, vor dreißig Jahren, hatten sie noch nicht die Möglichkeiten gehabt, solche Operationen auszuführen. Lange hatte es gedauert, bis die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, und er hatte sich zäh und verbissen Schritt für Schritt vorwärts gekämpft. Viele Erfolge konnte er verzeichnen, aber auch Mißerfolge waren nicht ausgeblieben.

      Nun war da ein Kind, das ihn gläubig und vertrauend anblickte, ein Kind, dem sein Herz sich zugewandt hatte. Er war mit jeder Faser seines Seins engagiert.

      Nachdem er sich sogar über die Wettervoraussagen informiert hatte, setzte er die Operation für Donnerstag an. Ein wenig spielte da sogar der Aberglauben mit, denn eine Patientin mit astrologischen Ambitionen hatte einst den Donnerstag als seinen Glückstag bezeichnet.

      »Also dann am Donnerstag, Tina«, sagte er zu dem Kind, und er hielt die kleinen Hände fest umschlossen.

      »Fein«, sagte sie, »an einem Donnerstag bin ich geboren, da kann nichts schiefgehen.«

      Er brauchte ihr nicht Mut zu machen, sie machte ihm Mut. Er beugte sich herab und küßte sie auf die Stirn. »Du bist ein richtiger Schatz«, sagte er weich.

      *


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