Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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beklommen.

      »Nun hat es mich auch erwischt«, sagte er stockend. »Reden wir nicht drum herum, Georgia. Ich weiß, was los ist. Forrester ist schon fast ein Jahr tot. Ich habe es dir verschwiegen.«

      »Ich habe mit Kathy telefoniert. Sie hat Dan geheiratet«, sagte Georgia. Guter Gott, wie konnte ich das sagen, dachte sie. Aber er schien sich nichts dabei zu denken.

      »Jack war geschlagen mit dieser Frau«, murmelte er. »Sie hatte doch nur Vergnügen im Sinn. Da war ich schon besser bedient. Du weniger.«

      »Sag das doch nicht, Holger«, flüsterte sie.

      »Warum nicht? Ich habe Zeit, nachzudenken. Die habe ich mir vorher nie genommen. Die Hirnzellen sind noch intakt. Sonst nichts mehr. Es gibt wirklich nichts zu beschönigen. Ich habe bereits aufgegeben, Georgia.«

      »Jürgen hat geschrieben«, sagte sie unmotiviert. »Er ist in Amerika. Er wird bald kommen.«

      »Jürgen«, wiederholte er tonlos. »Frisch und munter wie ehemals. Er hat immer alles mit der leichten Hand gemacht. Nicht leben um zu arbeiten, nur mal arbeiten, um zu leben. So wird Nadine auch.«

      »Sie geht zur Schule und will den Abschluß schaffen.«

      »Doch nicht mir zuliebe. Sie haßt mich«, sagte er.

      Georgia erschrak zutiefst. »Sie hat sich nur unverstanden gefühlt«, sagte sie.

      »Du nicht auch? Aber du hast ausgehalten. Mehr als zwanzig Jahre hast du mich ertragen. Ich wurde immer älter, und du bist jung geblieben.«

      »Guter Gott, ich bin vierzig«, sagte sie.

      »Jung genug, um noch einmal zu beginnen. Ich hatte kein Verhältnis mit der Lamprecht. Das darfst du nicht denken. Ich habe mich nur in ihr getäuscht. Sie wollte Profit schlagen aus der gemeinsamen Arbeit. Ist alles vorbei. Zu spät.«

      Ein paar flache, hastige Atemzüge, dann war er eingeschlafen. Eine beklemmende Stille lag im Raum, eine Stille, die sie nicht ertragen konnte.

      Fluchtartig verließ sie das Zimmer. Jetzt nur nicht noch diesem Dr. Hartung begegnen, ging es ihr durch den Sinn, aber sie traf weder einen Arzt noch eine Schwester auf dem langen Korridor.

      Aber als sie zu ihrem Wagen hastete, tauchte plötzlich ein Schatten vor ihr auf.

      Fast wäre sie an Jonas Vestris’ Brust gelandet. Zwei feste Hände umschlossen ihre Arme.

      »Sie?« sagte sie staunend, als sie dann in sein Gesicht blickte.

      »Ich rief bei Ihnen an, aber es meldete sich niemand. Da dachte ich, daß Sie hier sein könnten«, erwiderte er ruhig.

      »Die Mädchen sind in der Schule«, murmelte sie.

      »Nadine auch?« fragte er verwundert.

      »Ja, sie macht noch einen letzten Versuch. Sie kann es schaffen, wenn sie will.« Sie sah ihn fragend an. »Gibt es wieder etwas Neues?«

      »Meine berufliche Mission ist beendet, meine menschliche liegt mir noch am Herzen«, sagte er. »Ich fürchte, daß ich Nadine vor den Kopf gestoßen habe.«

      »Ach, sie kann das noch viel besser«, sagte Georgia. »Ich begreife erst jetzt, daß Sie zur rechten Zeit zur Stelle waren, um Unheil von ihr abzuwenden. Sie ist sehr impulsiv.«

      »Und voller Agressivität. Ich hatte eine Schwester, die ähnlich reagierte.«

      »Nadine hat davon gesprochen«, sagte Georgia leise. »Aber Sie haben da anscheinend nur eine Andeutung gemacht.«

      »Ich würde gern mehr davon erzählen, wenn es nützlich für Nadine sein könnte«, sagte er, »aber Sie können das als Mutter besser beurteilen.«

      »Es scheint so, als würden wir jetzt einander näherkommen«, sagte Georgia. »Und Sie haben Nadine zumindest Respekt eingeflößt.«

      »Eine Respektperson möchte ich nicht gerade sein«, sagte er mit einem kleinen Lächeln, »aber Nadine kann schon gewisse Aggressionen erzeugen durch ihre eigenen. Könnten wir uns an einem anderen Ort nicht besser unterhalten?«

      »Besuchen Sie uns doch«, sagte Georgia.

      »Ich würde gern einmal allein mit Ihnen sprechen«, sagte Jonas Vestris. »Ich würde Sie auch gern mit meiner Mutter bekannt machen.«

      Georgia war überrascht. »Mit Ihrer Mutter?«

      »Ich lebe mit ihr zusammen. Sie hat sehr viel durchgemacht mit meiner Schwester Biggi. Als ich noch nicht wußte, daß Nadine eine so vernünftige Mutter hat, spielte ich mit dem Gedanken, sie zu uns einzuladen. Es ist nur nicht so einfach, einen Gedanken in die Tat umzusetzen, wenn man Angst hat, mehr falsch zu machen, als zu nützen.«

      »Ich verstehe Sie nicht ganz, Herr Vestris«, sagte Georgia nachdenklich.

      »Ich werde es Ihnen erklären. Darf ich Sie zu uns einladen?«

      Sie zögerte nur kurz. »Ja, gern«, erwiderte sie dann.

      Sie fuhren durch die Stadt. »Sehen Sie, es war so«, begann er zögernd. »Zuerst dachte ich, daß Nadine so ein Mädchen wäre wie alle andern. Sehr hübsch, sehr auf Wirkung bedacht, und so ein richtiges Partygirl. Unwillkürlich denkt man so, wenn sich ein Mädchen mit Francesco Caretto einläßt. Und dann kam dieser Abend, und ich spürte, wie zerrissen sie in sich war. Schließlich lernte ich Sie kennen. Meine Schwester war viel verspielter. Sie lernte so einen italienischen Conte kennen. Sie brannte mit ihm durch. Sie lebte ein Jahr mit ihm zusammen, dann erfuhr sie, daß er verheiratet war und zwei Kinder hatte. Sie beging Selbstmord, weil sie sich schämte, nach Hause zurückzukehren. Ihr Abschiedsbrief war ein erschütterndes Dokument. Sie hatte nicht begriffen, daß uns ihr Leben wichtiger gewesen wäre als dieser Irrweg.«

      »Ich glaube nicht, daß dieser Francesco meiner Tochter viel bedeutet hat«, sagte Georgia nach einem längeren Schweigen gedankenvoll. »Was sie getan hat, tat sie, um ihren Vater herauszufordern, aus Trotz, aus Eigensinn, aus Opportunismus. Heute denke ich, daß sie mehr Mut hatte, als ich, mögen auch die Mittel falsch gewesen sein. Aber sie ist einfach zu jung gewesen, um das abschätzen zu können. Ich war nicht älter, als sie, als ich die Frau von Holger Schilling wurde und ich habe mir keinerlei Gedanken gemacht, was auf mich zukommen würde.«

      Sie unterbrach sich, als sie merkte, daß er auf die Bremse trat. Der Wagen hielt vor einer schönen alten Villa. Ritterlich half Jonas ihr heraus und dann erschien eine weißhaarige Dame in der Tür.

      »Meine Mutter«, sagte Jonas mit warmer Stimme.

      »Und Sie sind Frau Schilling«, sagte die Ältere leise. »Es freut mich sehr, daß Sie zu uns kommen. Jonas hat mir von Ihnen erzählt.«

      In den paar Tagen? Georgias Gedanken überstürzten sich, doch hier empfing sie Wärme und wohltuende Behaglichkeit. Und da war ein Bild, das ein bezauberndes Mädchen darstellte, vom gleichen Typ wie Nadine. Jetzt wußte sie, was Jonas Vestris bewegt hatte, als er Nadine kennenlernte. Sie sah ihn an, er nickte ihr zu.

      Charlotte Vestris sagte leise: »Das war Biggi. Jon hat von ihr gesprochen?« Georgia nickte.

      »Es wird uns immer unbegreiflich bleiben, daß sie den Weg zu uns nicht zurückfand«, sagte Charlotte Vestris. »Vielleicht hat sie diesen Mann auch zu sehr geliebt.«

      »Ich bin Ihrem Sohn unendlich dankbar, daß er Nadine vor Schlimmen bewahrt hat«, sagte Georgia.

      »Es ist nicht das erste Mal. Nur vergißt er sich selbst darüber«, sagte Frau Vestris.

      »Ganz so ist es nicht, Mutter«, sagte Jonas. »Geheimnisse nicht etwas in mich hinein. Ich bin ja erst dreißig.« Und mit einem flüchtigen Lächeln zu Georgia fuhr er fort: »Mutter meint, daß ich daran denken sollte, eine Familie zu gründen.«

      Und er wäre ein anderer Vater als Holger, dachte Georgia. Sie fühlte sich wohl hier. Es war, als würden sie sich lange kennen und mehr als eine Stunde verging, bis das Telefon die Harmonie störte.

      Aber dann horchten


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