Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
soll«, erwiderte Georgia kopfschüttelnd. »Dr. Hartung ist Psychiater. Er scheint mich für sehr labil zu halten.«
»Oder nur für sehr schön«, sagte Charlotte sanft.
»Ach was, da habe ich andere Sorgen«, meinte Georgia mit einem leisen Lachen. »Eine solche Ehe hinterläßt Spuren, die nicht mehr zu tilgen sind. Ich habe das doch schon angedeutet.«
Ja, mit Charlotte konnte sie reden, als wären sie lange befreundet. Und es tat ihr wohl, sich aussprechen zu können.
»So dürfen Sie nicht denken, Georgia. Sie sind doch noch jung. Sie könnten sogar beinahe meine Tochter sein. Ich bekam Jonas erst, als ich siebenundzwanzig war, und wir waren schon fünf Jahre verheiratet. Drei Jahre später kam dann auch noch Biggi. Mein Mann hatte sich ein Mädchen gewünscht. Er verwöhnte sie fast sträflich, und er ging daran zugrunde, als sie dann ausbrach. Aber vielleicht brach sie gerade darum aus, weil er so Besitz von ihr ergriffen hatte. Sie wollte sich nicht bevormunden lassen, sie wollte nicht das behütete Töchterchen eines nicht mehr jungen Vaters sein. Ja, auch dadurch kann ein an sich harmonisches Familienleben gefährdet werden, nicht nur durch zu strenge Eltern, die zuviel von Kindern fordern und erwarten. Mir tut es gut, daß ich mit einem Menschen darüber sprechen kann, der auch Probleme hat. Jonas wollte später dann alles von mir fernhalten, was mich betrüben könnte, und ich fürchtete schon, er würde deshalb gar nicht mehr an sich selbst denken. Jetzt fürchte ich das nicht mehr. Ich hoffe nur, daß Nadine mich auch ein wenig liebgewinnen wird.«
»Sie muß man doch liebhaben, Charlotte«, sagte Georgia leise und drückte schnell die feine Hand der Älteren.
Bei jedem Motorengeräusch war Jessica zusammengeschreckt, aber Jonas’ Wagen hörte sie dann gar nicht kommen, so leise ließ er ihn ausrollen. Und als Nadine dann eintrat, kam Jessica gar nicht dazu, Vorwürfe loszuwerden, denn da trat auch schon Jonas ein, und Nadine sagte: »Mami und Frau Vestris kommen auch gleich. Schimpf nicht los, Jessica, es tut mir ja leid, daß ich dir keine Nachricht hinterlassen habe. Es ging doch alles so schnell. Markus hat dich doch hoffentlich nicht allein gelassen.«
»Natürlich nicht«, ertönte dessen Stimme von der Tür her. »Aber einige Sorgen haben wir uns schon gemacht.«
Jessica war immer noch benommen, als dann auch Georgia und Charlotte Vestris eintraten. Sie flog ihrer Mutter an den Hals.
»Nun seht ihr mal, wie mir manchmal zumute war, wenn ich auf euch gewartet habe«, sagte Georgia trocken. »Aber das soll kein Vorwurf sein. So ein paar Stunden gehen so schnell vorbei.«
Aber ebenso schnell gewöhnten sie sich daran, in einer großen Runde am Tisch zu sitzen. Daß sie Jonas nicht mißtrauen müßten, hatten Jessica und Markus schnell heraus, und wenn gleich seine Mutter mitkam, konnte das nur Gutes bedeuten. Freilich herrschte anfangs noch so etwas wie Staunen über dieses plötzliche Beisammensein, vor allem wohl bei Jessica, die es aus der Fassung gebracht hatte, daß ihre störrische Schwester Nadine sanft wie ein Lamm war, aber in Verbindung mit Lamm mußte sie an die Lamprecht denken, und das wollte sie nicht.
Die Skepsis gegen Jonas war ausgeräumt, seine Mutter fand Jessica ganz besonders nett. Sie war eben ein richtiger mütterlicher Typ, nicht mehr so jugendlich wie Georgia, nicht so locker wie Inge Röding.
Markus und Jonas fanden schnell Kontakt zueinander, obgleich sie so ganz unterschiedliche berufliche Interessen hatten.
Von Francesco, Juanita und Carlos wurde nicht gesprochen.
Von ihnen erfuhr Jessica erst am Ende dieses langen Tages zu nächtlicher Stunde.
Jonas und Nadine hatten noch ziemlich lange miteinander geredet, abseits von den anderen, und dann gab es einen sehr herzlichen Abschied von Charlotte Vestris.
Es dauerte geraume Zeit, bis Nadine sich bei Jessica blicken ließ. Anscheinend hatte sie sich erst aus ihrer Traumstimmung lösen müssen.
»Da staunst du, was?« fragte sie nun forsch, aber ihre Stimme hatte doch einen ganz anderen Klang als früher.
Jessica lächelte hintergründig. »Wenn du wissen willst, wie ich Jonas finde…«
»Ach was, ich weiß ja, daß er euch gefällt. Wir sind Freunde, ganz richtige Freunde, verstehst du. Denke nur nicht, daß das nur so ein Flirt ist, wie mit Francesco.«
»War das wirklich nur ein Flirt, Nadine?« fragte Jessica ernst. »Sei mal ganz ehrlich, auch mit dir selbst.«
»Eigentlich möchte ich darüber gar nicht mehr nachdenken«, sagte Nadine leise. »Es ist ein blödes Gefühl, wenn man so hereingefallen ist. Er wußte eben ganz genau, wie er es anfangen mußte.
Aber er verband damit ja auch ganz gezielte Absichten.«
Dann erfuhr Jessica auch die ganze Geschichte über Juanita und auch über Jonas Schwester Biggi.
»Da kann es einem wirklich richtig übel werden«, sagte sie leise. »Ich muß Frau Vestris noch mehr bewundern.«
»Ja, sie ist eine wundervolle Frau. Und Jonas steht so über den Dingen, wenn er auch engagiert ist. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Er hat mir erst klargemacht, wie kindisch ich mich benommen habe, obgleich er das natürlich nicht so direkt sagt. Er ist eben ein reifer Mann, und so ritterlich.«
»Jedenfalls hast du den Unterschied kennengelernt, Nadine«, meinte Jessica nachdenklich. »Ist es nicht seltsam, daß wir gerade jetzt, in dieser Situation mit Papa echte Freunde gefunden haben?«
»Du denkst doch schon an Heiraten«, sagte Nadine.
»Doch nicht gleich! Wir haben halt darüber gesprochen, daß wir zusammenbleiben wollen. Markus ist nicht so, daß er Sprüche klopft.«
»Jonas erst recht nicht«, sagte Nadine. »Ich weiß nur nicht, womit ich es verdiene, daß er mich ernst nimmt«, fügte sie dann leise hinzu.
»Er hat gemerkt, daß mehr in dir steckt«, erklärte Jessica ernsthaft. »Aber wir wollen jetzt mal daran denken, daß Mami uns braucht. Markus hat mir schon angedeutet, was noch auf sie zukommen kann, wenn Papa noch länger lebt. Jetzt kann er noch einigermaßen klar denken, aber das wird auch nachlassen. Solche Krankheiten bringen große psychische Veränderungen mit sich.«
»Vielleicht hält Mami sich dann doch an diesen Dr. Hartung. Der ist ja Psychiater«, sagte Nadine.
»Jetzt redest du wieder mal Unsinn«, sagte Jessica verweisend.
»Wieso Unsinn? Er zeigt großes Interesse für Mami. Man müßte schon blind sein, wenn man das nicht merken würde. Und er ist ein gutaussehender Mann. Kathy hat doch auch einen jüngeren Mann geheiratet.«
»Vergleiche Mami bitte nicht mit Kathy«, brauste Jessica auf.
»Seien wir doch mal ganz ehrlich, Jessi. Was hat Mami denn schon vom Leben gehabt. Uns, ja, aber immer haben wir ihr auch keine Freude bereitet und wie oft hat sie sich mit Papa unseretwegen angelegt. Vor allem meinetwegen, und ich habe das noch herausgefordert.«
»Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Aber immerhin war Papa ja ein großer Wissenschaftler und nicht so ein Tagedieb. Solche Leute sind eben schwierig. Aber Markus meint auch, daß er keine intimen Beziehungen zu der Lamprecht gehabt hat. Schon wegen der Krankheit nicht. Und deshalb kann man auch bei ihm und Mami nicht mehr von einer richtigen Ehe reden.«
»Jedenfalls hat dieses Weib ihn maßlos ausgenützt und hintergangen. Sie soll ruhig auch leiden«, sagte Nadine erbittert. »Und wenn ich mir vorstelle, daß Francesco sich mit ihr eingelassen hat, wird es mir erst recht übel.«
»Wir wollen froh sein, daß es nicht noch schlimmer wurde«, sagte Jessica begütigend. »Was willst du nun machen?«
»Ich mache natürlich die Schule fertig.« Sie lächelte verlegen. »Meine kleine Schwester wird mich zwar um manche Punkte schlagen, aber das muß ich hinnehmen. Ich werde es schon beweisen, daß ich es schaffe.«
»Womit hast du den Direx eigentlich eingeseift?« fragte Jessica.
Nadine wurde