Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Gesicht wurde ganz hart und hätte ihn Georgia so gesehen, hätte sie keinen Zweifel an ihm und seinen Worten gehegt.

      »Du wirst übermorgen die Bestätigung der Bank bekommen, Holger«, sagte er ruhig. »Mehr sage ich jetzt nicht. Und wenn du mich dann zu sehen wünschen solltest, sag bitte Georgia Bescheid.«

      Anscheinend wollte Holger noch etwas sagen, aber es fehlte ihm die Kraft. Seine Augen schlossen sich. Und nun konnte Jürgen so richtig sehen, wie ausgezehrt und schon greisenhaft sein Gesicht aussah, und da kam doch Erbarmen in ihm auf.

      Was hast du nun eigentlich erreicht, dachte er. Alles Glück der Welt hättest du mit dieser Frau erleben und genießen können, mit den Kindern, und nun hast du dich selbst zerstört.

      Er ging langsam zur Tür, doch da tönte leise nochmals sein Name durch den Raum, und er ging zum Bett zurück.

      »Tut mir leid, Jürgen«, flüsterte Holger, »ich glaube dir.«

      »Ist schon gut«, sagte er leise. »Ich wollte es ja nie heraushängen lassen.«

      »Dann würdest du Georgia nie im Stich lassen?« fragte der Kranke.

      »Niemals.«

      »Es ist gut, ich danke dir.«

      Was mag nur in einem solchen Menschen vor sich gehen, überlegte Jürgen. Ich muß mich mehr damit befassen. Ich habe mich ja nie um Kranke und Krankheiten gekümmert. Ja, in dieser Beziehung war ich verdammt egoistisch und habe auch nie gedacht, daß ich mal krank werden könnte. Einen Unfall ja, den habe ich immer einkalkuliert und dann hätten sie ja ohnehin alles bekommen. Vielleicht hilft es ihm wirklich, wenn ich die Mittel besorge und er das Geld bekommt.

      *

      Georgia hatte sich indessen einen nüchternen Vortrag über EEG angehört, wie die Abkürzung für Elektroenzephalogramm hieß.

      Sie hatte tatsächlich interessiert zugehört. Sie wußte jetzt, daß Gemütserregungen, Sinnestätigkeit und gewisse Veränderungen im Hirnbereich damit gemessen und erforscht werden konnten. Sie hatte auch erfahren, daß Holger sehr unterschiedliche Reaktionen zeigte, daß er einmal ganz klare Funktionen brachte und dann wieder verwirrte.

      »Allerdings ist zu bemerken, daß die allgemeine Schwäche auch bereits auf die Gehirnzellen übergreift«, sagte Dr. Hartung.

      »Damit war ja wohl zu rechnen, Herr Doktor«, sagte Georgia ruhig. »Man hat mir gesagt, daß mein Mann nicht mehr lange zu leben hat.«

      »Aber er will mit diesem amerikanischen Medikament behandelt werden und diese Ausgabe ist doch überflüssig«, sagte der Arzt.

      »Mein Mann hat so viel experimentiert und erfolgreich dazu«, sagte Georgia ruhig, »warum sollte man nicht auch bei ihm mal ein Experiment machen. Verlieren kann er nicht mehr, nur gewinnen.«

      »Er könnte möglicherweise damit über Jahre hinaus am Leben erhalten werden, aber an was für einem Leben.«

      »Das sollte nicht Ihre Sorge sein«, sagte sie kühl.

      »Denken Sie doch auch an sich«, sagte Dr. Hartung drängend.

      »Ich bin im Vollbesitz meines Verstandes, Herr Doktor, das dürften Sie wohl doch bemerkt haben. Ich lasse mir auch keine Schwäche einreden Oh, da kommt mein Schwager.« Sie hatte ständig auf die Glastür geschaut und war erleichtert, Jürgen zu sehen. Sie eilte zur Tür. »Danke für die Auskunft, Herr Dr. Hartung, ich muß jetzt gehen.«

      Tief gekränkt blieb er zurück. Ja, anfangs war es nur die Frau gewesen, die ihn fasziniert hatte, aber als er dann erfuhr, daß sie Schillings Frau war, hatte er auch mit dem Gedanken gespielt, über sie an die Forschungsergebnisse heranzukommen. Natürlich mit aller Vorsicht und darauf rechnend, daß sie in ihrer Lage dankbar sein würde für sein Interesse, seine Fürsorge. Nun hatte sie dauernd andere Leute um sich, jetzt gar diesen Schwager, mit dem gewiß nicht gut Kirschen essen war, wie er richtig erkannt hatte, denn Erfahrung als Psychiater konnte man ihm nicht absprechen.

      »Was hat dir dieser Nervendoktor erzählt?« fragte Jürgen ohne Umschweife.

      Nun mußte Georgia wieder einmal lächeln. Und wie er dieses Lächeln liebte!

      »Über ein EEG hat er mich aufgeklärt, und daß Holgers Gehirnzellen müde werden. Aber das merke ich doch selber.«

      »Einmal aggressiv, einmal depressiv«, sagte Jürgen. »Ich werde mich damit auch mal befassen.«

      »Du bist doch kein Mediziner, Jürgen.«

      »Was macht das schon. Man kann alles lernen. Man muß es nur intensiv lesen. Natürlich würde ich mich nicht als befähigt halten, eine Diagnose zu stellen, aber ein aufgeweckter Junge war ich immer. Ich wußte nur nicht, wohin ich den Verstand steuern sollte. Ich wollte zu vieles auf einmal machen, Georgia. Das geht nicht.«

      »Und was hast du dann gemacht?«

      »Das wirst du schon noch erfahren. Mit welcher Bank arbeitet ihr?«

      Sie nannte sie ihm gedankenlos. Dann blickte sie auf. »Wozu willst du das wissen?« fragte sie.

      »Das wirst du auch noch erfahren. Jedenfalls werde ich euch nicht auf der Tasche liegen, falls du das gefürchtet haben solltest.«

      Plötzlich schämte sie sich, weil sie es manchmal tatsächlich gedacht hatte. Aber jetzt begriff sie, daß Jürgen nicht der Mensch war, den Holger ihn ihm gesehen hatte, und immer wieder hatte sie ja von ihm gehört, welch ein Bruder Leichtfuß er sei.

      »Laß mich jetzt ans Steuer, Georgia«, sagte er. »Jetzt kenne ich den Weg zurück.«

      »So schnell?« fragte sie verwundert.

      »Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis. Es war mir immer nützlich. Nur an die zwei kleinen weißen Wolken, die einmal zusammenstießen, hätte ich besser nie denken sollen.«

      »Zwei kleine weiße Wolken«, wiederholte sie flüsternd.

      »Als du mich damals zum Flugplatz brachtest. Da durfte ich dich zum Abschied küssen.«

      Die Straßen waren verstopft. Die Menschen strömten in ihren Autos von ihren Arbeitsstätten heim.

      »Für mich wäre das nichts, jeden Tag durch eine Stadt zu fahren«, sagte Jürgen ablenkend. »Ich brauche viel frische Luft.«

      »Man sieht es dir an.«

      Er warf ihr einen schrägen Blick zu. »Du hältst mich auch für einen Tagedieb.«

      »Nein, das tue ich nicht.« Sie verspürte plötzlich den Wunsch, mit ihm zu sprechen, ihn zu ergründen, ohne durch Holgers abwertende oder sarkastische Bemerkungen irritiert zu werden.

      »Könnten wir uns nicht irgendwo hinsetzen, wo wir ungestört miteinander reden können?« fragte sie. »Zum Laufen bin ich offengestanden zu müde.«

      »Nett, daß du es vorschlägst, Georgia. Ich wollte dich auch darum bitten. Es ist wohl an der Zeit, einige Mißverständnisse und Ungereimtheiten aus dem Wege zu räumen.« Er gab sich Mühe, möglichst sachlich zu sprechen, sich nicht von seinen Gefühlen hinreißen zu lassen, mit denen er sie erschrecken konnte.

      In einer kleinen Bauernstube der Waldgastwirtschaft waren sie ungestört.

      »Ich möchte gern mal wieder ein Weißbier trinken«, sagte Jürgen.

      »Schmeckt das?« fragte sie.

      »Früher hat es mir geschmeckt.«

      »Ich möchte es auch probieren.« Sie sah ihn an und lächelte, und am liebsten hätte er sie geküßt, so jung und bezaubernd sah sie aus. Manchmal hatte er in all den Jahren den Kopf über sich geschüttelt, daß er ihr Bild nicht aus seiner Erinnerung verbannen konnte. Es waren ihm doch so viel attraktive Frauen begegnet und es war durchaus nicht immer bei einem Flirt geblieben. Aber nie hatte er den Wunsch gehegt, mit einer von ihnen Jahre zu verbringen, oder gar ein ganzes Leben. Diesen Wunsch hatte nur Georgia in ihm geweckt, damals, wie auch heute.

      »Warst


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