Die Chiemsee Elfen. Yvonne Elisabeth Reiter

Die Chiemsee Elfen - Yvonne Elisabeth Reiter


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Ihr Herz schlug hef­tig in ih­rer Brust, als ob es her­aus­hüp­fen woll­te.

      »Idi­o­ten«, er­wi­der­te Aaro.

      »Idi­o­ten?«

      »Ja, mach dir kei­ne Sor­gen, die wirst du hier nie wie­der se­hen, zu­min­dest nicht in die­sem Stück Wald.«

      »Wer, Aaro?«, wie­der­hol­te sie sich.

      »Ich weiß es nicht. Ich glau­be, dass es Prin­gies wa­ren.«

      »Was sind Prin­gies?«

      »Ich habe ge­hört, dass die furcht­bar stin­ken sol­len und klei­ne, un­an­ge­neh­me Le­be­we­sen sind. Über­all, wo sie auf­tau­chen, ver­trei­ben sie die gu­ten We­sen, und nur die Schat­ten­we­sen kön­nen den üb­len Ge­ruch er­tra­gen. Sie selbst sol­len je­doch harm­los sein.«

      Eine kur­ze Stil­le er­füll­te den Höh­len­raum. Kurz dar­auf schüt­tel­te Aaro sich, so­dass sei­ne Äste in der Luft schnell hin- und her­flo­gen. Er be­merk­te da­bei: »Puh, sind die häss­lich!«

      Der Baum schüt­tel­te sich nun noch in­ten­si­ver, um das gräss­li­che Bild in sei­nem Kopf los­zu­wer­den. Da­bei schwank­te der In­nen­raum des Baum­stam­mes hef­tig um­her und so rück­te die Stuhlda­me nä­her in die Mit­te, um nicht von der Wucht der Be­we­gun­gen ge­trof­fen zu wer­den.

      »Wie ha­ben sie denn aus­ge­se­hen?«, woll­te Ni­mue wis­sen.

      »Lan­ge, spit­ze, hun­de­ähn­li­che Na­sen. Kei­ne Haa­re auf dem Kopf. Ihre Haut ist gru­se­lig grau. Sie wa­ren nur mit ei­ner Hose be­deckt. Die­se war so schmut­zig, dass ich kei­ne Fa­r­be er­ken­nen konn­te und auch noch viel zu kurz. Die Oh­ren sind lang und ge­nau­so spitz wie die Nase. Sie ha­ben ganz klei­ne Au­gen, da­für je­doch gro­ße, lan­ge Hän­de und Füße. Ihr Ober­kör­per ist ku­gel­rund, es­sen wohl zu viel Un­kraut.«

      Ni­mue stell­te sich die We­sen bild­lich vor. Da­bei ver­zog sie vor Ekel ihr Ge­sicht. »War­um, meinst du, wa­ren die hier?«

      »Die ha­ben dich ge­sucht. Wol­len wohl auch auf dei­ne Par­ty«, ver­mu­te­te Aaro.

      »Das wäre ja furcht­bar!«, rief sie er­schro­cken.

      »Die kom­men nicht wie­der, Ni­mue. De­nen ha­ben wir ge­hö­rig Angst ein­ge­jagt.«

      Ni­mue war er­leich­tert, das zu hö­ren. Sie woll­te nur gute We­sen zu ih­rem Fest ein­la­den, und so wie es aus­sah, ge­hör­ten die­se nicht dazu. »Dan­ke, Aaro.«

      »Kla­ro«, ant­wor­te­te der Baum schüch­tern.

      »Ich gehe heim. Kannst du mir …?«

      So­gleich be­weg­ten sich die Ei­chen­blät­ter und öff­ne­ten den Ein­gang.

      »Dan­ke.« Sie ging hin­aus und ver­ab­schie­de­te sich bei der Stuhlda­me, bei Aaro und na­tür­lich auch bei Ei­kon­dia. Ihre letz­ten Wor­te wa­ren eine Er­in­ne­rung an ih­ren Wunsch. Ni­mue wuss­te nicht, wie sie ihr den er­fül­len soll­te, und doch war sie fest ent­schlos­sen, es zu tun. Sie woll­te mit ih­rem Groß­va­ter dar­über spre­chen, der be­stimmt eine Lö­sung für ihr Pro­blem hat­te, so war sie sich si­cher.

      Ni­mue lief schnell durch das Di­ckicht des Wal­des in Rich­tung Schloss. Der Schock steck­te ihr noch in den Glie­dern, und so wun­der­te sie sich nicht, dass sie das Ge­fühl hat­te, ver­folgt zu wer­den. Mehr­mals dreh­te sie sich um, nur um si­cher zu ge­hen, dass sie es sich nur ein­ge­bil­det hat­te und kein Prin­gies ihr folg­te. An­de­rer­seits roch sie nichts. Also konn­te kein Prin­gies auch nur in der Nähe sein. Er­leich­tert über die­se Tat­sa­che ging sie lang­sa­mer, als sie er­neut ein Ge­räusch hin­ter sich be­merk­te. Ni­mue dreh­te sich um, sah nichts und wie­der nichts, bis sie er­kann­te, dass sich et­was hin­ter ei­nem Baum ver­steck­te.

      Dann ging al­les ganz schnell. Sie lief wei­ter, als ob sie nichts be­merkt hät­te, dreh­te sich ge­schwind um und mach­te da­bei einen lan­gen Satz zur Sei­te. Als sie wie­der fest auf ih­ren Bei­nen stand, sah sie ihn vor sich ste­hen. Ein klei­ner Wald­geist, der sich so er­schrak, dass er ängst­lich einen klei­nen Baum um­klam­mer­te. Sei­ne Hän­de und Füße zit­ter­ten und er rief: »Was wollt Ihr?«

      »Was wollt ihr? Ihr seid es, der mir folgt.«

      Er spür­te, dass in ih­rer Stim­me kein Zorn oder Är­ger lag. Of­fen­sicht­lich er­leich­tert dar­über, ließ er den Baum wie­der los. »Ich woll­te Euch spre­chen, Eure Ho­heit.«

      »Gut, dann mal los«, be­merk­te sie un­ge­dul­dig.

      »Ich ge­hö­re zu den Baum­geis­tern und oft se­hen wir Euch durch den Wald lau­fen.«

      Sie dach­te sich be­reits auf­grund sei­ner Er­schei­nung, dass er zu den Wald­geis­tern ge­hö­ren muss­te. Sein Kopf äh­nel­te durch sei­ne ke­gel­för­mi­ge Kro­ne ei­nem Lär­chen­zap­fen. Der Kör­per glich ei­ner Ho­lun­der­bee­re, aus der lan­ge Bei­ne her­vor­rag­ten. Als er sei­ne Arme auf sei­nen Ober­kör­per leg­te, ver­schmol­zen sie und ver­schwan­den da­bei kom­plett dar­in. Sein brei­tes Ge­sicht hat­te war­me Au­gen und der Mund ließ selbst im ge­schlos­se­nen Zu­stand ein­zel­ne Zäh­ne her­ausste­hen. Er war of­fen­sicht­lich kei­ne Schön­heit, und doch hat­te er für Ni­mue et­was un­be­schreib­lich Schö­nes, was sie be­rühr­te.

      »Wir ken­nen Euch schon, seit­dem Ihr ein Baby wart. Der Kö­nig und auch Euer Groß­va­ter Aar ka­men da­mals oft mit Euch in den Wald und zeig­ten Euch all sei­ne Schät­ze. Auch wir wur­den uns schon ein­mal vor­ge­stellt. Dar­an könnt Ihr Euch be­stimmt nicht mehr er­in­nern.«

      Ni­mue wuss­te es wirk­lich nicht mehr, woll­te sei­ne Ge­füh­le den­noch nicht ver­let­zen und sag­te: »Ich kann mich an kei­nes mei­ner ers­ten Le­bens­jah­re er­in­nern. Das tut mir leid, klei­ner Geist.«

      Die­ser wink­te ab, als Ni­mue für einen kur­z­en Mo­ment einen Arm er­kann­te, der dar­auf­hin wie­der mit sei­nem Kör­per ver­schmolz. »Wie ist dein Name?«, woll­te sie wis­sen.

      »Freu­de, da ich mei­nem Volk mit je­dem Lä­cheln Freu­de schen­ke.«

      Ni­mue ver­spür­te bei die­sen Wor­ten auch eine Freu­de in ihr auf­stei­gen und frag­te: »Du und dei­ne Fa­mi­lie möch­ten zum Fest kom­men, nicht wahr?«

      »Ja, wenn du, ach, Ihr es wollt?«

      »Du ist in Ord­nung. Wie vie­le seid ihr?«

      »15, Eure Ho­heit.«

      »Sonst noch was?«

      Er schüt­tel­te den Kopf.

      Ni­mue ver­ab­schie­de­te sich mit den Wor­ten: »Bis bald, Freu­de. Ich freue mich, dass ihr zu mei­nem Fest kommt.« Kurz dar­auf ver­schwand sie im Di­ckicht des Wal­des.

      Ni­mue er­reich­te das Schloss ohne wei­te­re Vor­komm­nis­se und blieb in der gro­ßen Ein­gangs­hal­le ste­hen, um einen Blick auf die Uhr zu wer­fen. Es war eine be­son­de­re Uhr, näm­lich eine le­ben­de Elfe na­mens Uhri­lia, de­ren Flü­gel­schlag jede Mi­nu­te an­zeig­te. Die­se Elfe war um mehr als einen Me­ter klei­ner als die an­de­ren El­fen. Bei ge­nau­er Be­trach­tung hät­te man mei­nen kön­nen, dass sich schon von Ge­burt an zeig­te, dass sie ein­mal eine Uhr wer­den soll­te.

      Uhri­lia öff­ne­te ihre Au­gen nach ei­nem aus­ge­dehn­ten


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