Die Chiemsee Elfen. Yvonne Elisabeth Reiter
versammeln.
Aar rannte an Nimue vorbei, während das Getümmel im Hof zunahm.
Nimue folgte ihm und sah einige Elfenmänner hoch oben auf ihren Pferden sitzen. Sie beobachtete ihren Großvater, wie er ein Messer in eine Satteltasche eines Kriegerelfs steckte. Bei diesem Anblick überkam sie der Wunsch, dabei zu sein und sie sagte entschlossen: »Ich komme mit!«
»Nein, Nimue, ganz bestimmt nicht«, erwiderte Aar und verschwand in einen naheliegenden Tara-Pferdestall.
Unbeirrt ging Nimue zu dem Hengst, mit dem sie normalerweise ausritt, und holte ihn aus der Box. Sie sattelte ihn geschwind und stellte sich mitten unter die wartenden Männer. Mit ihrem blass-gelben Kleid fiel sie auf und so riefen ihr einige zu: »Hey, was machst du hier? Bleib im Schloss!«
Auch Aar entdeckte Nimue und nickte Oona zu. Es dauerte nicht lange und Nimue spürte eine sanfte Hand auf ihrem Rücken. Während sie diese leicht vom Pferd hob, gab Aar das Startkommando. Am Boden aufgekommen, wieherte ihr Hengst und rannte den anderen hinterher; ohne Nimue.
»Was denkst du dir eigentlich?!«, sagte Oona verärgert.
»Ich wollte doch nur …«
»Ja, nur! Das nur kann deinen Tod bedeuten. Du bist nicht für einen Kampf ausgebildet.«
Sie wusste, dass ihre Großmutter recht hatte. Trotzdem war sie aufgebracht. Nimue wollte Aar folgen, Katar retten, und Oona hatte es verhindert.
Nimue brauchte eine Weile, um die aus der Enttäuschung resultierende Wut wieder loszuwerden. Missmutig folgte sie ihrer Großmutter in Richtung Eingangshalle. Ihre Gedanken fuhren Achterbahn, bis die Neugierde den Ärger vertrieb.
»Wer ist es?«
»Wer ist was?«, fragte Oona nach.
»Wer sind die Angreifer?«
»Das wissen wir nicht. Aus diesem Grund wurden die besten Krieger gerufen, sozusagen für alle Fälle. Wir hoffen, dass es übermütige kleine Wesen sind, die lediglich aufgrund ihrer Anzahl Katar und seine Frau Léa überwältigen konnten. Geh jetzt in dein Zimmer!«
Nimue folgte und tappte in aller Ruhe durch die Eingangshalle die Treppe zu den Arkaden hinauf. Da riss sie Uhrilia unsanft aus ihren Gedanken: »Nimue, erzähl schon, was ist los?«
Sie blieb an der obersten Stufe stehen und blickte direkt in Uhrilias Augen. »Katar und Léa wurden entführt.«
»Mamma Mia, von wem?«, fragte Uhrilia, während sie sich heftig schüttelte. Dabei hallten metallische Töne durch den Raum, als ob ein Triebwerk aufeinanderschlagen würde.
»Wir wissen es nicht, Uhrilia.«
»Solche Barbaren!«, rief sie laut.
Diese Antwort trieb Nimues Neugierde auf den Gipfel. Sie sah um sich und entdeckte weit und breit niemanden, auch Oona war bereits hinter Aars Bürotür verschwunden. Dann machte sie kehrt und lief zur Eingangstür zurück. Sie spitzte ihren Kopf hinaus und bemerkte, dass auch im Hof keine Elfenseele mehr zu sehen war. Schwuppdiwupp, und schon war sie in Richtung Eiche unterwegs. Um schneller voranzukommen, schwebte sie durch die Baumwipfel hindurch in Richtung ihres Freundes.
Bevor sie ihn sah, hörte sie seine dunkle Stimme rufen: »Was machst du hier, Nimue?«
Sie erreichte ihn sogleich und antwortete: »Ich möchte wissen, was los ist, und du weißt doch immer alles.«
Auch wenn der Baum sich geehrt über ihre Worte fühlte, wusste er, dass sie bei Gefahr das Schloss nicht verlassen durfte.
»Geh in mein kleines Reich hinein, dann sprechen wir weiter«, flüsterte er.
Sie stand bereits im Bauminneren, als sie ihn ungeduldig aufforderte: »Also?«
»In ganz Europa ist bekannt, dass bald dein Geburtstag stattfindet. Jeder will zu deinem Fest kommen oder es verhindern.«
»Verhindern?«, erwiderte Nimue schockiert.
»Ja, Nimue, verhindern! Du wirst bald eine mächtige kleine Elfe sein. Na ja, klein wohl eher nicht mehr«, meinte er nun mit weicher Stimme, »auf jeden Fall wollen einige dunkle Mächte diesen Geburtstag verhindern, sodass du deine Geschenke nicht bekommst.«
»Meine Geschenke?«, fragte sie irritiert, »was wollen die mit meinen Geschenken?«
Er seufzte derartig tief, dass das Holz laut krachte. Die Bewegung erschütterte den Boden und warf Nimue und Stúhly dabei hin und her.
Die Stuhldame reagierte verärgert: »Verflixt und zugenäht!«
Ohne darauf zu reagieren, erklärte Aaro: »Manche Geschenke werden deine Energien anheben und dir neue Fähigkeiten verleihen. Diese Fähigkeiten werden dich auf deinem weiteren Weg begleiten und könnten für die dunklen Mächte eine Gefahr darstellen, denn dadurch wird die Macht des Lichtes verstärkt.«
»Wie bitte?«, bezweifelte Nimue seine Worte.
Da schüttelte die Stuhldame theatralisch ihre Rückenlehne. »Welch Jammer, dieses Mädchen hat ja gar keine Ahnung.«
»Halt dein freches Mundwerk, Stuhl!«, erwiderte Aaro barsch.
»Ja, ja, Maestro.«
»Wie bitte?!«, konterte er sogleich.
»Nichts und gleich gar nichts, ich habe nichts gehört und du, Nimue?«
Nimue war vollkommen in ihren Gedanken versunken. Sie nahm ihre Worte nur vage wahr und doch antwortete sie: »Gar nichts.« Dann schoss es aus ihr heraus: »Was heißt das alles?! Wie kann das durch meine Geschenke zustande kommen, und warum betrifft das mich?«
»So viele Fragen und ich kann dir keine davon beantworten. Dies alles musst du schon deinen Urgroßvater Seoras fragen. Nur er ist befugt, dir solche Dinge zu beantworten.«
»Dinge?« Nimue schüttelte den Kopf.
Aaro wollte sein Wissen mit ihr teilen. Dennoch war er sich bewusst, dass niemand im Land Seoras Aufgabe übernehmen durfte und so flüsterte er geheimnisvoll: »Wenn dein Wunsch passt, ist es wohl so und nicht anders, Nimue.«
»Mein Wunsch«, rief sie aufgewühlt, »was hat der damit zu tun?«
»Keine Panik, war nur so dahingesprochen.«
»Meinst du, es geht um Mama und Papa?«
Yavira und Hubert – einmal erwähnt und schon wurde der Baum schwermütig. Durch das tiefe Atmen