Die Chiemsee Elfen. Yvonne Elisabeth Reiter
ihr Sitz breit genug war, um Nimue aufzunehmen.
Nimue setzte sich mit einem leisen »Danke«.
Eine Weile ruhten sie in vollkommener Stille. Diese wurde von Aaro unterbrochen, mit der Auskunft: »Nimue, mir wurde gerade von der Eule mitgeteilt, dass die Fakane Katar und seine Frau entführt haben.«
»Wer sind die Fakane?«
»Sie sind boshafte, kleine Kobolde. Sie können sich in alle Tierarten verwandeln und dabei ihre Kräfte nutzen. Dies macht sie zu starken Kriegern.«
»Was wollen sie von Katar?«
»Nichts, einfach nur Schabernack treiben.«
»Warum treibt jemand einfach nur so Schabernack? Das kann in diesem Fall doch auch gefährlich sein«, fragte Nimue erstaunt.
»Es bringt ihnen ein großes Aufsehen und das wiederum Berühmtheit. Spätestens morgen werden sie im Tagblatt der Zauberwelt stehen; auf der Titelseite. Eine größere Aufmerksamkeit könnten sie nicht bekommen. In ganz Europa wird die Zauberwelt über sie sprechen!«
»Also, sie machen das nur wegen der Aufmerksamkeit?«
»Manche Wesen brauchen das, Nimue, so sind sie halt.« Er räusperte sich verlegen. »Unsereins kennt das natürlich nicht«, erwähnte er mit einem befangenen Unterton. »Geh jetzt heim, sie werden bald da sein.«
»Haben sie Katar und Léa schon befreien können?«
»Ja, sie sind auf dem Weg ins Schloss.«
Er öffnete den Höhleneingang.
Nimue trat heraus, worauf sie geblendet vom hellen Nachmittags-Licht blinzelte. »Danke!«, rief sie und lief schnurstracks nach Hause.
Da hörte Aaro die Stuhldame sagen: »So, so, die Fakane brauchen Aufmerksamkeit?«
»Sei still, Stuhl«, erwiderte er grimmig.
»Ist es nicht so, dass die Fakane sehr bösartige Wesen sind, die sich bereits seit Jahren damit brüsten, die Energieanhebung des Lichts verhindern zu wollen?«
Aaro blieb still.
»Meiner Meinung nach, natürlich, nach der bescheidenen Meinung einer Stuhldame, war das nur ein Vorgeschmack dessen, was die Zauberwelt noch zu erwarten hat. Sie zeigen uns ihre Macht, denn wenn man den Bruder des Königs so mir nichts dir nichts entführen kann, dann …?«
»Warum wären sie so dumm und würden die Elfen vorwarnen? Hast du darauf eine Antwort, Schlaumeierin?«, unterbrach Aaro.
Er war beunruhigt und die Stuhldame konnte dies spüren, denn Nimue schwebte in Gefahr und diese war unberechenbar. Der Eichenbaum liebte seine Freundin und so wollte er sie beschützen. Allerdings wusste er auch, dass dies nur bis zu einem geringen Grad möglich war, was ihn nun noch stärker beunruhigte.
Die Stuhldame räusperte sich. Mit ein wenig Wehmut in der Stimme meinte sie: »Kein Wunder, dass die Schattenwelt kopfsteht. Seit Nimues Geburt erleuchtet sie das Reich durch ihre besonders reine Seele. Mehr und mehr wird sie den Schatten vertreiben. Die Folge ist eine Eskalation, vor allem wenn sie gekrönt wird.«
»Sprich nicht so!«, bat der Baum Stúhly barsch, wenn auch nur aus Angst um Nimue. Er wusste, dass die Stuhldame ausnahmsweise recht hatte. Die Dunkel- und Schattenwelt träumte von einer Welt ohne Licht und Liebe. Hass sollte regieren, der die überlebenden Lichtwesen zu deren Sklaven machen sollte.
Auch Nimue hörte immer wieder von den andauernden Kämpfen, konnte sich aber nicht wirklich etwas darunter vorstellen, denn bis jetzt lebte sie unbeschwert und sicher im Königreich. Der Rest waren lediglich Geschichten, die keine Wirklichkeit für sie darstellten, auch wenn sie immer wusste, dass diese Machtkämpfe der Wahrheit entsprachen.
Im Schloss war Nimues erster Weg in den Pferdestall, um ihre Mutter zu besuchen. Sie kniete sich vor dem Heu auf den Boden und begrüßte sie.
»Mama, hast du schon gehört, sie haben Katar gefunden und sind auf dem Rückweg.«
»Ja, meine Liebe, das habe ich gehört.«
Nimue legte sich zu ihrer Mutter auf das Heu. Yavira strich ihr sanft über die Wange, was Nimue kitzelte und sie zum Lachen brachte.
»Ich weiß, Nimue, du hast eine große Lebensaufgabe erhalten. Das ist sicherlich nicht leicht. Ich würde so gerne für dich da sein. Es tut mir leid.«
»Das ist schon gut, Mama. Ist ja nicht deine Schuld. Irgendwie weiß ich ja noch gar nicht, um was es hier eigentlich geht. Aaro hat so etwas angedeutet. Auf irgendeine Art und Weise sollte mein Wunsch zu etwas passen und wenn er nicht passt, dann passiert gar nichts. Und was passiert, wenn mein Wunsch doch passt, weiß ich auch nicht wirklich.«
»Gut, meine Liebe, dann werde ich es dir jetzt erklären. Es ist so oder so an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst. Wir, dein Vater und ich, haben zudem vom König die Erlaubnis erhalten, mit dir darüber zu sprechen«, erklärte Yavira mit ruhiger Stimme.
Beide lagen nun mit dem Rücken auf dem Heu und betrachteten das Holzdach der Stallung. Da bemerkte Nimue eine Unruhe, die im menschlichen Teil des Chiemsee-Wassers vorherrschen musste. Sie schärfte ihre Augen und sah am Flussufer einen Mann stehen, der angelte.
»Die armen Fische«, murmelte Nimue.
»Wie bitte?«, fragte Yavira nach, die gerade einen Anfang suchte.
»Ach, oben auf der Fraueninsel steht ein Fischer.«
»Ach so. Du isst Fisch doch auch sehr gerne.«
»Ja, schon, aber wenn ich von hier unten zusehe, wie sie sterben, verstehe ich Tante Tiara, warum sie Vegetarierin ist.«
Yavira lachte, dennoch zustimmend. Darauf folgte eine fast geisterhafte Stille im Raum. Dann hörten sie ein paar Hunde aus einem Napf fressen.
»Also, Nimue, pass auf. Du, meine Liebe, bist eine Elfenprinzessin, wie es sie zuvor noch nie gegeben hat. Als direkter Nachfahre der Könige unseres Reiches bist du eine mögliche Thronfolgerin.«
»Aber Mama, ich bin doch die Jüngste von uns vieren und ein Mädchen noch dazu!«, erwiderte Nimue entsetzt.
»Das bist du, dennoch bist du auch voller außergewöhnlicher lichtvoller Energien, die nicht nur das Reich Shenja positiv beeinflussen. Dein Herz strahlt die reine Liebe aus. Damit erhöhst du die Energien des Lichts auf der Erde. Die Menschen und andere Wesen fühlen das. Auch wenn nur wenige wissen, woraus die Veränderung resultiert. In der Geisterwelt wird über