Walk by FAITH. Felicitas Brandt

Walk by FAITH - Felicitas Brandt


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silbernen Punkten übersät war. Es sah aus, als hätte sie sich ein Stück Sternenhimmel umgenäht.

      „Äh hi“, erwiderte ich und schüttelte die mir hingestreckte Hand. „Ich habe nicht so wirklich Ahnung, was Funko Pops sind.“

      „Angesichts der Tatsache, dass du mich gerettet hast und dass ich mir sicher bin, dich in dieser Hinsicht belehren zu können, bin ich gewillt, dir zu verzeihen“, erwiderte sie großmütig. „Willst du was trinken? Ty macht seine berühmten Margaritas.“ Tatsächlich entdeckte ich den Klavierspieler an der Bar. Er trug jetzt ein eng anliegendes grünes T-Shirt und seine Rastazöpfe fielen ihm offen über den Rücken. Als hätte er meinen Blick gespürt, sah er mich plötzlich zwischen all den Leuten an. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als er die Augen zusammenkniff und mich beinahe wütend anschaute. Ich zuckte unwillkürlich zurück. Was hatte ich ihm denn getan? Passte ich nicht zur Kundschaft? Doch die anderen Leute um mich herum waren alle in meinem Alter und sichtlich entspannt. Vielleicht spürte er die Aura des Wahnsinns um mich herum. Ich schluckte und verkroch mich in meinen Schal. Nur nicht auffallen, Valerie. Und nur nicht verrückt wirken.

      „Hey.“ Tori schnipste vor meinem Gesicht mit den Fingern. „Erde an Supergirl.“

      „Hm, was?“

      „Ich habe gefragt, ob du was trinken willst. Und was du in Berlin machst. Du bist doch nicht von hier.“

      „Wie kommst du darauf?“, fragte ich verdutzt.

      „Ich bitte dich.“ Tori lachte auf. „Das sieht man doch. Alles an dir schreit ‚Hilfe, ich bin ein Touri!‘.“

      „Selbst ohne Käppi und große Kamera?“

      Tori hob unschuldig die Schultern. „Ich bin halt ein Profi. Und als Profi merke ich auch, wenn du versuchst abzulenken.“

      Ich überlegte verzweifelt, wie ich mich aus der Affäre ziehen konnte, denn meine derzeitigen Aufenthaltsgründe in dieser Stadt waren nicht gerade mein Lieblingsthema. Da kam mir ausgerechnet Taylor Swift zu Hilfe und zwar in Form der ersten Takte aus Love Story.

      „Oha, ich liebe dieses Lied!“, jauchzte Tori und fasste meine Hand. „Taylor ist die Beste! Kommst du mit hoch, es singen?“

      Ich starrte sie an, als hätte sie mir vorgeschlagen, spontan auf dem Mars Cocktails trinken zu gehen. „Nichts auf dieser Welt kriegt mich auf diese Bühne!“

      „Darauf komme ich zurück“, prophezeite sie grinsend und wirbelte dann als lila Blitz durch die Menge. Glück gehabt. Ich suchte mir einen ruhigeren Platz an der hinteren Wand und beobachtete, wie Tori auf der Bühne mit dem Schlagzeuger tuschelte, ehe sie das Mikro eroberte. „Hallo Berlin, ich bin Tori und das hier ist mein absoluter Lieblingssong. Hoch die Feuerzeuge!“

      Ich grinste und wünschte mir ein Knicklicht, das ich schwenken konnte. Toris Stimme war rau und süß, wie brauner Zucker, der sich erst kratzig anfühlt und dann langsam auf der Zunge zergeht.

      „Sie ist gut, nicht wahr?“, sagte jemand dicht an meinem Ohr.

      Ich zuckte so heftig zusammen, dass ich mir fast auf die Zunge gebissen hätte, und wirbelte zu Jayden herum. Denn niemand anderes hatte sich da wieder mal an mich angeschlichen. Böse funkelte ich ihn an. „Du musst das echt lassen!“

      „’tschuldige“, er hob die Hände und lächelte zerknirscht. „War keine Absicht. Kann ich dir was zu trinken anbieten? Ty macht …“

      „Exzellente Margaritas, ich hörte davon.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich verzichte heute mal auf Alkohol.“

      „Darauf sind wir vorbereitet.“ Er winkte mir, ihm zu folgen, und bahnte sich einen Weg Richtung Theke. Immer wieder streckte jemand die Hand aus und klopfte ihm auf die Schulter oder sprach ihn an. Jayden lächelte und schien beinahe jeden Gast persönlich zu kennen und zu begrüßen. Ich fühlte mich unter den neugierigen Blicken nicht sehr wohl und hielt meinen Blick fürs Erste auf seinen Rücken gerichtet. Ich war so damit beschäftigt, dass ich fast in Jayden reinkrachte, als er vor unserem Ziel anhielt. Schlitternd wich ich zur Seite aus und geriet prompt ins Taumeln. Amüsiert sah Jayden auf mich hinunter. „Alles klar bei dir?“

      Himmel, war der Kerl groß! „Ja, sicher“, nuschelte ich und wünschte mich nach Hause zu Sherlock Holmes und seinen Problemen.

      „Also, was willst du trinken?“ Jayden deutete auf die ganzen Flaschen, die dekorativ einsortiert in Hängeregalen dastanden. Ich blinzelte. Steckte da zwischen den Flaschen nicht das zerfledderte grüne Buch von gestern? So, als wäre es hastig beiseitegelegt worden. Ich stellte mir Jayden vor, wie er in die letzten Seiten vertieft hinter der Theke gestanden hatte und plötzlich aufgeschreckt war, als die ersten Gäste kamen. Das Bild gefiel mir.

      Jayden begann derweil die Getränkekarte runterzurasseln. „Eistee, Cola, Saft … – Ty!“ Der riesige Barkeeper kam zu uns herüber und nickte Jayden zu. „Die Lady braucht etwas zu trinken.“

      „Ich denke, da kann ich weiterhelfen.“ Ty sah mich an. Sein Blick war neutral. Nicht feindselig, aber auch ohne jede Spur von Freundlichkeit. „Was hättest du gerne?“

      „Mhm, irgendwas mit Cranberrys habt ihr wahrscheinlich nicht, oder?“

      Der Blick aus seinen dunklen Augen hätte selbst Goliaths großen Bruder in die Knie gezwungen. Stumm drehte er sich um und verschwand durch eine unscheinbare Tür hinter der Bar. Ich zog den Kopf zwischen die Schultern. „Er mag mich nicht.“

      „Du hast gezweifelt“, tadelte Jayden mich.

      „Was?“ Ich verstand nur Bahnhof.

      „Du hast an ihm gezweifelt. Ihm unterstellt, dass er keine Cranberrys hat. Das mag er nicht.“ Jayden hob die Schultern. „Er ist da ziemlich sensibel.“

      „Oh.“ Eine Erwiderung, mit der ich womöglich alles noch schlimmer gemacht hätte, wurde mir erspart, als Ty zurückkam. In der Hand hatte er ein riesiges Glas mit dunkelroter Flüssigkeit und Eiswürfeln, das er nun geschickt mit Limettenscheiben garnierte.

      „Virgin Cranberry Margarita. Bitteschön.“ Er stellte das Glas vor mir auf den Tresen.

      Behutsam griff ich nach dem Glas und trank einen vorsichtigen Schluck. Süß und sauer explodierte es förmlich auf meinen Geschmacksnerven und ich nickte ihm anerkennend zu. „Das schmeckt großartig!“

      Ein Lächeln schlich sich auf Tys Lippen und machte sein Gesicht ein bisschen weicher. Er tippte sich mit zwei Fingern grüßend an die Schläfe, dann wandte er sich dem nächsten Gast zu. Jayden winkte mich derweil zu einem Tisch mit hohen Stühlen nicht weit von der Theke entfernt und mit einem guten Blick auf die Bühne. Lässig stützte er die Ellenbogen darauf. „Also Snoopy, was treibt dich nach Berlin?“

      Ich fragte mich, ob ich ihn bitten sollte, diesen Spitznamen nicht zu benutzen, entschied mich aber dagegen und fragte stattdessen: „Wer sagt, dass ich neu hier bin?“

      „Ist nur ein Gefühl.“

      „Tori hat fast das Gleiche gesagt.“ Ich sah zu der Bühne hinüber, auf der mittlerweile keine Tori mehr zu sehen war. Sie war irgendwo von der Menge verschluckt worden.

      „Und dabei ist ihre Menschenkenntnis fürchterlich schlecht.“

      Mein Blick wanderte zurück zu Jayden. „Wegen diesem Typen?“ Jayden nickte. Mein Blick fiel auf den Cocktail, den ich nicht bezahlt hatte. „Ähm, bist du eigentlich sicher, dass du mir ein Freigetränk spendieren willst?“

      Jayden nickte. „Klar! Auch mehr als eins, schließlich hast du Tori geholfen. Du hast was gut bei mir.“ Es klang, als wäre das etwas Bedeutsames. Etwa so wertvoll wie ein Bündnis mit dem Secret Service.

      Mit roten Wangen fummelte ich an einer der Limettenscheiben herum, bis sie in das Glas platschte und feine Spritzer auf den Tisch malte. Die Art, wie er mich ansah, machte mich nervös. Da war etwas in seinem Blick, das ich nicht einordnen konnte. Es fühlte sich fast so an, als wollte er direkt in mich


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