Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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ihn hätte ich den Job niemals bekommen.«

      »Ja, er hat einen guten Charakter, der Mathias, er ist halt ein echter Hilgenberg, er weiß, was Verantwortung ist und wie man damit umgeht.«

      Angela wollte ihrer Mutter jetzt nicht widersprechen, denn sie war durchaus nicht der Meinung, dass man etwas Besonderes war, wenn man aus einem alten, traditionsreichen Adelsgeschlecht stammte. Auch da gab es schwarze Schafe, mehr sogar, als einem lieb war.

      Zum Glück begann ihre Mutter jetzt, über die neue Frisur zu sprechen, und Angela ging dankbar auf dieses Thema ein. Und dann erzählte sie ihrer Mutter auch noch von den neuen Schuhen, die sie sich gekauft hatte. Auch das freute Sophia.

      Allmählich verflog Angelas Ärger, und sie konnte sich über die wunderbaren Ereignisse des Tages wieder freuen. Sie war so dankbar, und es stimmte wirklich, wenn eine Tür sich schloss, dann tat sich eine andere auf …

      Angela begann begeistert über Bert von Kleve zu reden, über das Manuskript, dass sie übersetzen sollte. Sophia hörte ihrer Tochter zu und blickte sie geradezu verzückt an. Die neue Frisur stand ihrer Angela wirklich ausgezeichnet, sie war ein so wundervoller Mensch.

      Wenn Sophia jetzt einen Wunsch frei hätte, dann wüsste sie, was sie sich wünschen würde … einen liebenswerten, kultivierten Ehemann für Angela. Es war ganz großartig, im Sonnenwinkel zu leben, doch hier einen Mann zu finden, das war geradezu ausgeschlossen, da hatte man wohl eher die Chance, von einem Terroristen erschossen zu werden. Ja, leider war das so.

      Sophia seufzte, und sofort erkundigte Angela sich: »Ma­ma, was ist los? Du musst dir keine Sorgen mehr machen. Alles wird gut.«

      »Hoffentlich, mein Kind, hoffentlich«, bemerkte Sophia, und Angela konnte sich keinen Reim darauf machen, warum ihre Mutter jetzt nicht jubelte. Es lief doch alles hervorragend, besser konnte es nicht sein.

      »Mama, im Kühlschrank steht noch ein kleines Fläschchen Champagner. Ich finde, wir sollten jetzt ein Gläschen auf das, was kommen wird, trinken und alles, was war, einfach vergessen.«

      Damit war Sophia einverstanden. Es war zwar nicht Silvester, es fiel gerade auch keine Sternschnuppe vom Himmel. Aber wer sagte denn, dass es eines Ereignisses bedarf, um sich etwas zu wünschen?

      »Eine ausgezeichnete Idee, mein Kind. Du holst den Champagner und ich schon mal die Gläser.«

      Ehe Angela in die Küche lief, um aus dem Kühlschrank den Champagner zu holen, sah sie zu, wie behände ihre Mutter sich wieder bewegte. In der Wohnung benötigte sie nicht einmal mehr einen Stock. Es war ein Wunder, der Himmel hatte ihre Gebete erhört. Das Leben war schön. Als sich das Gesicht ihres Exmannes in ihre Gedanken schieben wollte, verhinderte sie das. Nein, durch diesen Menschen würde sie sich die gute Laune, dieses Gefühl unendlicher Dankbarkeit nicht mehr vermiesen lassen, niemals mehr.

      Es war ein Minifläschchen, das Angela aus dem Kühlschrank holte, aber sie wollten sich auch nicht betrinken. Es sollte ein Gläschen zu einem besonderen Anlass sein, zu einem Neuanfang.

      Die wunderschönen Kristallgläser standen bereit, als Angela mit der geöffneten Flasche ins Wohnzimmer kam.

      Der edle Champagner perlte fein, als sie ihn in die Gläser goss, dann stießen sie miteinander an. Mutter und Tochter, die gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen waren. Zwei starke Frauen, die am Schicksal nicht zerbrochen waren, sondern den Kampf aufgenommen und dabei niemals den Mut verloren hatten. Es war so unglaublich beruhigend zu wissen, dass es nur noch besser werden konnte.

      »Auf dein Wohl, Mama.«

      »Auf dein Wohl, mein Mädchen.« Ein dankbares Lächeln umspielte Sophias fein geschnittene Lippen. Sie wusste zu genau, dass sie es ohne Angela niemals geschafft hätte.

      Hell klangen die Gläser aneinander, dann tranken die beiden Damen. Der Champagner schmeckte köstlich.

      *

      Es war merkwürdig, beinahe schien es, als bröckele die vertraute Nähe, das Gefühl der Zweisamkeit wieder, seit sie wieder daheim waren.

      Es war immer noch schön mit ihnen, doch Rosmarie spürte, dass es anders geworden war. Lag es daran, dass Heinz wieder regelmäßig in sein Notariat ging? Oder lag es an der kalten Pracht ihrer großen Villa?

      Ja, vermutlich war es das. In diesen vielen großen Räumen konnte ja überhaupt keine Nähe aufkommen, wie man sie empfand, wenn man sich nur auf den paar Quadratmetern eines Wohnwagens bewegen konnte.

      Rosmarie sehnte sich nach dem einfach Leben mit ihm zurück. Das war ein frommer Wunsch, denn ihr war schon zu Beginn der Reise bewusst gewesen, dass es eine Reise mit Wiederkehr sein würde.

      In den ersten Tagen ihres Hierseins träumte sie noch von all dem Schönen, was gewesen war. Doch die Träume verflüchtigten sich. Der Alltag holte sie ein. Und sie empfand das Leben in der Villa noch viel belastender als zuvor. Sie hatte die Einfachheit des Lebens kennengelernt, hatte begriffen, dass man mit so wenig auskommen konnte, wenn man glücklich und zufrieden war. Man versuchte nur, nach den Sternen zu greifen, sich mit allem Materiellen einzudecken, wenn es eine Unzufriedenheit gab. Das hatte sie früher ja ebenfalls geglaubt, deswegen konnte sie niemanden verachten.

      Sie war so froh, es begriffen zu haben. Es machte ihr Leben um vieles leichter, und wäre sie vorher zu der Erkenntnis gekommen, dann hätte es diese prachtvolle, ehrlicher gesagt, diese protzige Villa nie gegeben.

      Welcher Teufel hatte sie da bloß geritten, immer mehr, es immer größer, immer prunkvoller haben zu wollen. Es musste eine andere gewesen sein. Damit konnte sie sich keinen Sand in die Augen streuen, es war ihr Wunsch gewesen, und Heinz hatte nachgegeben. Sie konnte es leider nicht auf ihn schieben.

      Wenn sich doch bloß ein Käufer fände!

      Den gab es in Hohenborn auf jeden Fall nicht. Und es war leider, leider auch kaum vorstellbar, dass ein Ölscheich hier vorbeikam, den diese Pracht entzückte und der sie unbedingt haben wollte.

      Die Villa zu besitzen, das war eine Last, mittlerweile war es für Rosmarie sogar eine Strafe.

      Sie musste jetzt ganz höllisch aufpassen, dass sich zwischen ihr und Heinz nicht wieder Kälte und Gleichgültigkeit breit machten. Das Pflänzchen ihrer füreinander entdeckten Liebe war noch sehr zart, jede Erschütterung konnte es ersterben lassen.

      Nein!

      Rosmarie war entsetzt, so durfte sie nicht denken, sie würde um Heinz kämpfen, um den Heinz, der sich ihr in der Einsamkeit von Wäldern, von Seen, am Ufer von träge dahinfließenden Strömen und unter einem unglaublichen Sternenhimmel gezeigt hatte. Sie hatte in seine Seele gesehen, und die war verletzlich.

      Sie durfte ihn nicht wieder verlieren!

      Er durfte nicht mehr der Mann werden, der keine Gefühle preisgab, um nicht verletzt zu werden.

      Fabian sollte seinen Vater so erleben, damit er ein anderes Bild von ihm bekam, damit Vater und Sohn sich einander annähern konnten. Und Stella … Rosmarie wurde traurig … würden sie je wieder etwas von ihrer Tochter hören? Hatte Stella sich für immer von ihnen abgewandt und war bis nach Brasilien geflohen, um sie nicht mehr treffen zu müssen?

      Rosmarie merkte, wie ihre Stimmung kippte, und das war überhaupt nicht gut.

      Spürten Beauty und Missie die Veränderung? Sie wichen, seit sie zurückgekommen waren, kam von ihrer Seite. Auch jetzt kamen sie angelaufen, und Missie, zweifelsfrei die Clevere der beiden Hundedamen, hatte ihre Leine in der Schnauze, was eindeutig eine Aufforderung sein sollte.

      Rosmarie beugte sich zu den Hunden hinunter, streichelte sie, dann sagte sie: »Wir gehen gleich, aber erst muss ich noch telefonieren.«

      Und als sie tatsächlich zum Telefon griff, begriffen es die beiden, setzten sich abwartend


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