Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Schritte, nicht mehr. Versprechen Sie mir das?«

      Sophia von Bergen lachte.

      »Frau Doktor, ich verspreche Ihnen alles, weil ich weiß, dass ich Ihnen vertrauen kann. Sie sind so großartig, und ohne Sie wäre ich längst noch nicht da, wo ich jetzt bin. Sind Sie sich eigentlich sicher, dass Sie ein Mensch aus Fleisch und Blut sind und nicht ein Engel, den der liebe Gott auf die Erde geschickt hat?«

      Roberta lief rot an, wurde ganz verlegen.

      »Liebe Frau von Bergen, ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut«, sagte sie, »und ich denke, das ist gut so. Soweit ich weiß, tauchen Engel nur immer hin und wieder auf oder wachen unerkannt über einen. Und da ich ein Mensch bin, kann ich Ihnen auch Ihre Medikamente geben. Ich denke, wenn wir mit dieser Packung durch sind, dann können wir auch mit der Behandlung aufhören, dann wird auch Herr Kuhlmann mit einer neuen Therapie beginnen, das haben wir schon besprochen.«

      Sophia von Bergen bedankte sich, und Roberta hätte sich sehr gern noch mit dieser feinen, tapferen und so liebenswerten Frau unterhalten. Es ging nicht, die anderen Patienten warteten.

      Also verabschiedete Roberta sich von ihrer Patientin, die darauf bestand, wieder allein hinauszugehen. Roberta durfte ihr nur die Tür öffnen, und dann waren ihre Tochter Angela da und Herr Kuhlmann. Das beruhigte Roberta, sie war ja so froh, dass es Angela Halbach wieder besser ging. Das sie das Schlimmste mit ihrem Herpes Zoster, der schmerzhaften Gürtelrose, überwunden hatte. Und zum Glück hatten die Blutwerte keinen Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung gegeben, die auch ein Auslöser für den Zoster sein konnte.

      Mit manchen Menschen meinte es das Schicksal nicht gut, und man fragte sich warum. Angela war ein so liebenswürdiger Mensch, die war doch gestraft genug mit ihrem Exmann, der sie gnadenlos ohne einen Cent verlassen hatte, weil sie für ihre Mutter da sein wollte. Ein Ehevertrag, den er nur zu seinen Gunsten abgeschlossen hatte, war der armen Angela zum Verhängnis geworden.

      Ehe sie den nächsten Patienten hereinrufen ließ, fragte sie sich, ob wohl Lars auf einem Ehevertrag bestehen würde. Unsinn!

      Sie machte sich Gedanken um ungelegte Eier.

      Die nächste Patientin war eine alte Dame aus dem Sonnenwinkel, die allein in ihrem Haus wohnte. Ursprünglich waren ihre Tochter und ihr Schwiegersohn mit eingezogen, doch dann war die Ehe gescheitert, und die alte Dame war allein zurückgeblieben.

      Sie kam häufig zu Roberta in die Praxis, die allmählich das Gefühl nicht los wurde, dass sie in erster Linie kam, um Ansprache zu haben, denn ihre Wehwehchen könnte sie sehr gut allein zu Hause auskurieren.

      »Frau Zimmermann, was führt Sie zu mir?«, erkundigte sie sich, nachdem sie die Patientin begrüßt hatte.

      »Ach, Frau Doktor«, sagte sie jammervoll, »ich glaube, ich bekomme eine Grippe. Ich fühle mich so matt und müde. Und da dachte ich, dass ich das besser abklären lasse, ehe es schlimmer wird. Ich lebe doch allein, und wer soll sich denn um mich kümmern? Meine Tochter hat ja einen neuen Partner, da hat sie keine Zeit für mich. Außerdem wohnt sie zu weit weg. Sie sagt ja immer, dass ich das Haus verkaufen und in eine Seniorenresidenz gehen soll. Aber das möchte ich doch nicht, ich schaffe ja meinen Haushalt noch, es ist halt nicht schön, immer allein zu sein.«

      Ihr Verdacht hatte sich bestätigt.

      Roberta untersuchte Frau Zimmermann, ihr fehlte nichts, sie war einsam, und das konnte schlimmer sein als eine Krankheit.

      »Frau Zimmermann, ich schreibe Ihnen jetzt vorsorglich ein paar Vitamine auf, die Ihr Immunsystem stärken. Wissen Sie eigentlich, dass es hier im Sonnenwinkel ein paar sehr nette Damen gibt, die sich um Alleinstehende kümmern? Die Einkäufe für sie tätigen, ihnen vorlesen oder einfach nur Zeit mit ihnen verbringen. Es werden Ausflüge organisiert, Konzert- oder Theaterbesuche. Wäre das nichts für Sie, Frau Zimmermann?«

      Beinahe ungläubig hatte die alte Dame zugehört.

      »So etwas gibt es?«, erkundigte sie sich skeptisch.

      Roberta nickte.

      »Und was muss man dafür tun?«, wollte Frau Zimmermann wissen.

      »Nichts, wenn Sie daran interessiert sind, dann kümmere ich mich darum. Ich kenne ein paar von diesen netten Damen.«

      Frau Zimmermann begann zu strahlen.

      »Ich glaube, das hätte ich sehr gern«, gab sie zu. »Ich könnte ja auch einen Kuchen backen, und ich kann auch sehr gut kochen, aber wenn man es für sich allein macht, dann macht es keinen Spaß. Manchmal koche ich tagelang nichts für mich, sondern esse nur eine Scheibe Brot oder mache mir eine Dose auf, die dann meistens nicht schmeckt.«

      »Frau Zimmermann, das wird sich ab sofort ändern, das verspreche ich Ihnen.«

      Sie musste der alten Dame nicht einmal ein Rezept ausstellen. Zum Glück erinnerte Roberta sich daran, dass ein Pharmavertreter ihr ein paar unverkäufliche Musterpackungen dagelassen hatte.

      Frau Zimmermann war hocherfreut, ging, und Roberta blieb nachdenklich zurück.

      Frau Zimmermann war kein Einzelfall, es gab viele davon, und um Menschen wie sie machte man sich auch keine großartigen Gedanken, sondern dachte, dass man glücklich und zufrieden sein musste, wenn man in einem so schönen Haus wohnte. Manchmal wurde man sogar beneidet, dass man so privilegiert war, allein in einem Haus wohnen zu dürfen, wo doch Wohnraum so knapp und teuer war.

      Dass man einsam sein konnte, daran dachte niemand. Roberta war ja bei Frau Zimmermann auch nicht sofort dahintergekommen. Sie war eine selbstbewusste Frau, die alte Dame.

      Um es nicht zu vergessen, machte Roberta sich eine Notiz, jetzt konnte sie sich nicht darum kümmern. Sie würde mit Teresa von Roth oder mit Inge Auerbach sprechen, die hatten so eine kostenlose, freiwillige Betreuung und Nachbarschaftshilfe ins Leben gerufen. Das waren wirklich zwei großartige Frauen. Roberta war sich sicher, dass sie das mit Frau Zimmermann sofort in die Hand nehmen würden.

      Der nächste Patient würde schnell wieder gehen. Mit dem musste sie nur die Laborwerte besprechen, die, abgesehen von ein wenig zu hohen Cholesterinwerten, völlig in Ordnung waren. Und die Cholesterinwerte waren nicht so hoch, um mit Medikamenten behandelt zu werden. Das konnte man auch so in den Griff bekommen, mit viel Bewegung, Gewichtsreduktion, mit Vollkorn, Gemüse, fetten Fisch, abends ein Verzicht auf Kohlehydrate. Es konnte so einfach sein.

      Dieser Patient war sehr gesundheitsbewusst, bei ihm würden ihre Worte auf fruchtbaren Boden fallen. Leider schluckten viele Patienten lieber Pillen, anstatt an ihrer Lebensweise etwas zu verändern.

      Der Patient kam herein, Roberta begrüßte ihn.

      *

      Inge Auerbach war noch immer voller Glücksgefühle, als sie vor ihrer Haustür vorfuhr. Ricky war mit der kleinen Teresa bereits nach Hause zurückgekehrt, während Fabian mit den Großen einen weiteren Ausflug machte. Inge hatte es sich nicht nehmen lassen, mit fliegenden Fahnen zu Tochter und Enkelin zu fahren, und sie hatten wunderschöne Stunden miteinander verbracht.

      Inge liebte all ihre Enkelkinder, doch etwas so Kleines, so Schutzbedürftiges brauchte einfach mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit. Hinzu kam, dass die kleine Teresa, das Nesthäkchen in der Kinderschar von Ricky und Fabian, wirklich etwas Besonderes war. Sie hatte wache Äuglein, war ein so freundliches Kind, und sie war wunderschön, aber das war ein bisschen subjektiv, denn alle Babys waren hübsch.

      Ein glückliches Lächeln umspielte noch immer Inges Lippen, als sie aus ihrem Auto ausstieg, ins Haus gehen wollte. Sie blieb verblüfft stehen, als sie den uniformierten Polizisten entdeckte, der um die Hausecke bog und Fotos machte.

      Was hatte das denn zu bedeuten?

Cover Gefahr im Paradies

      Ein uniformierter Polizist vor der eigenen Haustür. Da gingen einem viele Gedanken durch den Kopf.

      Habe ich falsch geparkt?


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