Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945. Erika Karner
Schulbesuch
Auch Franz Nothhacksberger zog es zur Ausbildung nach Berlin-Dahlem, davor war er bereits Volontär im k. k. Hofgarten Schönbrunn und hatte zudem die Höhere Gartenbauschule in Eisgrub besucht. Er blieb nach Beendigung seiner Ausbildung 1904 in Deutschland und arbeitete in Köln als Friedhofsinspektor bevor er wieder nach Wien zurückkehrte. Danach wechselte er mehrmals zwischen Österreich und Deutschland. Hatte er zuvor ein eigenes Gartenarchitekturbüro betrieben, arbeitete er ab 1909 in Pforzheim als städtischer Friedhofsverwalter und wechselte danach zur Firma Albert Lilienfein nach Stuttgart, wo er 1912 erster Gartenarchitekt und Geschäftsführer wurde. Anfang der 1920er-Jahre wurde er Leiter der Abteilung Gartengestaltung der Firma Hermann Rothe in Berlin.145 Nothhacksberger kehrte 1924 nach Wien zurück, wo er ein Sonderbüro für Gartengestaltung der Firma Rothe gründete.146
Der aus Sachsen stammende, aber lange Zeit in Österreich, unter anderem als Sekretär der Dendrologischen Gesellschaft für Österreich-Ungarn, tätige Camillo Schneider verlegte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs seinen Wohn- und Arbeitsplatz nach Berlin.147
Danach gibt es für längere Zeit keine vorliegenden Informationen über ausgewanderte Gärtner. Erst mit der Ausschaltung des Parlaments durch Engelbert Dollfuß 1933 und dem damit einhergehenden Verbot der NSDAP finden sich Spuren von österreichischen Gartenarchitekten in Deutschland.
Ein Beispiel ist der Salzburger Gartenarchitekt Hans Kern. Er war im Juni 1932 der NSDAP beigetreten und wurde im Mai 1935 wegen Hochverrats zu 18 Monaten schweren Kerkers verurteilt. Nachdem er im April 1936 bedingt entlassen wurde, reiste er im Juni 1936 nach München, wurde als Flüchtling anerkannt und begann bei der Gartengestaltung Max Müller in Bamberg zu arbeiten. Bereits ein Jahr später arbeitete er als Landschaftsberater, später als Landschaftsanwalt in Halle an der Saale. Kern kehrte als Landschaftsanwalt nach dem „Anschluss“ nach Österreich zurück. Über seine weitere Arbeitsbiografie ist nichts bekannt.148
Ein anderes Beispiel ist Viktor Mödlhammer. Auch für ihn waren politische Gründe – seine „nationale Gesinnung“, wie er es nannte – ausschlaggebend für seinen Aufenthalt in Deutschland. Er arbeitete allerdings nur einige Monate, von November 1937 bis März 1938, bei Gartengestalter Rose in Dresden, bevor er nach Österreich zurückkehrte.149
Wie viele österreichische Gärtner und Gartengestalter nach dem „Anschluss“ als Gartentechniker ins „Altreich“ wechselten, ist nicht bekannt.
2.3.4.2 Deutsche Gärtner und Gartenarchitekten in Österreich
Nach dem „Anschluss“ 1938 kamen natürlich auch „reichsdeutsche“ Gartenarchitekten in Österreich zum Einsatz und sie brachten zumeist eigenes Personal mit. Der bekannte Gartenfachmann Hermann Mattern war mit der Planung und Ausführung der Außenanlagen der „Krupp-Anlage“ im niederösterreichischen Berndorf beauftragt und setzte seinen Mitarbeiter Heinz Schulze als Bauleiter ein.150 Er war auch als „Landschaftsanwalt“151 für Alwin Seifert tätig und mit der Gestaltung der Grünflächen der Autobahn Wien – Brünn – Breslau beauftragt.152 Neben Mattern arbeiteten Ludwig Schnizlein153 und Friedrich Heiler154 als Landschaftsanwälte in Österreich (damals Ostmark).
In Wien avancierte 1941, nach der Zwangspensionierung von Fritz Kratochwjle, der deutsche Gartentechniker Rudolf Stier zum Wiener Gartenamtsleiter. Er hatte diese Position bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs inne.155
Rudolf Stier war allerdings nicht der erste deutsche Leiter des Wiener Stadtgartenamtes. Bereits 1861 wurde der gebürtige Leipziger Rudolph Siebeck zum ersten Wiener Stadtgärtner und 1871 zum ersten städtischen Gartendirektor bestellt. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten zählt die – gemeinsam mit dem Landschaftsmaler Josef Selleny geplante – Anlage des Wiener Stadtparks. Siebeck hatte die Leitung der Stadtgartendirektion bis 1878 inne.156
Nur wenige Jahre später, 1884, wurde der in Frankfurt am Main geborene Gustav Sennholz zum Leiter des Stadtgartenamtes bestellt. Er hatte zuvor eine Ausbildung an der Gärtnerlehranstalt Wildpark-Potsdam absolviert und danach bei den Gebrüdern Siesmayer gearbeitet.157 Sein Name ist in Wien fest mit der Anlage des Türkenschanzparks verbunden. Während seiner Amtszeit – sie dauerte bis 1895, verbesserte er die Standortbedingungen der Ringstraßenbäume, wandelte den alten Hernalser Friedhof in einen Park um und gestaltete die Grünflächen bei der Karlskirche.158
Auch abseits der städtischen Gärten zog es Baumschulisten und Gartenarchitekten nach Wien. So etwa Gustav Frahm159, er stammte aus Holstein und gründete 1898 in Tullnerbach-Preßbaum die Baumschule Holsatia.