INSEL DER URZEIT. Rick Poldark
Einladung zu einem ersten Treffen annehmen.«
Peter und Tracey standen auf. David gab jedem die Hand und verließ dann Peters Büro, wobei er die Tür hinter sich leise schloss.
»Was zum Teufel war das denn für eine Show?«, fragte Peter verwirrt und ließ sich wieder auf seinen Sitz fallen.
Tracey setzte sich ebenfalls wieder hin. »Worum auch immer es geht, es hat ganz sicher nichts mit der Förderung der Paläontologie zu tun.«
»Es muss um Fossilien gehen. Sie haben bestimmt etwas auf der Insel gefunden.«
Tracey schüttelte den Kopf. »Das mag sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum eine Firma für Bergungsoperationen an fossilen Überresten interessiert sein soll.«
»Es gibt einen großen Markt dafür in Europa und Asien«, erklärte Peter. »Museen finden dort nicht viele Fossilien von Dinosauriern. Eine japanische Firma hat kürzlich einem Museum in Montana drei Millionen Dollar für ein T-Rex-Skelett geboten.«
»Heiliger Strohsack«, keuchte Tracey. »Wenn Poseidon Tech uns dreißigtausend Scheine bietet, nur um mit uns zu reden… stell dir mal vor, was sie uns anbieten werden, wenn wir zusagen.«
Peter runzelte die Stirn. »Wir sind Forscher, keine Geschäftemacher.«
»Denk doch wenigstens kurz darüber nach, was du mit dieser Menge Geld anfangen könntest … eigene Ausgrabungen finanzieren zum Beispiel. Komm schon, Pete. Geld ist immer ein Faktor gewesen. Wir haben uns immer schon darüber beschwert, dass Museen nur für intakte Skelette zahlen, die uns Nullkommanichts über das Fressverhalten der Theropoden verraten.«
»Wir könnten Ausgrabungen nach unvollständigen Skeletten finanzieren«, sagte Peter und beendete ihren Gedanken. »Die Informationen, die wir dadurch sammeln könnten, wären von unschätzbarem Wert.«
Tracey beugte sich auf ihrem Stuhl nach vorn und sah ihm tief in die Augen. »Ich denke, wir sollten wenigstens mit ihnen reden. Wenn uns nicht gefällt, was sie zu sagen haben, gehen wir einfach wieder.«
Peter zögerte. Er mochte es ganz und gar nicht, eine Spielfigur im Spiel von anderen zu sein, aber als Paläontologe ließ sich das leider nicht immer vermeiden. Außerdem gefiel ihm, wie aufgeregt Tracey war. Es törnte ihn sogar an, was er ihr natürlich niemals verraten würde.
»Okay. Dann reden wir mit ihnen und hören uns an, was sie zu sagen haben.«
Tracey packte ihn am Arm und quietschte jetzt fast vor Vergnügen. »Das ist ja so aufregend! Unser erster Schritt in den privaten Sektor.«
Peter gefiel der Gedanke immer noch nicht, denn er gab ihm automatisch das Gefühl, eine Art Söldner zu sein. »Wir werden nur mit ihnen sprechen«, erinnerte er sie. »Wir legen uns nicht vorher schon fest.«
Sie verspottete ihn und salutierte grinsend. »Jawohl, Sir, keine Festlegungen vorab.«
Doch tief in sich wusste er, dass er ihr wider besseres Wissen überallhin folgen würde.
Kapitel 2
Peter und Tracey saßen auf einem schwarzen Ledersofa in einem spartanisch eingerichteten Warteraum im Inneren des Gebäudes von Poseidon Tech. Eine Sekretärin hatte ihnen Espresso angeboten, aber Peter hatte abgelehnt. Tracey hingegen schlürfte genüsslich an ihrem Kaffee. Die Möbel waren modern, mit klaren Linien und ohne irgendwelchen Schnickschnack. Monitore an den Wänden zeigten Aufnahmen von verschiedenen abgeschlossenen Bergungsoperationen und der dabei eingesetzten Technik.
Peter richtete seine Aufmerksamkeit nun auf einen Film, in dem der Einsatz von Drohnen und Robotik zu sehen war. »Grobe Arbeiten.«
Tracey sah ihn verwirrt an. »Wie bitte?«
»Solche Roboter eignen sich lediglich für grobe Arbeiten.«
»Das stimmt nicht ganz, in Fabriken und Labors erledigen sie auch zahlreiche feinmotorische Aufgaben.«
»Ja, aber kannst du dir vorstellen, wie sie das Skelett eines Raptors freilegen? Das geht nun mal nur mit äußerster Vorsicht und Sorgfalt.«
Tracey platzierte ihre leere Espressotasse sorgfältig auf der dazu passenden Untertasse und stellte das Ensemble auf den schwarzen Couchtisch. »Warum entspannst du dich nicht ein wenig? Du wirkst reichlich angespannt.«
Peter zuckte mit den Schultern. »Ich bin Paläontologe. Ich bin es nicht gewohnt, dass so mit Geld nach mir geworfen wird. Ich habe mich an die Bettelei und an staatliche Zuschüsse gewöhnt.«
Tracey legte eine Hand auf sein Knie. »Es ist doch nur ein Treffen. Es verpflichtet uns zu gar nichts.«
Peter verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. »Der Privatsektor bringt mich irgendwie zum Kochen.« Gegen ihre Hand auf seinem Knie hatte er allerdings überhaupt nichts einzuwenden.
Tracey lächelte, aber es hatte nichts mit seiner Bemerkung zu tun. Sie war aufgeregt und versuchte gar nicht erst, diesen Umstand zu verbergen. »Bist du denn nicht zumindest ein wenig neugierig? Wenn sie uns mit dieser Menge Geld locken, müssen sie auf etwas wirklich Bedeutendes gestoßen sein.«
Doch Peter sah nicht überzeugt aus.
Tracey schaltete daraufhin einen Gang höher. »Okay, nehmen wir mal an, wir haben es tatsächlich mit einer privaten Ausgrabung zu tun. Dann gehen die Funde sowieso in ein Museum. Vielleicht nach Japan, wie du gesagt hast. Es ist ja nicht so, als würde eine fette Katze die Knochen ausbuddeln und zum Spaß an ihnen herumnagen.«
Peter schüttelte den Kopf. »Es ist nur so … das hier ist eine vollkommen andere Welt. Sie werden garantiert unzählige Forderungen an uns stellen, und sie werden erwarten, dass wir Ergebnisse liefern. Wir werden also keinen Einfluss auf ihre Bedingungen haben.«
»Wir haben doch vorher auch noch nie zu unseren eigenen Bedingungen gearbeitet. Die Stipendien sind vielleicht nicht an viele Anforderungen geknüpft, aber die Spezifikationen der Museen sind absolut hart und gnadenlos. Wie oft mussten wir schon eine Ausgrabung aufgeben, weil ein Skelett unvollständig war? Wie oft haben die Sponsoren von den Museen das Interesse verloren, weil auf den Knochen Bissspuren zu sehen waren, Zähne gebrochen oder Knochen zersplittert waren? Es war ihnen egal, dass uns die Funde unglaublich viel über das Fütterungsverhalten von Theropoden hätten erzählen können.«
Peter stieß einen langen Seufzer aus. »Du hast ja recht. Außerdem gehen sie einfach zu jemand anderem, wenn wir ablehnen.«
»Ganz genau. Hören wir also mit offenem und wachem Geist zu, was sie uns anzubieten haben.« Sie hielt inne und musterte ihn. »Du hättest dich ruhig ein bisschen schick machen können.«
»Sie bezahlen mich aber nicht für mein Outfit, sondern für mein Wissen und meine Expertise. Außerdem ist Poseidon ein Tech-Unternehmen. Hier laufen wahrscheinlich jede Menge Nerds in Jeans und T-Shirt herum.« Peters Blick wanderte durch den Warteraum. »Ich wette, sie beobachten uns auch gerade.«
Tracey blickte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Jetzt klingst du paranoid.«
»Das mag sein. Lass es trotzdem ruhig angehen, wenn wir drin sind.«
Sie runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Dass du an deinem Pokerface arbeiten sollst. Du darfst nicht so übereifrig aussehen.«
Sie stieß ihn in die Rippen. »Willst du damit etwa sagen, dass ich leicht zu haben bin? Das ist nämlich nicht der Fall.«
David Lennox, der in einen schwarzen Designeranzug gekleidet war, schlenderte jetzt in den Warteraum. Sein Gesicht leuchtete auf, als er die beiden Paläontologen sah. »Ah, Sie sind hier. Ausgezeichnet.«
Tracey und Peter standen auf. David begrüßte jeden von ihnen per Handschlag. »Ich nehme an, Ihr Flug war bequem.«
»Ich bin noch nie zuvor mit einem Privatjet geflogen«, erwiderte Tracey strahlend.
Peter verzog erneut das Gesicht. So viel