Erik der Rote - Schiff und Schwert. Preben Mørkbak

Erik der Rote - Schiff und Schwert - Preben Mørkbak


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hinaus und schüttete ein dickflüssiges Öl in das Gefäß, woraufhin er das Feuereisen erhaben daran hielt.

      Die bläulichen Flammen sprangen bereitwillig auf das Gefäß über.

      Der Schein des Feuers überstrahlte den Sonnenschein, und der flackernde Widerschein zeichnete sich auf den vielen Gesichtern ab, die um den Feuerplatz standen.

      Torvald ließ das kleine, brennende Gefäß zwischen die zwei Pfähle stellen. Er rammte die Eisenstange in die Erde und steckte anschließend beide Fäuste in den Kübel. Als seine Hände wieder auftauchten, waren sie voll von Erde. Er hielt einen großen Klumpen dunkle, feuchte Erde zwischen beiden Handflächen.

      Während er wieder begann, seinen düsteren Gesang anzustimmen, zerrieb er die Erde zwischen seinen Fingern und ließ sie auf die Wiese fallen. Der dunkle Mutterboden fiel in kleinen Klumpen zwischen den Fellen und der Feuerstelle auf das Gras.

      - Hier stellen wir das Haus auf. Hier sollen die Pfähle stehen. Hier werden wir auf vertrauter Erde ruhen. Hier wird sich der Rotbärtige aufhalten. Hier werden wir alle leben, wenn Erik fährt.

      5

      „Mut ist besser

      als Erz, das weiß ich,

      bei einem Kampf zwischen den Beherzten,

      denn einen tapferen Mann

      habe ich oft den Sieg erringen gesehen

      mit einem stumpfen Schwert.“

      Fáfnismál, Island, 9. Jahrhundert

      Im 13. Jahrhundert niedergeschrieben

      „Verkriech dich in der Ecke,

      weine mit deiner Geliebten!

      Wenn du deinen Vater nicht ehrest,

      bist du ein erbärmlicher Sklave;

      dann erleidest du die Schmach

      wie eine gejagte Ziege;

      du wirst fallen

      wie ein Schaf, das geschlachtet wird.“

      Lied von Ingjald, Island 9. Jahrhundert

      Im 13. Jahrhundert niedergeschrieben

      Weit draußen im Norden konnten sie das Eis sehen.

      Es war nicht dasjenige Eis, das sie von den heimischen Ufern kannten. Keine vereinzelt umher treibende Schollen, die friedlich das Ufer bedeckten. Dies hier war weit entfernt davon. Kleine schwimmende Berge und kompakte Eisflächen bedeckten lauernd den Horizont.

      Keiner auf dem kleinen Gelände hatte zuvor solche Eismassen gesehen, und aus gutem Grund wurde in jenen Tagen viel darüber gesprochen. Die Unsicherheit war genauso groß wie die zunehmende Kälte der Luft. Wenn das Eis im Meer derart viel sein konnte, wie würde dann erst der Winter werden? Diese brennende Frage schwirrte durch alle Köpfe der Menschen auf der kleinen Landzunge und daher ähnelten sie einem Ameisenhaufen, der mit einem Stock aufgescheucht wurde.

      Die Verwirrung und Unruhe war durch Torvalds Andeutung, die alle vernommen hatten, nicht geringer geworden. Der Hausherr hatte nicht weiter ausgeführt, was er damit meinte, und daher war die Luft mit Vermutungen erfüllt. Die folgenden Tage vergingen betriebsam mit all den Tätigkeiten, wovon viele einen unglücklichen Ausgang nehmen sollten.

      Der Hausbau wurde unaufhörlich von erregten Gesprächen über den fremdartigen Anblick des Eises in der Ferne unterbrochen. Und war es nicht das Eis, so war Erik der Gesprächsgegenstand. Jedes Mal musste Ulf alle zur Arbeit ermahnen. Er nötigte die Leute, mehr Treibholz von der Küste heranzuschaffen. Glücklicherweise gab es darunter schwere, feuchte Stämme. Ohne sie wäre ihre Zukunft noch zweifelhafter gewesen.

      Keiner wagte es, das, was an Land wuchs, einen Baum zu nennen. Es waren kleine, verkrüppelte Gewächse, die sich kaum zum Verbrennen eigneten. Dennoch konnten sie sie gut gebrauchen. Denn sie hatten immer noch keine Möglichkeit entdeckt, Torf zu stechen.

      Torvald war am Felsen gewesen und schwerfällig trottend zurückgekehrt. Wie er so die Steine an der Felswand träge hinunter watschelte, mit dem Blick genau auf jede Stelle gerichtet, auf die er seine Füße setzte, ähnelte er einem schläfrigen Bären, der zu früh aus seinem Winterbau vertrieben worden war.

      Er strahlte großen Missmut aus.

      Von den höchsten Punkten aus hatte er eine gute Aussicht auf das Land. Das meiste war braun und grau. Scharfkantig und verwittert. Unwegsam und sonderbar. Voll mit merkwürdig rötlichem Gestein. Und vor allem abweisend.

      Auf den Felsen gab es jedoch grüne Flecken, die aber kaum mit Gras bewachsen waren. Die meisten Böschungen waren mit verschiedenen Moosen und Flechten überwuchert.

      Und über allem erhob sich eine riesige Eiskappe.

      Torvald und Ulf kannten sich mit Gletschern aus und wussten, dass sie selbst im Sommer sicher nicht vollständig verschwinden würden. Doch sie waren nicht mit unnatürlichen oder bösen Kräften bevölkert.

      - Aber selbstverständlich lassen wir uns im Schatten bei einem von ihnen nieder.

      Torvalds seufzender Gesichtsausdruck machte deutlich, dass er dabei war, aufzugeben. Kurz darauf stupste Ulf seinen gedrungenen Hausherrn eifrig aufmunternd an.

      - Die Gletscher werden uns kein Leid zufügen. Sie dehnen sich aus und strahlen eine große Kälte aus, aber sie stören nicht die Ruhe auf dem Hof.

      Torvald schien sich damit zufriedenzugeben. Er richtete den Blick auf das Meer hinaus, wo ihm wieder der Anblick des treibenden Eises begegnete.

      - Wir werden sehen, ob das Feuer des Rotbärtigen uns den Winter über beschützen kann. Es sieht nämlich so aus, als würden wir von allen Seiten vom Eis eingeschlossen. Und das Eis draußen auf dem Meer gefällt mir ebenfalls nicht. Es sieht sowohl tückisch als auch wild aus.

      - Wir können nur darauf hoffen, dass Eriks Gesicht nicht mehr so zerschunden ist, wenn er von Schild-Bjarne zurückkehrt. Es ist wie eine beschwerliche Wanderung über einen Felsen, doch es wird sich in der Zeit zeigen, ob diese Murid bei Schild-Bjarne so kundig ist, wie er uns zu verstehen gab. Wir werden es sehen, wenn Erik heimkehrt.

      Während er sprach, beugte er sich zu dem Hund und begann, ihn zu streicheln. Möglicherweise, um den anderen zu trösten und von dessen deprimierenden Worten abzulenken. Vielleicht aber auch, um sich selbst aufzumuntern. Er tätschelte mit seiner schlaffen Hand geistesabwesend die Flanke des großen Tieres, das sich nachlässig und zärtlich an sein Bein schmiegte. Torvald bemerkte nicht die Unruhe, die sich in Ulf eingeschlichen hatte.

      Er hörte auf, den Hund zu streicheln, als vor ihnen am Rand des ansonsten friedvollen Bildes des ruhigen Wassers in der Bucht und des Treibeises in der Ferne ein kleines, braunes, verwittertes Fleckchen Erde auftauchte. Sie wandten sich beide dem Meer zu. Ulf hatte in Torvalds Blick gesehen, dass das eine oder andere eine eingehendere Betrachtung verlangte. Da Torvalds Sehkraft nicht mehr so ausgeprägt wie früher war, kniff er die Augen zusammen.

      Es war kein Tier, das sie sahen. Das wusste er sogleich. Er stand ruhig da und spähte hinaus, während er den Hund wieder gedankenverloren streichelte. Alle konnten jetzt sehen, dass es ein Boot war, das die Landzunge in nordöstlicher Richtung umrundete. Es näherte sich in kleinen Zügen und voller Fahrt. Torvald richtete sich auf. In der Kühle drehte er sich zu Ulf um.

      - Erwarten wir Besucher aus dem Norden?

      Ulf antwortete ihm ein wenig nervös und verwirrt.

      - Es ist Erik.

      Nach einer kurzen Pause fuhr er noch etwas zögerlicher fort.

      - Er kam von Schild-Bjarne zurück, als du auf dem Felsen warst. Ich erlaubte ihm, mit dem Beiboot hinaus zu rudern. Er wollte die andere Seite der Landspitze sehen und die sieben Klippen besuchen, die er ständig im Kopf hat. Er versprach, vor dem Morgengrauen zurückzukommen.

      Torvald drehte sich ruckartig um.

      - Du lässt den Burschen


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